Vorsteuervergütung: Rechnungen über Anzahlungen

Das Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) hat einen Antrag auf Vorsteuervergütung insoweit abgelehnt, als diese auf Anzahlungsrechnungen entfielen, die dem Antrag nicht beigefügt worden sind. Allerdings ergaben sich aus den Endrechnungen alle Daten, die in den Abschlagsrechnungen, die vor Ausführung der Leistungen ausgestellt und bezahlt wurden. In den vorgelegten Endrechnungen wurde die auf die Anzahlungsrechnungen entfallende Umsatzsteuer abgezogen.

Praxis-Beispiel:
Die Klägerin mit Sitz und Geschäftsleitung in Österreich, stellte einen Antrag auf Vorsteuervergütung für den Zeitraum Januar bis Dezember 2017 (Vergütungszeitraum), der am 29.06.2018 beim Bundeszentralamt für Steuern einging. Sie begehrte unter anderem die Vergütung von Vorsteuerbeträgen, die in zwei Endrechnungen für Leistungen ausgewiesen waren, die an die Klägerin erbracht wurden. In diesen Endrechnungen wurden jeweils die im Vergütungszeitraum vor Ausführung der Leistungen als Anzahlungen ausgestellten und bezahlten Rechnungen und die hierauf entfallende Umsatzsteuer in Abzug gebracht. Der Antrag der Klägerin auf Vergütung umfasste den Gesamtbetrag der Vorsteuerbeträge aus den Endrechnungen einschließlich der Vorsteuerbeträge aus den Anzahlungsrechnungen. In der Anlage zum Vergütungsantrag wurde nur die enthaltene Einzelaufstellung aus den beiden Endrechnungen aufgeführt. Die Klägerin reichte mit dem Vergütungsantrag lediglich die Endrechnungen, nicht jedoch die Anzahlungsrechnungen beim BZSt ein. Das Finanzamt versagte die Vorsteuervergütung, soweit sie auf die Abschlagsrechnungen entfielen.

Der BFH hat entschieden, dass ein Antrag auf Vorsteuervergütung auch hinsichtlich der auf die Anzahlungsrechnung entfallende Vergütung als vorgelegt gilt, auch wenn der Antrag auf Vorsteuervergütung lediglich Angaben zu der Endrechnung enthält. Das gilt jedenfalls dann, wenn die Endrechnung die in den Anzahlungsrechnungen ausgewiesene Umsatzsteuer in Abzug bringt und die beantragte Vergütung den Gesamtbetrag der Vorsteuerbeträge umfasst.

Quelle:BFH | Urteil | V R 6/23 | 11-12-2024

Welche Kosten zur Anschaffung eines Firmenwagens gehören

Zu den Anschaffungskosten gehören zunächst der Kaufpreis. Außerdem gehören auch die Sonderausstattung sowie die Zulassungs- und Überführungskosten dazu. Sonderausstattung sind alle Gegenstände, die fest mit dem Pkw verbunden sind. Die Kosten hierfür sind den Anschaffungskosten hinzuzurechnen, weil diese zusammen mit dem Fahrzeug einen einheitlichen Vermögensgegenstand bilden. Sonderausstattungen sind z. B. Aufbauten, ein fest eingebautes Autoradio und ein fest eingebautes Navigationsgerät. Konsequenz: Die ursprünglichen Anschaffungskosten werden beim Erwerb und Einbau im Jahr des Pkw-Kaufs zusammen mit den Sonderausstattungen aktiviert. Der aktivierte Betrag bildet die Ausgangsbasis für die Bemessung der planmäßigen Abschreibung.

Ein Pkw gehört zum abnutzbaren beweglichen Sachanlagevermögen. Die Abschreibungsmethode kann handelsrechtlich frei gewählt werden, sofern sie der tatsächlichen Wertentwicklung nicht zuwiderläuft und dadurch willkürlich ist. Steuerlich ist im Fall eines Firmen-Pkw die lineare Abschreibung anzuwenden (§ 7 Abs. 1 Satz 1 EStG). Die amtlichen AfA-Tabellen sehen für Pkw eine betriebliche Nutzungsdauer von 6 Jahren vor. Erfolgt der Erwerb von Sonderausstattung erst im Folgejahr, muss im Folgejahr eine nachträgliche Erhöhung der Anschaffungskosten gebucht werden und die Abschreibung ab diesem Zeitpunkt neu berechnet werden.

Hinweis: Bei reinen Elektrofahrzeugen, die nach dem 30.6.2025 und vor dem 1. Januar 2028 angeschafft wurden bzw. werden, kann die Sonderabschreibung nach § 7 Abs. 2a EStG in Anspruch genommen werden, wenn die Anschaffungskosten 100.000 € nicht übersteigen. Diese beträgt im Jahr der Anschaffung 75%, im ersten darauffolgenden Jahr 10 %, im zweiten und dritten darauffolgenden Jahr jeweils 5%, im vierten darauffolgenden Jahr 3% und im fünften darauffolgenden Jahr 2%.

Von den Sonderausstattungen ist das Zubehör abzugrenzen. Die Sonderausstattung ist fest mit dem Pkw verbunden. Zubehör sind dagegen Wirtschaftsgüter, die zusammen mit dem Pkw genutzt werden, ohne mit ihm fest verbunden zu sein, wie z. B. ein mobiles Navigationsgerät. Entscheidend ist, dass die Verbindung des Wirtschaftsguts mit dem Fahrzeug jederzeit problemlos gelöst werden kann. Zubehör ist (bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen) als eigenständiges Wirtschaftsgut zu verbuchen. 

Praxis-Beispiel:
Ein Unternehmer lässt im Jahr nach der Anschaffung ein fest mit dem Pkw verbundenes Navigationssystem für 2.000 € zuzüglich 380 € (= 19 %) Umsatzsteuer einbauen. Da das Navigationsgerät fest mit dem Fahrzeug verbunden ist, handelt es sich um eine Sonderausstattung, die Bestandteil des Fahrzeugs wird, wodurch sich die Anschaffungskosten nachträglich ändern. Die nachträglichen Anschaffungskosten sind aus Vereinfachungsgründen bei der Bemessung der Abschreibung so zu berücksichtigen, als wären sie zu Beginn des Jahres angefallen, in dem der nachträgliche Einbau erfolgt ist.

Quelle:Lohnsteuer-Richtlinie | Gesetzliche Regelung | R 8.1 Abs. 9 Nr. 1 LStR | 28-08-2025

PKW: Entnahme aus dem Betriebsvermögen

Wird ein Firmenwagen aus dem Betriebsvermögen privat entnommen, ist zunächst danach zu unterscheiden, ob durch die Entnahme insgesamt ein Buchgewinn oder ein Buchverlust entsteht. Das hängt davon ab, ob der Buchwert höher oder niedriger ist als der Teilwert, der bei der Entnhme angesetzt werden muss. 

Praxis-Beispiel:
Im Betriebsvermögen eines Unternehmers befindet sich ein Pkw mit einem Buchwert von 1 €, den er vor einigen Jahren von einer Privatperson ohne Vorsteuerabzug gekauft hat. Der Unternehmer beabsichtigt, einen neuen Firmenwagen zu erwerben und den alten Pkw zu verkaufen. Eine Privatperson hat dem Unternehmer angeboten, den alten Pkw für 3.000 € zu kaufen. Beim Verkauf des alten Firmenwagens fällt Umsatzsteuer an. Das lässt sich aber vermeiden, wenn der Unternehmer das Fahrzeug vor dem Verkauf zum Teilwert aus dem Betriebsvermögen entnimmt. D.h., der Unternehmer entnimmt den Pkw ohne Umsatzsteuer aus seinem Betriebsvermögen und verkauft ihn anschließend privat außerhalb seines Unternehmens.

Der Unternehmer entnimmt also den Firmen-Pkw aus dem Betriebsvermögen in sein Privatvermögen. Der Buchwert eines Wirtschaftsguts, das aus dem Anlagevermögen ausscheidet, ist als Aufwand zu buchen (hier also mit 1 €). Die Entnahme muss mit dem Teilwert als Einnahme erfasst werden. Der Pkw hat im Zeitpunkt der Entnahme einen Wert von 3.000 €. Da der Unternehmer bei der Anschaffung keine Vorsteuer abziehen konnte, unterliegt die Entnahme nicht der Umsatzsteuer.

Unterschied zwischen Verkauf und Entnahme mit anschließendem Verkauf
Die Entnahme eines Pkws unterliegt nicht der Umsatzsteuer, wenn für den Pkw, der dem umsatzsteuerlichen Unternehmen zugeordnet ist, keine Vorsteuer geltend gemacht wurde, weil

  • der Pkw von einer Privatperson erworben wurde oder
  • von einem Kleinunternehmer erworben wurde oder
  • das Fahrzeug aus dem Privatvermögen eingelegt wurde.

Der Verkauf eines Firmen-Pkws, der ohne Vorsteuerabzug erworben wurde, muss jedoch der Umsatzsteuer unterworfen werden. Dieses unerwünschte Ergebnis lässt sich vermeiden, indem der Firmen-Pkw zunächst umsatzsteuerfrei entnommen wird, um ihn anschließend privat außerhalb des Umsatzsteuersystems zu verkaufen. Nach dem Urteil des Bundesfinanzhofs kann die Veräußerung unmittelbar nach der Entnahme erfolgen. Für die private Veräußerung fällt dann keine Umsatzsteuer an.

Dokumentation ist empfehlenswert: Zu der Frage, wie groß die Zeitspanne zwischen Entnahme und Verkauf sein muss, gibt es keine Rechtsprechung. Bei der vorhergehenden Privatentnahme muss deutlich gemacht und auch deutlich zum Ausdruck gebracht werden, dass der Verkauf privat erfolgt. Das bedeutet, dass

  • kein Firmenpapier (Briefbögen mit Firmenbriefkopf) verwenden werden darf,
  • im Kaufvertrag ausdrücklich darauf hingewiesen wird, dass es sich um einen privaten Verkauf handelt,
  • im Falle einer Überweisung ein privates Bankkonto und nicht das Firmenkonto angegeben wird.

Der Vermerk "steuerfreier Umsatz (Pkw wurde gebraucht von einer Privatperson gekauft)" kann bereits ausreichend sein, um von einer Entnahme mit anschließendem Privatverkauf ausgehen zu können. Zweckmäßig ist es jedoch, über die Entnahme einen schriftlichen Vermerk zu erstellen und die Entnahme zeitnah zu buchen. So sollte z. B. bei einer Entnahme im Januar die Entnahme zusammen mit den anderen Geschäftsvorfällen des Monats Januar gebucht werden.

Praxis-Tipp:
Der Firmen-Pkw kann ohne Umsatzsteuer entnommen und anschließend außerhalb des Mehrwertsteuersystems verkauft werden. Es muss zwischen Entnahme und Veräußerung kein größerer Zeitabstand liegen. Aus dem Urteil des BFH lässt sich ableiten, dass kein Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten anzunehmen ist, wenn Entnahme und privater Verkauf des Pkw am selben Tag erfolgen.

Quelle:EuGH | Urteil | EuGH-Urteil vom 8.3.2001, C-415/98, BFH-Urteil vom 31.1.2002, V R 61/96 | 07-03-2001

Solidaritätszuschlag vor 2020: Einspruchszurückweisung

Alle am 4.8.2025 anhängigen und zulässigen Einsprüche gegen die Festsetzung des Solidaritätszuschlags für Veranlagungszeiträume vor 2020 werden per Allgemeinverfügung der obersten Finanzbehörden der Länder zurückgewiesen, soweit mit den Einsprüchen geltend gemacht wurde, dass das Solidaritätszuschlaggesetz 1995 gegen das Grundgesetz verstoße.

Entsprechendes gilt auch für alle am 4.8.2025 anhängigen, außerhalb eines Einspruchs- oder Klageverfahrens gestellten und zulässigen Anträge auf Aufhebung einer Festsetzung des Solidaritätszuschlags für Veranlagungszeiträume vor 2020.

Quelle:Sonstige | Sonstige | Allgemeinverfügung der obersten Finanzbehörden der Länder | 03-08-2025

Wann ein unberechtigter Umsatzsteuerausweis vorliegt

Bei einem Dokument, das trotz der in Bezug genommenen ergänzenden Unterlagen überflüssige und widersprüchliche Angaben enthält, kann beim Empfänger den Anschein erwecken, dass über steuerpflichtige Leistungen abgerechnet wird. Die Gefahr eines unberechtigten Steuerausweises kann dann nicht ausgeschlossen werden, sodass der Aussteller des Dokuments die Umsatzsteuer nach § 14c Abs. 2 UStG schuldet.

Praxis-Beispiel:
Die Klägerin (eine GmbH) führte für pharmazeutische Unternehmen Beobachtungsstudien durch. Diese umfasste die Projektkoordination, das Datenmanagement, die Honorarverwaltung und die Erstellung von Statusberichten. Die Klägerin übersandte ihren Auftraggebern im Rahmen der Honorarverwaltung sogenannte "Abforderungsschreiben" für Honorare, in denen sie jeweils unter Angabe einer fortlaufenden "Abforderungs-Nr.", "Angebots-Nr.", "Bestell-Nr." des jeweiligen Auftraggebers eine Kurzbeschreibung des "Projekts" und eines "Lieferdatums" auswies. Die Umsatzsteuer zur Überweisung der abgeforderten Beträge wurde offen ausgewiesen. Die Klägerin erfasste die von ihren Auftraggebern abgeforderten Geldbeträge als durchlaufende Posten. Im Rahmen einer Außenprüfung gelangte das Finanzamt zu der Auffassung, dass der Steuerausweis in den "Abforderungsschreiben" unberechtigt erfolgt ist und die Klägerin die ausgewiesene Steuer schulde. Das Finanzamt erließ dementsprechende Umsatzsteuer-Änderungsbescheide.

Der BFH stimmte der Entscheidung des Finanzgerichts zu, wonach die "Abforderungsschreiben" die Voraussetzungen für Rechnungen erfüllen, sodass die Klägerin die dort unberechtigt gesondert ausgewiesenen Steuerbeträge nach § 14c Abs. 2 Satz 1 UStG schuldet. Somit kommt Art. 203 MwStSystRL zur Anwendung, wonach die Mehrwertsteuer zu Unrecht in Rechnung gestellt wurde. Somit liegt eine Gefährdung des Steueraufkommens vor, weil der Adressat sein Recht auf Vorsteuerabzug geltend machen kann.

Mit dem überflüssigen Steuerausweis und den damit verbundenen widersprüchlichen Angaben hat die Klägerin das Risiko auf unberechtigten Vorsteuerabzug geschaffen. Bei einem Teil der Empfänger der "Honorarabforderungen" hat sich das Risiko auch realisiert, weil die Klägerin die Fehlvorstellung hervorgerufen hat, dass mit den "Abforderungsschreiben" über steuerpflichtige Leistungen der Ärzte im Rahmen der durchgeführten Studien abgerechnet werde. So entstand die Annahme, dass bereits mit den "Honorarabforderungen" ein Recht auf Vorsteuerabzug ausgeübt werden könne und es nicht erforderlich war, dass die Erteilung der Gutschriften durch die Klägerin abgewartet werden müsse. Ein Teil der Empfänger der "Abforderungsschreiben" hat den Vorsteuerabzug beansprucht, obwohl sie sämtliche ergänzenden Unterlagen kannten, aus denen etwas anderes hätte abgeleitet werden können. Sie haben nicht die Erteilung der Gutschriften an die Ärzte abgewartet, mit denen sie ihr Recht auf Vorsteuerabzug (einzeln für jede Gutschrift) hätten ausüben können.

Fazit: Bei einem Dokument, dass keine Rechnung ist und mit dem nur eine Zahlung angefordert wird, sollte die Umsatzsteuer nie offen ausgewiesen werden. Das gilt insbesondere dann, wenn die Person, die das Dokument ausstellt, nur für die Zahlungsabwicklung zwischengeschaltet ist.

Quelle:BFH | Beschluss | XI R 4/22 | 18-03-2025

Beide Ehegatten als Kleinunternehmer: Kein Missbrauch

Das Bestreben eines Unternehmers "Steuern zu sparen" macht eine rechtliche Gestaltung nicht unangemessen, solange die gewählte Gestaltung zumindest auch von außersteuerlichen Gründen bestimmt gewesen ist. Gründen daher Ehegatten jeweils ein Unternehmen an derselben Anschrift, ist darin noch keine künstliche Aufspaltung und damit kein Missbrauch zu sehen. 

Praxis-Beispiel:
Die Klägerin und ihr Ehemann arbeiteten beide im Rahmen eines Mini-Jobs wöchentlich 7 Stunden bei einer Kirchengemeinde (Reinigungskraft, Friedhofsgärtnerin, Pflege der Außenanlagen). Die Klägerin als auch ihr Ehemann meldeten jeweils getrennt ein Einzelunternehmen "Grabpflege und Grabgestaltung" an. Der Umsatz der beiden Einzelunternehmen lag jeweils unter 17.500 €. Die von beiden Eheleuten beantragte Kleinunternehmerregelung lehnte das Finanzamt ab, weil keine getrennten Geschäftsräume vorlagen und die Eheleute einen gemeinsamen Kundenkreis hatten. Daher ging das Finanzamt davon aus, dass die Anmeldung des zweiten Gewerbebetriebs ausschließlich das Ziel hatte, die Umsatzgrenzen für die Anwendung der Kleinunternehmerregelung nicht zu überschreiten.

Das Finanzgericht hat entschieden, dass die Klägerin die Kleinunternehmerregelung nicht missbräuchlich in Anspruch genommen hat. Ob zwei Einzelunternehmen oder ein Zusammenschluss natürlicher Personen als Unternehmer vorliegt, hängt davon ab, wen die Leistungsempfänger als Schuldner der vereinbarten Leistung anhand der abgeschlossenen zivilrechtlichen Vereinbarungen ansehen. Eheleute sind jedenfalls nicht verpflichtet, jeweils selbständige Tätigkeiten zu einem Unternehmen zu bündeln und einheitlich anzubieten. Sie dürfen auch getrennte Unternehmen führen. Die Forderung, wonach Eheleute Leistungen "aus einer Hand" anbieten müssten, würde Eheleute allein aufgrund ihrer Ehe benachteiligen. Dies würde gegen das Grundgesetz verstoßen.

Beide Ehegatten sind jeweils für ihre Kunden erkennbar eigenständig nach außen aufgetreten. Sie haben jeweils ein eigenes Gewerbe angemeldet und unter eigenem Namen und in eigener Verantwortung Leistungen gegenüber den Kunden erbracht. Auch haben sie mit jeweils eigener Steuernummer, eigenem Briefkopf und mit eigenen Rechnungs- und Kundennummern abgerechnet. Unerheblich ist die Angabe derselben Anschrift und Telefonnummer auf den Rechnungen und die gemeinsame Nutzung des Arbeitszimmers. Ohne Bedeutung ist auch, dass sich die Leistungsangebote der Klägerin und die ihres Ehemanns ergänzen und teilweise überschneiden und dass sie teilweise auch identische Kunden hatten. Denn hierbei handelt es sich um marktübliche Vorgänge, die im täglichen Wirtschaftsleben ständig vorkommen.

Hinweis: Eine zweckwidrige Inanspruchnahme der Kleinunternehmerregelung liegt nur dann vor, wenn Umsätze planmäßig aufgespalten und künstlich zwischen Unternehmen mit dem Ziel verlagert werden, die Kleinunternehmergrenze jeweils nicht zu überschreiten. Dies ist nach Auffassung des Finanzgerichts hier nicht zu erkennen. Vielmehr hat die Klägerin nachvollziehbar außersteuerliche Gründe für die gewählte Gestaltung dargelegt. So wollte die Klägerin aufgrund der Behinderungen ihrer Kinder mit flexibleren Arbeitszeiten zum Familieneinkommen hinzuverdienen. Da sie körperlich Grabsteine nicht bewegen konnte, konzentrierte sie ihre Tätigkeit auf die Grabpflege.

Steueroptimierung ist zulässig! Die von den Ehegatten gewählte Aufteilung der verschiedenen Tätigkeitsbereiche entspricht nach Auffassung des Finanzgerichts einer zulässigen Steueroptimierung. Eheleute sind nicht verpflichtet, jeweils selbständige Tätigkeiten in einem Unternehmen zu bündeln. Sie dürfen auch getrennte Unternehmen führen, die dann ggf. aufgrund der Höhe ihrer erzielten Umsätze in den Anwendungsbereich der Kleinunternehmerregelung fallen.

Gesetzesänderungen: Die Umsatzgrenze des Vorjahres in § 19 Abs. 1 UStG in Höhe von 17.500 € wurde ab 2020 auf 22.000 € und ab 2025 auf 25.000 € erhöht.

Quelle:Finanzgerichte | Urteil | FG Münster, 15 K 2500/22 U | 07-04-2025

Rechnungen im Zusammenhang mit einem Grundstück

Der Unternehmer ist nach § 14 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 UStG bei Ausführung von steuerpflichtigen Leistungen im Zusammenhang mit einem Grundstück an einen Nichtunternehmer oder Unternehmer für dessen nichtunternehmerischen Bereich verpflichtet, eine Rechnung auszustellen.

Der Begriff der steuerpflichtigen Werklieferungen oder sonstigen Leistungen im Zusammenhang mit einem Grundstück umfasst Bauleistungen und sonstige Leistungen. Zu den Leistungen, bei denen eine Verpflichtung zur Rechnungserteilung besteht, gehören zunächst alle Bauleistungen, bei denen der Leistungsempfänger Steuerschuldner sein kann. Weiter gehören dazu die steuerpflichtigen Werklieferungen oder sonstigen Leistungen, die der Erschließung von Grundstücken oder der Vorbereitung von Bauleistungen dienen.

Quelle:BMF-Schreiben | Veröffentlichung | III C 2 – S 7287-a/23/10001 :007 (ENTWURF) | 14-08-2025

Fahrten zur ersten Betriebsstätte (Berechnung)

Übt ein Unternehmer seine Tätigkeit im Arbeitszimmer aus oder hat er mehrere Betriebsstätten bzw. mehrere Büros, stellt sich immer die Frage, bei welchen Fahrten es sich um auswärtige Tätigkeiten oder um Fahrten zwischen Wohnung und erster Betriebsstätte handelt, bei denen nur die Entfernungspausschale angesetzt werden kann. Die Regelungen, die für Arbeitnehmer gelten, sind sinngemäß auf Unternehmer anzuwenden. Ist die Entfernungspauschale anzusetzen, bucht der Unternehmer die nicht abziehbaren Kosten auf das Konto "Fahrten zwischen Wohnung und Betriebsstätte und Familienheimfahrten (nicht abziehbarer Anteil)".

Praxis-Beispiel:
Ein Unternehmer aus Meckenheim hat in Bonn eine Betriebsstätte (Entfernung 22 km). Außerdem unterhält er noch im 14 km entfernten Bad Godesberg eine weitere Betriebsstätte. Er fährt mit seinem Firmenwagen (Bruttolistenpreis 50.000 €) an 3 Tagen in der Woche zur 22 km entfernten Betriebsstätte in Bonn. An zwei Tagen in der Woche fährt er zur 14 km entfernten Betriebsstätte in Bad Godesberg. Die Filiale in Bad Godesberg ist die erste Betriebsstätte, weil sie näher zur Wohnung liegt. Die Filiale in Bonn ist keine erste Betriebsstätte, sodass es sich bei den Fahrten dorthin um eine auswärtige Tätigkeit handelt.

Fahrten zur 14km entfernt liegenden ersten Betriebsstätte

50.000 € × 0,03% × 14 km × 12 Monate = 2.520,00 €
(Kosten der Fahrten zwischen Wohnung und Betrieb)  
abzüglich Entfernungspauschale von 14 km × 0,30 € – 403,20 €
× 96 Tage = nicht abziehbare Betriebsausgaben 2.116,80 €

Die Anwendung der 0,002%-Regelung anstelle der 0,03%-Regelung ist nicht zulässig.

Ergebnis: Die Entfernungspauschale wird nur für die Fahrten zur ersten Betriebsstätte angesetzt. Das bedeutet, dass die Fahrten von Meckenheim nach Bonn als auswärtige Tätigkeiten einzustufen sind, sodass die Kosten für diese Fahrten uneingeschränkt abziehbar sind.

Quelle:Sonstige | Sonstige | EStH (Amtliches Einkommensteuer-Handbuch 2024), Anganh 16 XVII | 14-08-2025

Elektrofahrzeug: Berechnung private Nutzung

Die private Nutzung eines Firmenfahrzeugs kann pauschal mithilfe der 1%-Regelung ermittelt werden, wenn das Fahrzeug zu mehr als 50% betrieblich genutzt wird. Bemessungsgrundlage ist der Bruttolistenpreis im Zeitpunkt der Erstzulassung zuzüglich Sonderausstattung. Ertragsteuerlich ist bei der privaten Nutzung von Elektrofahrzeugen der Bruttolistenpreis nur zur Hälfte (= 0,5%-Regelung) oder mit einem Viertel (= 0,25%-Regelung) anzusetzen. Im Gegensatz dazu ist die Umsatzsteuer mit 19% vom ungekürzten Betrag zu berechnen.  

Praxis-Beispiel:
Ein Unternehmer hat im Juli 2025 ein reines Elektrofahrzeug mit einem Bruttolistenpreis von 88.000 € erworben. Die betriebliche Nutzung beträgt 70%. Für die private Nutzung wird bei der 1%-Regelung der Bruttolistenpreis nur mit einem Viertel (= abgerundet 22.000 €) angesetzt. Die Nutzungsentnahme nach der 1-%-Regelung beträgt somit 220 € pro Monat

Die Umsatzsteuer ist vom ungekürzten Betrag abzüglich 20% (pauschaler Abzug für steuerfreie Kfz-Kosten). Der nicht geminderte Bruttolistenpreis beträgt: 88.000 € × 1% = 880 € – 20% = 704,00 €; 704 € x 19% = 133,76 €. 

Die Buchung lautet somit:
"Unentgeltliche Wertabgaben" 837,76 € (Gesamtbetrag) an
"Verwendung von Gegenständen für Zwecke außerhalb des Unternehmens 19% USt (Kfz-Nutzung)" 704,00 € +
"Umsatzsteuer 19%" 133,76 €

Fazit: Da bei die Buchführungsprogramme regelmäßig eine Korrekturbuchung allein über Umsatz- und Vorsteuerkonten nicht zulassen, führt die oben angegebene Buchung zum richtigen Ergebnis.

Quelle:EStG | Gesetzliche Regelung | §6, Abs. 1 Nr. 4 | 14-08-2025

Neufahrzeug: Verkauf an Privatkunden in der EU

Verkauft ein Unternehmer ein Neufahrzeug an einen Privatkunden, der in einem anderen EU-Land wohnt, darf er keine Umsatzsteuer berechnen. Es handelt sich um eine umsatzsteuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung, die im anderen EU-Land der Umsatzsteuer zu unterwerfen ist. Neufahrzeuge in diesem Sinne sind z. B. Pkw,

  • die nicht mehr als 6.000 Kilometer zurückgelegt haben oder
  • deren erste Inbetriebnahme im Zeitpunkt der Lieferung nicht mehr als 6 Monate zurückliegt.

Die straßenverkehrsrechtliche Zulassung ist nicht erforderlich. Keine Landfahrzeuge sind dagegen Wohnwagen, Packwagen und andere Anhänger ohne eigenen Motor, die nur von Kraftfahrzeugen mitgeführt werden können, sowie selbstfahrende Arbeitsmaschinen, die nach ihrer Bauart oder ihren besonderen, mit dem Fahrzeug fest verbundenen Einrichtungen nicht zur Beförderung von Personen oder Gütern bestimmt und geeignet sind.

Lieferung an Privatpersonen im EU-Ausland: Veräußert ein inländischer Unternehmer Gegenstände an Privatpersonen, führt er die Lieferung regelmäßig da aus, wo die Lieferung bzw. Versendung beginnt. Das ist in der Regel der Firmensitz des Unternehmers. Bei Lieferungen in ein anderes EU-Land handelt es sich um eine innergemeinschaftliche Lieferung, die steuerfrei ist, wenn der Abnehmer ein Unternehmer mit einer Umsatzsteuer-Identifikationsnummer ist. Ausnahme: Liefert der Unternehmer ein neues Fahrzeug, dann ist der Verkauf in ein anderes EU-Land immer umsatzsteuerfrei, und zwar auch dann, wenn der Kunde keine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer besitzt.

Als erste Inbetriebnahme eines Fahrzeugs ist die erste Nutzung zur Personen- oder Güterbeförderung zu verstehen. Bei Fahrzeugen, die einer Zulassung bedürfen, ist davon auszugehen, dass der Zeitpunkt der Zulassung mit dem Zeitpunkt der ersten Inbetriebnahme identisch ist. 

Die Besteuerung eines neuen Pkw erfolgt immer in dem Land, in dem das Fahrzeug genutzt (zugelassen) wird. Dieses Bestimmungslandprinzip gilt nicht nur für Unternehmer, sondern auch für Privatpersonen. Beim Verkauf und Kauf neuer Pkw werden also auch Privatpersonen verpflichtet, den innergemeinschaftlichen Erwerb zu versteuern. Für die Besteuerung des Pkw-Erwerbs aus einem anderen EU-Land gibt es ein Formular, das zu verwenden ist. Die Meldung hat nach einem amtlich vorgeschriebenen Datensatz zu erfolgen, und zwar für jedes Fahrzeug getrennt. Der Vordruck heißt "Meldung innergemeinschaftlicher Lieferungen neuer Fahrzeuge an Abnehmer ohne Umsatzsteuer-Identifikationsnummer" und ist auf der Internetseite des Bundeszentralamts für Steuern abrufbar. Die Meldung ist elektronisch abzugeben. Das Meldeverfahren soll der Kontrolle dienen. Ohne die Verpflichtung zur Meldung kann die Umsatzbesteuerung im Bestimmungsland nicht sichergestellt werden.

Meldepflicht für Fahrzeuglieferungen: Es ist eine zusammenfassende Meldung abzugeben
Neufahrzeugverkäufe an Abnehmer in einem anderen EU-Land mit Umsatzsteuer-Identifikationsnummer muss der Unternehmer in einer zusammenfassenden Meldung dem Bundeszentralamt für Steuern übermitteln. Neufahrzeugverkäufe an Abnehmer in einem anderen EU-Land ohne Umsatzsteuer-Identifikationsnummer (Privatpersonen) gehören nicht in die zusammenfassende Meldung.

Praxis-Beispiel:
Ein Autohändler in Deutschland verkauft ein Auto an einen Italiener, der kein Unternehmer, sondern eine Privatperson ist. Dieser erwirbt vom deutschen Autohändler für 50.000 € (netto ohne Umsatzsteuer) einen neuen Pkw (Kilometerstand unter 6.000 km). Die erstmalige Inbetriebnahme des Fahrzeugs im Zeitpunkt des Erwerbs liegt nicht mehr als 6 Monate zurück. Bevor der Italiener mit dem Fahrzeug nach Italien fährt, unternimmt er eine Reise durch Europa. Als er die Grenze nach Italien überschreitet, zeigt der Tacho mehr als 6.000 Kilometer an.
Es handelt sich dennoch um den Verkauf eines neuen Fahrzeugs, weil es im Zeitpunkt des Erwerbs die 6.000 km-Grenze nicht überschritten hatte und auch die Inbetriebnahme nicht mehr als 6 Monate seit dem Zeitpunkt des Erwerbs zurücklag. Der deutsche Autohändler muss also nicht kontrollieren, wann und mit welchem Kilometerstand das Fahrzeug im Bestimmungsland eintrifft. Er stellt seine Rechnung ohne Umsatzsteuer aus und meldet den Verkauf an das Bundeszentralamt für Steuern.

Quelle:UStG | Gesetzliche Regelung | § 1b | 14-08-2025