Keine Offenlegungspflicht anonymer Anzeigen

Ein Steuerpflichtiger hat im Regelfall keinen Anspruch auf Preisgabe einer anonym beim Finanzamt eingegangen Anzeige, die ihm steuerliches Fehlverhalten vorwirft. Der datenschutzrechtliche Auskunftsanspruch vermittelt insoweit keine weitergehenden Rechte.

Praxis-Beispiel:
Im Streitfall nahm das Finanzamt eine anonyme Anzeige zum Anlass, um bei der Klägerin, die einen Gastronomiebetrieb führte, eine sogenannte Kassen-Nachschau durchzuführen. Ein steuerstrafrechtliches Fehlverhalten der Klägerin wurde hierbei nicht festgestellt. Im Nachgang beantragte die Klägerin Einsicht in die für sie geführten Steuerakten. Zudem begehrte sie Auskunft über die Verarbeitung der sie betreffenden personenbezogenen Daten gemäß Art. 15 der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO). Mit beidem wollte die Klägerin Kenntnis vom Inhalt der Anzeige erhalten, um auf diese Weise Rückschlüsse auf die Person des Anzeigeerstatters ziehen zu können. Das Finanzamt lehnte die Anträge ab. Die Klage beim Finanzgericht hatte keinen Erfolg.

Der BFH wies die Revision zurück. Er führte aus, einem Steuerpflichtigen sei keine Einsicht in eine in den Steuerakten befindliche anonyme Anzeige zu gewähren, wenn das Geheimhaltungsinteresse des Anzeigeerstatters und der Finanzbehörde höher zu gewichten sei als das Offenbarungsinteresse des von der Anzeige Betroffenen. Hiervon sei im Regelfall auszugehen, es sei denn, der Steuerpflichtige würde (was im Streitfall nicht in Betracht zu ziehen war) infolge der Anzeige einer unberechtigten strafrechtlichen Verfolgung ausgesetzt.

Dem von der Klägerin verfolgten Anspruch auf Auskunft über den Inhalt der anonymen Anzeige nach Art. 15 DSGVO erteilte der BFH ebenfalls eine Absage. Zwar beinhalte eine solche Anzeige regelmäßig personenbezogene Daten, über die die Behörde grundsätzlich Auskunft erteilen müsse. Allerdings werde der Anspruch nach § 32c Abs. 1 Nr. 1 AO beschränkt, da durch die Preisgabe des Inhalts der Anzeige die ordnungsgemäße Erfüllung der Aufgaben der Finanzbehörde (Gleichmäßigkeit der Besteuerung) gefährdet werden könnte. Darüber hinaus verbietet der Identitätsschutz des Anzeigeerstatters eine Auskunftserteilung.

Quelle:BFH | Urteil | IX R 25/24 | 14-07-2025

Leiharbeitnehmer: Besonderheiten bei der vereinbarten Einsatzdauer

Das Finanzgericht Düsseldorf hat entschieden, dass ein Arbeitnehmer, der als Leiharbeitnehmer temporär bei einem Kunden tätig wird, dort keine „erste Tätigkeitsstätte“ im Sinne des § 9 Abs. 4 EStG hat.

Praxis-Beispiel:
Der Kläger war seit dem 16.8.2021 als Mitarbeiter einer Firma tätig. Vertraglich war bestimmt, dass er in der Niederlassung der Firma eingestellt wird. Der Sitz dieser Niederlassung gilt als erste Tätigkeitsstätte, sodass ein Fahrtkostenersatz nur in Betracht kommt, wenn die Aufwendungen für die Fahrt zwischen Wohnort und Niederlassung darüber hinausgehen. Es war vereinbart, dass die Firma als Personaldienstleistungsunternehmen seine Mitarbeiter an wechselnden Einsatzstellen bei Kundenbetrieben einsetzt. Der Mitarbeiter erklärte sich damit einverstanden. 

Der Arbeitsvertrag wurde „unbefristet abgeschlossen“. Einsatzort des Klägers als Testkoordinator wurde ab 16.8.2021 ein Betrieb in Bayern, wobei die geplante Dauer des Einsatzes mit „Ende offen“ bestimmt war. Mit weiterer Einsatzeinweisung vom 2.5.2022 wurde die unmittelbare Fortsetzung des Einsatzes in dem Betrieb in Bayern, wieder mit „Ende offen“ bestimmt. Nach einer Bescheinigung des Arbeitgebers vom 11.9.2023 stand der Kläger bis zum 3.2.2023 bei dem Kunden in Bayern im Einsatz. Vom 4.2.2023 bis 29.5.2023 war er projektlos und seit dem 30.5.2023 wieder bei demselben Kunden in Bayern eingesetzt.

Mit Bescheid vom 7.7.2023 zur Einkommensteuer 2022 berücksichtigte das Finanzamt als Fahrtkosten des Klägers die Entfernungspauschale von 0,30 € an 194 Tagen für 7 km, d.h. der Entfernung zwischen der Zweitwohnung des Klägers und dem Sitz des Entleihers in Bayern. Zusätzlich erkannte es die erklärten Mehraufwendungen für eine doppelte Haushaltsführung an.

Das Finanzgericht entschied, dass eine Abrechnung nach Reisekostengrundsätzen vorzunehmen ist. Gemäß § 1 Abs. 1b Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG) muss der Arbeitsvertrag und die maximale Überlassungsdauer eine zeitliche Begrenzung für die Zuordnung zu einer bestimmten Tätigkeitsstätte vorsehen. Dadurch greift die Standardregelung für den Abzug von Fahrtkosten über die „Entfernungspauschale“ nicht, sodass der Arbeitnehmer seine Reisekosten nach den vorteilhafteren „Reisekostengrundsätzen“ absetzen kann. Somit ist die Pauschale von 0,30 € nicht nur für die Entfernungskilometer, sondern für die gefahrenen Kilometer abzugsfähig.

Das Finanzgericht führt aus, dass die Regelung des Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG), die eine maximale Überlassungsdauer vorschreibt, auch für die steuerliche Beurteilung relevant sein muss. Die frühere abweichende Auffassung der Finanzverwaltung ist nicht mehr relevant. Hintergrund hierfür ist, dass sich ein Arbeitnehmer aufgrund dieser gesetzlichen Begrenzung nicht dauerhaft oder langfristig auf eine bestimmte Tätigkeitsstätte einstellen kann und somit auch seine Fahrtkosten nicht entsprechend vermindern oder optimieren kann. Zudem wird in dem Urteil auf den Unterschied zwischen der 18-monatigen Begrenzung im AÜG und dem Zeitraum von 48 Monaten, wie er in der steuerlichen Regelung für eine dauerhafte Zuordnung herangezogen wird, hingewiesen.

Fazit: Das Finanzgericht sieht eine Wechselwirkung zwischen arbeitsrechtlichen und steuerrechtlichen Regelungen. Es wirft jedoch auch wesentliche Fragen zur Abstimmung dieser Vorschriften auf, was die Zulassung einer möglichen Revision durch den Bundesfinanzhof rechtfertigt. Es ist ein relevanter Beschluss für Arbeitnehmer in ähnlichen Überlassungssituationen.

Quelle:Finanzgerichte | Urteil | FG Düsseldorf | 19-11-2024

Berufskraftfahrer: Fahrten zum Firmensitz

Das Finanzgericht hat entschieden, dass die wöchentlichen Fahrten eines Berufskraftfahrers zwischen seinem Wohnort und dem Firmensitz seines Arbeitgebers nach den Grundsätzen des Reisekostenrechts und nicht als einfache Pendlerpauschale („Entfernungspauschale“) zu behandeln sind. 

Praxis-Beispiel:
Der Kläger wohnt in Polen. Er erzielte Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit als Kraftfahrer für eine deutsche Firma. In § 2 seines Arbeitsvertrages war geregelt: „Der Arbeitnehmer leistet seine Tätigkeit als Kraftfahrer für den Arbeitgeber in ganz Deutschland und, soweit im Zusammenhang der betrieblichen Tätigkeit des Arbeitgebers erforderlich, auch im Ausland.” In diesem Zusammenhang begab sich der Kläger wöchentlich zum Betriebssitz seines Arbeitgebers, von wo aus er mit dem LKW seine Wochentour begann. Ende der Woche stellte er den LKW wieder am Betriebssitz ab. Vor- und nachbereitende Tätigkeiten (Überprüfung des LKW auf Fahrtauglichkeit, Erstellung und Besprechung von Tourenplänen, Be- und Entladen) wurden am Betriebssitz durchgeführt. Hierzu hielt sich der Kläger Anfang der Woche ca. 1,5 Stunden und Ende der Woche ca. 2,5 Stunden am Betriebssitz auf. Zentrales Thema war, ob der Betriebssitz des Arbeitgebers als „Sammelpunkt“ oder als erste Tätigkeitsstätte angesehen werden kann.

Das Finanzgericht hat entschieden, dass der Betriebssitz des Arbeitgebers nicht die Kriterien einer ersten Tätigkeitsstätte erfüllt, da der Berufskraftfahrer hauptsächlich auf seinem LKW und bundesweit tätig war. Auch die kurze Aufenthaltszeit am Betriebssitz zu Beginn und am Ende der Woche (insgesamt ca. vier Stunden) rechtfertigt keine andere Einstufung. Ebenso wenig kann der Betriebssitz als „Sammelpunkt“ gemäß § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4a EStG anerkannt werden, da die Tätigkeit des Fahrers überwiegend außerhalb des Unternehmens stattfindet und das regelmäßige Aufsuchen des Firmensitzes nicht „typischerweise arbeitstäglich“ erfolgte, wie dies gesetzlich vorgesehen ist.

Das Gericht kam daher zu dem Schluss, dass die Fahrtkosten des Klägers nach den Grundsätzen des Reisekostenrechts mit der vollen Km-Pauschale (0,30 € je km) abzurechnen sind, was zu einem zusätzlichen Werbungskostenabzug von 2.563,50 € führte. Dabei wurde die besondere Berufssituation von Berufskraftfahrern anerkannt, bei denen keine festen Arbeitsstätten oder Sammelpunkte im traditionellen Sinne vorliegen. 

Wichtig: Dieses Urteil wirkt sich auf die Gruppe der Berufskraftfahrer insgesamt aus. Da der BFH über vergleichbare Sachverhalte bisher nicht entschieden hat, hat das Finanzgericht die Revision zugelassen, um eine einheitliche Rechtsprechung für vergleichbare Fälle zu ermöglichen.

Quelle:Finanzgerichte | Urteil | FG Berlin-Brandenburg, 15 K 3114/23 | 24-02-2025

Rechengrößen für die Sozialversicherung 2026

Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales hat den Referentenentwurf für die Sozialversicherungsrechengrößen-Verordnung 2026 veröffentlicht. Mit der Verordnung werden die maßgebenden Rechengrößen der Sozialversicherung turnusgemäß an die Einkommensentwicklung des Vorjahres angepasst. Zum 1.1.2025 ist die Rechtskreistrennung in "Ost" und "West" bei den Meldungen entfallen. Seitdem gelten für die gesamte Bundesrepublik einheitliche Rechengrößen.

Beitragsbemessungsgrenze 2026: Krankenversicherung
Dem Entwurf zufolge soll die Beitragsbemessungsgrenze (BBG) in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) im Jahr 2026 auf 5.812,50 € monatlich (69.750 € jährlich) betragen. Für die soziale Pflegeversicherung gelten die selben Werte.

Jahresarbeitsentgeltgrenze 2026 (Versicherungspflichtgrenze)
Die im Versicherungsrecht relevante allgemeine Jahresarbeitsentgeltgrenze (JAEG) soll von 73.800 € (2025) auf 77.400 € angehoben werden.
Für Arbeitnehmer, die am 31.12.2002

  • wegen Überschreitens der Jahresarbeitsentgeltgrenze des Jahres 2002 (40.500 €) versicherungsfrei und
  • bei einer privaten Krankenversicherung in einer substitutiven Krankenversicherung versichert waren,

gilt eine besondere Jahresarbeitsentgeltgrenze. Diese wird laut Entwurf ab dem 1.1.2026 bei 69.750 € liegen.

Beitragsbemessungsgrenze Rentenversicherung 2026
Die Beitragsbemessungsgrenze in der allgemeinen Rentenversicherung und in der Arbeitslosenversicherung soll um 400 €, also auf 8.450 € monatlich angehoben werden. Jährlich sind dies 101.400 €. In der knappschaftlichen Rentenversicherung beträgt sie 10.400 € monatlich bzw. 124.800 € jährlich.

Bezugsgröße 2026
Die Bezugsgröße ist eine einheitliche "Referenzgröße" für den gesamten Bereich der Sozialversicherung. Sie ist dynamisch und wird zum 1.1. jeden Jahres durch Rechtsverordnung an die allgemeine Lohnentwicklung angepasst. Die monatliche Bezugsgröße beträgt ab dem Jahr 2026 3.955 € monatlich bzw. 47.460 € jährlich.

Vorläufiges Durchschnittsentgelt Rentenversicherung
Das vorläufige Durchschnittsentgelt beträgt für das Jahr 2026 51.944 €.

Rechengrößen 2026
Die den Sozialversicherungsrechengrößen 2026 zugrunde liegende Lohnentwicklung im Jahr 2024 (Veränderung der Bruttolöhne und -gehälter je Arbeitnehmer ohne Personen in Arbeitsgelegenheiten mit Entschädigung für Mehraufwendungen) betrug im Bundesgebiet 5,16%. Für die Bestimmung des (endgültigen) Durchschnittsentgelts für das Jahr 2024 ist nach den gesetzlichen Vorschriften die Lohnzuwachsrate im Jahr 2024 für die alten Länder in Höhe von 5,26% maßgebend.

Sozialversicherungsrechengrößen-Verordnung 2026
Die Verordnung über maßgebende Rechengrößen der Sozialversicherung für 2026 (Sozialversicherungsrechengrößen-Verordnung 2026) wird vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales erlassen. Üblicherweise kann bis Ende Oktober mit einem Beschluss des Bundeskabinetts gerechnet werden.

Quelle:Sonstige | Sonstige | Referentenentwurf: Sozialversicherungsrechengrößen-Verordnung 2026 | 25-09-2025

Trickbetrug: Schaden ist keine außergewöhnliche Belastung

Das Finanzgericht Münster hat entschieden, dass ein finanzieller Schaden, der durch eine Betrugshandlung wie einen sogenannten „Schockanruf“ entstanden ist, nicht als außergewöhnliche Belastung im Sinne des § 33 EStG des deutschen Steuerrechts berücksichtigt werden kann. 

Praxis-Beispiel:
Die 77 Jahre alte Klägerin erhielt einen Anruf auf ihrem Festnetztelefon. Der Anrufer gab sich als Rechtsanwalt aus und gab an, dass die Tochter der Klägerin einen tödlichen Verkehrsunfall verursacht haben soll. Deshalb solle die Tochter in Untersuchungshaft, was durch Zahlung einer Kaution von 50.000 € an die Gerichtskasse vermieden werden könne. Der Anrufer bot an, einen Boten zu schicken, der das Geld bei ihr zu Hause abholen könne. Die Klägerin fuhr daraufhin mit dem Taxi zur Bank und hob dort 50.000 € ab. Diesen Betrag übergab sie später dem Boten. Da sie Opfer eines Betrugs geworden ist, machte Sie den Schaden von 50.000 € in ihrer Steuererklärung als außergewöhnliche Belastung geltend. Das Finanzamt lehnte dies ab.

Das Finanzgericht lehnte eine Berücksichtigung ebenfalls ab. Nach Ansicht des Gerichts gehört das Risiko, Opfer einer solchen Vermögensstraftat zu werden, zum allgemeinen Lebensrisiko, das nicht auf die Steuerzahlergemeinschaft abgewälzt werden darf. Obwohl die Situation der Klägerin, die durch Täuschung und Manipulation ihr Geld an Betrüger übergeben hat, besonders tragisch ist, bleibt die Grundlage des Gesetzes, dass nur außergewöhnliche Schadensfälle, die über das alltagstypische Risiko hinausgehen, steuerlich berücksichtigt werden können.

Das Gericht kommt außerdem zu dem Schluss, dass für die Klägerin objektive und zumutbare Alternativen bestanden, um die vermeintliche Gefahr für ihre Tochter zu überprüfen, wie beispielsweise die Kontaktaufnahme mit der realen Polizei, ihrer Tochter oder einem Anwalt. Diese Möglichkeiten hätten den Betrug verhindern können, auch wenn sich die Klägerin subjektiv unter Druck gesetzt fühlte. Dass die Klägerin eine beträchtliche Summe Bargeld zur Verfügung hatte, die nicht essenziell für ihren Lebensunterhalt war, trug ebenfalls zur Einschätzung bei, dass hier keine Solidarität der Steuerzahler erforderlich ist.

Mit diesem Urteil folgt das Gericht einer strikten Auslegung des Begriffs „außergewöhnliche Belastungen“ und bestätigt erneut, dass finanzielle Verluste durch Betrug nicht als abziehbare Belastungen anerkannt werden können, es sei denn, es liegen äußerst außergewöhnliche und spezifische Umstände vor. Der Fall wurde als revisionswürdig eingestuft, da die steuerliche Behandlung von „Schockanrufen“ als rechtliches Problem bislang noch nicht abschließend von den höchsten Gerichtsinstanzen geklärt wurde.

Quelle:Finanzgerichte | Urteil | FG Münster, 1 K 360/25 E | 01-09-2025

Neuer Freibetrag für Übungsleiter und Ehrenamt

Ab 2026 sollen Einnahmen bis zu 3.300 € im Jahr steuerfrei sein (bisher 3.000 €), wenn sie aus einer nebenberuflichen Tätigkeit als Übungsleiter, Ausbilder, Erzieher, Betreuer oder aus vergleichbaren nebenberuflichen Tätigkeiten oder aus der nebenberuflichen Pflege alter, kranker oder behinderter Menschen, im Dienst oder im Auftrag bestimmter Auftraggeber zugeflossen sind (§ 3 Nr. 26 EStG). Ebenfalls begünstigt sind kirchliche Zwecke. Die Einnahmen bleiben dann sind bis zu 3.300 € steuerfrei, unabhängig davon, ob die Nebentätigkeit selbständig oder als Arbeitnehmer ausgeübt wird.

Nur die Nebentätigkeit für bestimmte Auftraggeber ist gemäß § 3 Nr. 26 EStG begünstigt. Hierzu gehören u.a. gemeinnützige, mildtätige und steuerbefreite Vereinigungen. Das sind z. B. Sport- und Gesangvereine sowie andere Vereine, die vom Finanzamt wegen gemeinnütziger, mildtätiger oder kirchlicher Zwecke von der Körperschaftsteuer freigestellt worden sind, sowie die Verbände der freien Wohlfahrtspflege wie das Deutsche Rote Kreuz, die Johanniter-Unfallhilfe und das Malteser Hilfswerk.

Freibetrag für ehrenamtliche Tätigkeiten gemäß § 3 Nr. 26a EStG: 
Der sogenannte Übungsleiterfreibetrag von 3.300 € gilt nicht für die ehrenamtlichen Tätigkeiten von Vorstandsmitgliedern eines gemeinnützigen Vereins, von Platz- oder Gerätewarten oder eines Hausmeisters usw. Für diesen Bereich gilt ab 2026 ein allgemeiner Freibetrag von 960 € pro Jahr (vorher 840 € pro Jahr), der für Einnahmen aus einer nebenberuflichen Tätigkeit im gemeinnützigen, mildtätigen oder kirchlichen Bereich gewährt wird. Mit diesem Freibetrag werden Aufwendungen, die durch die ehrenamtliche Tätigkeit entstehen, abgegolten, ohne dass ein Einzelnachweis erforderlich wird. Personen, die bereits vom Verein entgeltlich beschäftigt werden, können diesen Freibetrag nicht erhalten.

Praxis-Beispiel:
Dem 1. Vorsitzenden eines gemeinnützigen Gesangvereins entstehen im Rahmen seiner Tätigkeit Aufwendungen für Telefonate, Porto usw. Gemäß § 3 Nr. 26a EStG kann ihm der Verein eine pauschale Aufwandsentschädigung von 960 € zahlen. Diese Entschädigung kann der Verein lohnsteuer- und sozialversicherungsfrei auszahlen. Der Vereinsvorsitzende braucht diesen Betrag bei seiner Veranlagung nicht der Einkommensteuer zu unterwerfen.

Wichtig: Der neue Freibetrag von 960 € gemäß § 3 Nr. 26a EStG kann nicht zusätzlich beansprucht werden. Es können aus der jeweiligen nebenberuflichen Tätigkeit keine steuerfreien 960 € gezahlt werden, wenn aus derselben Tätigkeit

  • der sogenannte Übungsleiterfreibetrag in Höhe von bis zu 3.300 € gemäß § 3 Nr. 26 EStG in Anspruch genommen wird oder
  • eine steuerfreie Aufwandsentschädigung aus öffentlichen Kassen gemäß § 3 Nr. 12 EStG gezahlt wird.
Quelle:Sonstige | Gesetzesänderung | Entwurf eines Steueränderungsgesetzes 2025: Artikel 2 | 18-09-2025

Vorsteuer: Sacheinlage in GmbH-Vorgesellschaft

Bei Sachgründung einer Ein-Mann-GmbH durch Einlage eines PKW, der während des Bestehens der Vor-GmbH geliefert wird, steht nach dem Neutralitätsgrundsatz der Vorsteuerabzug aus dem Erwerb des PKW der Gesellschaft zu. Voraussetzung ist, dass der Gründungsgesellschafter selbst nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt ist. Das gilt auch wenn die Rechnung an den Gründungsgesellschafter adressiert ist. Insofern hat umsatzsteuerlich eine personenübergreifende Zurechnung in der Unternehmensgründungsphase zu erfolgen.

Praxis-Beispiel:
Die alleinige Gesellschafterin einer GmbH, die zuvor nicht unternehmerisch tätig war, hatte den Vorsteuerabzug für den Erwerb eines im Rahmen der Sachgründung einer GmbH eingelegten Kraftfahrzeugs beantragt. Im Gesellschaftsvertrag war geregelt, dass sie die Einlage leisten wird, indem sie auf das Stammkapital eine Sacheinlage durch Übereignung des in ihrem Eigentum stehenden Pkw erbringe. Diesen hatte sie zuvor zu einem Kaufpreis von 29.571 € netto zuzüglich 5.618 € Umsatzsteuer erworben. Die Rechnung war namentlich an die Gesellschafterin adressiert. Die GmbH machte den Vorsteuerabzug geltend, was das Finanzamt ablehnte.

Das Finanzgericht hat entschieden, dass in diesem Fall der Gesellschaft nach dem Neutralitätsgrundsatz der Vorsteuerabzug aus dem Erwerb des PKW zusteht, sofern der Gründungsgesellschafter selbst nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt ist. Insofern hat umsatzsteuerlich eine personenübergreifende Zurechnung in der Unternehmensgründungsphase zu erfolgen. Das gilt selbst dann, wenn die Rechnung an den Gründungsgesellschafter adressiert ist.

Hinweis: Das Finanzgericht hat die Revision zugelassen (Az. des BFH: XI R 13/25). Es bleibt abzuwarten, wie der BFH diesem Sachverhalt beurteilen wird. In vergleichbaren Fällen sollte Einspruch eingelegt und eine Aussetzung des Verfahrens bis zur Entscheidung des BFH beantragt werden.

Quelle:Finanzgerichte | Urteil | FG Niedersachsen, 5 K 111/24 | 02-04-2025

E-Mails können Handels- und Geschäftsbriefe sein

Die Finanzverwaltung ist im Rahmen der Außenprüfung grundsätzlich berechtigt, vom Steuerpflichtigen sämtliche E-Mails mit steuerlichem Bezug anzufordern. Die Finanzverwaltung darf allerdings kein sogenanntes Gesamtjournal verlangen, das einerseits noch erstellt werden müsste und andererseits auch Informationen zu solchen E-Mails enthält, die keinen steuerlichen Bezug haben. Dafür ist keine Rechtsgrundlage vorhanden.

Praxis-Beispiel: 
Der Kläger war der Auffassung, dass die Aufbewahrungs- und Vorlagepflicht generell nicht für E-Mails gilt. Bei den per E-Mail übersandten Informationen handle es sich nicht um Handels- und Geschäftsbriefe im Sinne der gesetzlichen Aufbewahrungspflicht. Die Finanzbehörde habe daher kein Recht, diese im Rahmen einer Prüfung anfordern. Das Finanzgericht entschied, dass E-Mails als Handels- und Geschäftsbriefe im Sinne der gesetzlichen Aufbewahrungspflicht zu betrachten sind. Die Finanzbehörde ist daher berechtigt, diese im Rahmen einer Prüfung anzufordern, soweit sie mit Sachverhalten in Verbindung stehen, die für die Besteuerung relevant sind. Dies betrifft insbesondere E-Mails, die zur Vorbereitung, Durchführung oder Abwicklung von geschäftlichen Transaktionen genutzt werden. Korrespondenz, die jedoch ausschließlich interner, privater oder anderweitig steuerlich irrelevanter Natur ist, fällt nicht in diese Verpflichtung.

Der BFH hat entschieden, dass die Finanzbehörde vom Steuerpflichtigen verlangen kann, steuerlich relevante E-Mails vorzulegen. Nicht zulässig ist jedoch, wenn die Finanzbehörde ein umfassendes Verzeichnis oder ein sogenanntes Gesamtjournal anfordert, das auch nicht relevante E-Mails umfasst. Die Anfertigung eines solchen Verzeichnisses würde eine unverhältnismäßige Belastung darstellen, für die es keine rechtliche Grundlage gibt. Die Verantwortung, steuerlich relevante Inhalte zu selektieren, liegt primär beim Steuerpflichtigen, der das Recht hat, nicht-relevante Daten auszuschließen.

Fazit: Beide Parteien haben eine teilweise Niederlage erlitten. Zwar durfte die Finanzbehörde die Vorlage der E-Mails verlangen, das Verlangen nach einem vollständigen digitalen Gesamtjournal wurde jedoch abgewiesen. Es geht also darum, ein Gleichgewicht zwischen den steuerlichen Pflichten des Steuerpflichtigen und einem verhältnismäßigen Handeln der Finanzbehörden im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben zu wahren.

Quelle:BFH | Beschluss | XI R 15/23 | 29-04-2025

Steueränderungsgesetz: Was sich ab 1.1.2026 ändern soll (Entwurf)

Die Bundesregierung hat den Entwurf eines Steueränderungsgesetzes beschlossen. Der Entwurf muss nun nooch das Gesetzgebungsverfahren durchlaufen, sodass noch Änderungen möglich sind. Hier ein erster Überblick über die geplanten Maßnahmen, die ab dem 1.1.2026 gelten sollen:

  • Die Entfernungspauschale für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte wird ab dem 1.1.2026 einheitlich (ab dem 1. km) auf 0,38 € angehoben.
  • Steuerpflichtige können neben der Berücksichtigung der Entfernungspauschalen ab dem 21. vollen Entfernungskilometer gemäß § 9 Absatz 1 Satz 3 Nummer 4 Satz 2, Nummer 5 Satz 6 und § 4 Absatz 5 Satz 1 Nummer 6 Satz 2 eine unbefristete Mobilitätsprämie als Werbungskosten oder Betriebsausgaben beanspruchen.
  • Die Umsatzsteuer für Speisen in der Gastronomie mit Ausnahme der Abgabe von Getränken wird ab dem 1.1.2026 dauerhaft auf 7% reduziert (§ 12 Absatz 2 Nummer 15 UStG) 
  • Bekanntgabe eines Bescheides durch Bereitstellung zum Datenabruf (§ 18g Satz 5 UStG)
  • Sonderregelung bei der Nutzung der zentralen Zollabwicklung – CCI – (§ 21b UStG – neu)
  • Regelungen zur Gemeinnützigkeit:
    • Anhebung der Freigrenze für den steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb auf 50.000 € (§ 64 Absatz 3 Satz 1 AO) 
    • Anhebung der Übungsleiter- und Ehrenamtspauschale auf 3.300 € bzw. 960 € (§ 3 Nummer 26, 26a EStG)
    • Anhebung der Freigrenze bei der Pflicht zur zeitnahen Mittelverwendung auf 100.000 € (§ 55 Absatz 1 Nummer 5 Satz 4 AO)
    • Verzicht auf eine Sphärenzuordnung von Einnahmen, bei Körperschaften mit Einnahmen unter 50.000 € (§ 64 Absatz 3 Satz 2 AO) 
    • Einführung von E-Sport als neuen gemeinnützigen Zweck (§ 52 Absatz 2 Satz 1 Nummer 21 AO)
    • Photovoltaikanlagen als steuerlich unschädliche Betätigung bei der Gemeinnützigkeit (§ 58 Nummer 11 AO)
  • Darüber hinaus werden Rechtsgrundlagen zur Umsetzung der zentralen Zollabwicklung in Bezug auf die Einfuhrumsatzsteuer geschaffen.
  • Die De-minimis-Verordnung im Rahmen der Sonderabschreibung für Mietwohnungsneubau nach § 7b EStG wird aktualisiert. Ab dem 1.1.2026 sind die gewährten Beihilfen in einem zentralen Register zu erfassen (Die Eintragung hat innerhalb von 20 Arbeitstagen nach Gewährung der Beihilfe zu erfolgen). Ein Nachweis, in welcher Höhe in den beiden vorangegangenen sowie im laufenden Veranlagungszeitraum De-minimis-Beihilfen gewährt wurden, ist dann nicht mehr erforderlich.
  • Die elektronische Bekanntgabe eines Bescheids über die Nichtweiterleitung eines Antrages auf Vorsteuer-Vergütung durch das BZSt wird im Hinblick auf § 122a AO in der ab 1.1.2026 geltenden Fassung als Regelfall ausgestaltet, indem das derzeitige Zustimmungserfordernis des inländischen Unternehmers abgeschafft wird.
Quelle:Sonstige | Gesetzvorhaben | Referentenentwurf des BMF vom 4.9.2025 | 03-09-2025

Sprachkurse im Ausland: Berufliche Veranlassung

Aufwendungen für einen Sprachkurs können als Betriebsausgaben oder Werbungskosten abgezogen werden, wenn der Kurs beruflich bzw. betrieblich veranlasst ist. Ein Sprachkurs ist beruflich veranlasst, wenn er auf die besonderen beruflichen bzw. betrieblichen Interessen zugeschnitten ist. Diese Voraussetzung ist bereits erfüllt, wenn im Beruf allgemeine Kenntnisse einer Fremdsprache benötigt werden und der Sprachkurs diese Kenntnisse und Fähigkeiten vermittelt.

Sprachkurse werden steuerlich regelmäßig anerkannt, wenn sie im Inland oder in einem Mitgliedstaat der EU stattfinden. Das Erlernen einer Sprache in dem Land, in dem diese gesprochen wird, ist regelmäßig effizienter. Das ist der Grund, warum der BFH entschieden hat, dass es keine Rolle spielt, in welchem Land der Sprachkurs stattfindet. Bei der Wahl des Landes können allerdings im Gegensatz zu einem Inlandssprachkurs touristische Aspekte eine Rolle spielen. Touristische Aspekte gehören jedoch zur privaten Lebensführung.

Aufteilung aufgrund der beruflichen und privaten Zeitanteile
Ist die Reise (Sprachkurs im Ausland) beruflich und privat veranlasst, sind die Kosten aufzuteilen. Steuerlich abziehbar ist nur der beruflich veranlasste Teil der Reisekosten. Die Aufteilung ist grundsätzlich nach dem Verhältnis der beruflichen und privaten Zeitanteile vorzunehmen. Das ist jedoch nicht möglich, wenn der private touristische Aspekt und der Sprachkurs nicht zeitlich nacheinander, sondern parallel nebeneinander stattfinden. D.h. der Aufenthalt im Ausland, z. B. in Südafrika, beinhaltet auch während der Zeit private Aspekte, in der der Teilnehmer den Sprachkurs besucht.

Die Teilnahme an einem Sprachkurs in spanischer Sprache in Südamerika ist außergewöhnlich. Es ist deshalb davon auszugehen, dass der Teilnehmer die Reisekosten auch aus privaten Erwägungen auf sich genommen hat. Der touristische Wert des Aufenthalts am Ort des Sprachkurses darf nicht unbeachtet bleiben. Anders als bei sonstigen Reisen, die der Fortbildung dienen, besteht bei Sprachreisen für die Wahl des auswärtigen Kursortes regelmäßig keine unmittelbare berufliche Veranlassung. Deshalb wird die Ortswahl in diesen Fällen auch von privaten, i.d.R. touristischen Interessen bestimmt sein. Mangels eines anderen Aufteilungsmaßstabs kann in diesen Fällen laut BFH von einer hälftigen Aufteilung sämtlicher mit der Reise verbundenen Kosten ausgegangen werden.

Konsequenz: Wählt der Unternehmer/Arbeitnehmer einen Sprachkurs in einem Nicht-EU-Land, ist laut BFH regelmäßig von einer privaten Mitveranlassung auszugehen, wenn die Entscheidung, ein bestimmtes Land für den Sprachkurs zu wählen, in nicht unerheblichem Maße auch privat motiviert war. Je weiter ein Land entfernt liegt, desto eher ist davon auszugehen.

Praxis-Tipp:
Die Aufwendungen für den Sprachkurs selbst sind zu 100% abziehbar. Die Kosten für An- und Abreise, Unterkunft und Verpflegung müssen jedoch aufgeteilt werden. Ist eine zeitliche Aufteilung nicht möglich, und ist kein anderer plausibler Aufteilungsmaßstab zu finden, dürfen die Kosten für An- und Abreise, Unterkunft und Verpflegung in der Regel im Verhältnis 50 : 50 als Betriebsausgaben oder Werbungskosten abgezogen werden.

Die Aufteilung 50 : 50 ist aber nur dann erforderlich, wenn bei der Wahl des Kursortes eine private Mitveranlassung vorliegt. Der Sprachkurs in einem anderen EU-Land kann hierbei anders zu beurteilen sein, als ein weit entfernt liegendes Ziel. Außerdem ist zu beachten, dass Sprachkurse eher in größeren Städten bzw. im Umfeld dieser Städte stattfinden werden. Wer Spanisch lernen will, wird dies in der Regel in Städten wie Madrid, Barcelona und Sevilla tun. Trotz des touristischen Umfelds kann geltend gemacht werden, dass private Motive bei dieser Auswahl von völlig untergeordneter Bedeutung waren.

Quelle:BFH | Urteil | . | 11-09-2025