Wann eine Vorfälligkeitsentschädigung abziehbar ist

Vorfälligkeitsentschädigungen und die hiermit zusammenhängenden Bearbeitungskosten sind bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung als Werbungskosten abziehbar. Das ist der Fall, wenn ein Darlehen, das zur Finanzierung eines vermieteten Grundstücks aufgenommen wurde, unter Zahlung einer Vorfälligkeitsentschädigung getilgt wird, aber das Grundstück weiterhin zur Vermietung genutzt wird.

Praxis-Beispiel:
Die Kläger hatten Darlehen zur Finanzierung von zwei Vermietungsobjekten aufgenommen, wobei eine dritte Immobilie als zusätzliche Sicherheit diente. Als die Kläger die dritte Immobilie verkauften, verlangte die Bank die Ablösung der Darlehen für die beiden Vermietungsobjekte, was zur Zahlung von Vorfälligkeitsentschädigungen führte. Das Finanzamt weigerte sich, diese Kosten als Werbungskosten anzuerkennen, da es der Ansicht war, dass die Kosten im Zusammenhang mit dem Verkauf der dritten Immobilie und damit im Zusammenhang mit einer privaten Vermögensverwertung stünden.

Das Niedersächsische Finanzgericht entschied anders, weil die Darlehen ursprünglich aufgenommen wurden, um zwei Immobilien zu erwerben, mit denen Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung erzielt werden. Der Verkauf der dritten Immobilie änderte nichts an dem wirtschaftlichen Zusammenhang zwischen den beiden Darlehen und den Vermietungseinkünften, weil sie zur Finanzierung der beiden Vermietungsobjekte aufgenommen wurden, die weiterhin zur Vermietung genutzt werden.

Der Begriff der Schuldzinsen umfasst auch eine Vorfälligkeitsentschädigung, die zur vorzeitigen Ablösung eines Darlehens gezahlt wird, denn Vorfälligkeitsentschädigungen sind ein Nutzungsentgelt für das auf die verkürzte Laufzeit in Anspruch genommene Fremdkapital. Demgemäß gehören Vorfälligkeitsentschädigungen ertragsteuerlich zu den Schuldzinsen, die als Werbungskosten anzuerkennen sind, wenn sie im wirtschaftlichen Zusammenhang mit einer Einkunftsart stehen, d.h. durch die Erzielung steuerbarer Einnahmen veranlasst sind. 

Maßgeblich für die Beurteilung, ob Werbungskosten vorliegen, ist der auslösende Moment für die Zahlung der Vorfälligkeitsentschädigung. Besteht die Verpflichtung des Darlehensgebers, in eine vertragliche Änderungsvereinbarung und damit in eine vorzeitige Darlehensablösung gegen angemessene Vorfälligkeitsentschädigung einzuwilligen, liegt ein wirtschaftlicher Zusammenhang mit der Veräußerung des Grundstücks vor. Dabei ist wie folgt zu unterscheiden:

  • Bei der Zahlung einer Vorfälligkeitsentschädigung im Zuge der Veräußerung von Immobilien wird der wirtschaftliche Zusammenhang mit einer bisherigen Vermietungstätigkeit durch einen neuen Veranlassungszusammenhang (= Veräußerung) überlagert bzw. ersetzt.
  • Wird aber ein zur Finanzierung eines vermieteten Grundstücks aufgenommenes Darlehen unter Zahlung einer Vorfälligkeitsentschädigung getilgt, aber das Grundstück weiterhin zur Vermietung genutzt, ist die Vorfälligkeitsentschädigung bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung als Werbungskosten abziehbar.

Fazit: Entscheidend für den Abzug als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verspachtung ist der auslösende Moment für die Zahlung der Vorfälligkeitsentschädigung.

Quelle:Finanzgerichte | Urteil | FG Niedersachsen, 3 K 145/23 | 29-10-2024

Vorläufigkeitsvermerk wegen noch unklarer Einkunftserzielungsabsicht

Der Bundesfinanzhof hat entschieden, dass das Finanzgericht zu Recht einen Vorläufigkeitsvermerk hinsichtlich der Einkünfte aus einem noch nicht eröffneten Café- und Bistrobetrieb der Klägerin aufrechterhalten hat.

Praxis-Beispiel:
Die Klägerin hatte im Jahr 2020 Verluste für ein Unternehmen geltend gemacht, das noch nicht in Betrieb war. Das Finanzamt hatte diese Verluste vorläufig anerkannt, da die Gewinnerzielungsabsicht noch nicht abschließend beurteilt werden konnte. Die Klägerin hatte keine Prognose über die erwarteten Gewinne für die kommenden Jahre vorgelegt, was vom Finanzamt als notwendig erachtet wurde, um die Gewinnerzielungsabsicht beurteilen zu können.

Das Finanzgericht stellte fest, dass tatsächlich eine Ungewissheit über die Gewinnerzielungsabsicht bestand und dass die Entscheidung des Finanzamts, einen Vorläufigkeitsvermerk anzubringen, ohne Ermessensfehler getroffen wurde. Die von der Klägerin im Klageverfahren vorgebrachten neuen Tatsachen wurden nicht berücksichtigt, da bei Ermessensentscheidungen die Situation zum Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung maßgeblich ist.

Der BFH bestätigte diese Entscheidung und wies die Beschwerde der Klägerin ab. Der BFH betonte, dass die Beurteilung der Gewinnerzielungsabsicht eine zukunftsgerichtete und langfristige Bewertung erfordert, bei der die Dauer und das Ausmaß der Verluste sowie die Reaktionen des Steuerpflichtigen auf diese Verluste von entscheidender Bedeutung sind. Die Klägerin hatte nicht ausreichend nachgewiesen, dass die Ungewissheit über die Gewinnerzielungsabsicht beseitigt war, sodass der Vorläufigkeitsvermerk gerechtfertigt blieb.

Quelle:BFH | Beschluss | X B 23/24 | 15-01-2025

Kleinbetragsregelung im Erhebungsverfahren

Wer aufgrund der Abrechnung eines Bescheids des Finanzamts insgesamt weniger als 3 € zu zahlen hat, kann diese Kleinbeträge unabhängig von ihrer Fälligkeit erst dann entrichten, wenn unter derselben Steuernummer Ansprüche von insgesamt mindestens 3 € fällig werden. Diese Beträge können zusammen mit der nächsten Zahlung an das Finanzamt entrichten werden. Bei der Zahlung sind die Steuernummer und der Verwendungszweck für diesen Betrag anzugeben. Unabhängig davon kann das Finanzamt die rückständigen Beträge jederzeit verrechnen. Im SEPA-Lastschriftverfahren werden Beträge von insgesamt weniger als 3 € nicht zum Fälligkeitstag, sondern mit dem nächsten fälligen Betrag abgebucht.

Säumniszuschläge von insgesamt weniger als 5 €, die unter einer Steuernummer nachgewiesen werden, sollen nicht gesondert angefordert werden. Sie können jedoch zusammen mit anderen Beträgen angefordert werden.

Mahnung 
Bei fälligen Beträgen von weniger als 10 € ist von einer Mahnung abzusehen. Werden mehrere Ansprüche unter einer Steuernummer nachgewiesen, gilt diese Kleinbetragsgrenze für den jeweils zu mahnenden Gesamtbetrag. Steuerliche Nebenleistungen einschließlich noch nicht angeforderter Säumniszuschläge sind einzubeziehen. 

Kleinstbeträge von weniger als 1 € sind nur auf Antrag zu erstatten oder wenn sich aus mehreren Beträgen ein Guthaben von mindestens 1 € ergibt. Ergibt die Abrechnung eines Bescheides einen Gesamtbetrag von weniger als 1 €, so ist in den Bescheid folgender Hinweis aufzunehmen: „Verbleibende Beträge von insgesamt weniger als 1 € werden nicht erstattet, weil dadurch unverhältnismäßige Kosten entstehen würden. Das Finanzamt wird diese Beträge mit der nächsten Erstattung auszahlen oder mit fälligen Beträgen verrechnen.“ 

Nachzahlungsbeträge von weniger als 1 € werden erst erhoben, wenn sich aus mehreren Beträgen eine Forderung von mindestens 1 € ergibt. Eine Verrechnung von Erstattungs- und Nachzahlungsbeträgen von weniger als 1 € ist jederzeit möglich.

Quelle:BMF-Schreiben | Veröffentlichung | IV D 1 – S 0512/00034/002/09 | 01-01-2025

Offenlegung des Jahresabschlusses

Kapitalgesellschaften sind verpflichtet, ihre Rechnungslegungsunterlagen elektronisch offenzulegen: Das heißt, Rechnungslegungsunterlagen sind zu veröffentlichen oder zu hinterlegen. Die Rechnungslegungsunterlagen sind der Stelle, die das Unternehmensregister führt, elektronisch zu übermitteln. Geschieht dies nicht rechtzeitig oder nicht vollständig, führt das Bundesamt für Justiz ein Ordnungsgeldverfahren durch. Verstößt ein veröffentlichter Jahresabschluss gegen Inhalts- oder Formvorschriften, wird das Bundesamt für Justiz prüfen, ob ein Bußgeldverfahren durchzuführen ist.

Wichtig! Das Bundesamt für Justiz wird in Abstimmung mit dem Bundesministerium der Justiz gegen Unternehmen, deren gesetzliche Frist zur Offenlegung von Rechnungslegungsunterlagen für das Geschäftsjahr mit dem Bilanzstichtag 31. Dezember 2023 am 31. Dezember 2024 endet, vor dem 1. April 2025 kein Ordnungsgeldverfahren nach § 335 HGB einleiten. Damit sollen angesichts der anhaltenden Nachwirkungen der Ausnahmesituation der COVID-19-Pandemie die Belange der Beteiligten angemessen berücksichtigt werden.

Darauf hat auch die Bundessteuerberaterkammer hingewiesen. Die Kammer hatte sich beim Bundesministerium der Justiz sowie beim Bundesamt für Justiz für ein entsprechende Regelung eingesetzt.

Fazit: Es handelt sich faktisch um eine Fristverlängerung bei der Offenlegung der Jahresabschlüsse 2023, die den steuerberatenden Berufen mehr Luft und Planungssicherheit verschafft.

Quelle:Sonstige | Veröffentlichung | www.bundesjustizamt.de | 19-12-2024

Zulässige Anschlussprüfung bei großer Rechtsanwaltspraxis

Die wiederholten, aneinander anschließenden, steuerlichen Außenprüfungen einer Rechtsanwaltsgesellschaft mit beschränkter Berufshaftung, die als Großbetrieb eingestuft ist, ist zulässig. 

Praxis-Beispiel:
Gesellschaft legte Einspruch gegen die neue Prüfung für die Jahre 2015-2018 ein, mit dem Argument, dass frühere Prüfungen keine signifikanten Steuerdifferenzen ergeben hätten und dass die wiederholten Prüfungen unverhältnismäßig und willkürlich seien.

Das Finanzgericht München wies die Klage ab und entschied, dass das Finanzamt innerhalb der gesetzlichen Grenzen der Abgabenordnung (AO) gehandelt habe. Das Gericht stellte fest, dass wiederholte Prüfungen zulässig und notwendig sind, um die Steuergerechtigkeit zu gewährleisten, insbesondere bei Großbetrieben, bei denen die steuerlichen Verpflichtungen komplex sind. Das Gericht befand, dass das Finanzamt sein Ermessen korrekt ausgeübt habe und dass die wiederholte Prüfung weder unangemessen noch willkürlich sei.

Das Gericht betonte, dass das Finanzamt verpflichtet ist, eine möglichst vollständige Prüfung durchzuführen, um die Steuergerechtigkeit zu gewährleisten. Das Finanzamt muss bei der Anordnung einer Prüfung keine ausführliche Begründung liefern, solange die gesetzliche Grundlage klar ist. Die Beschwerde der Gesellschaft, dass die Prüfungen eine unverhältnismäßige Belastung darstellen, wurde abgewiesen, da das Finanzamt innerhalb seines Ermessensspielraums handelte und keine Verletzung des Verhältnismäßigkeitsprinzips oder des Verbots von Willkür und Schikane festgestellt wurde.

Aufgrund einer Nichtzulassungsbeschwerde hat der BFH die Revision zugelassen. Das Revisionsverfahren wird unter dem Az. VIII R 24/24 geführt.

Quelle:Finanzgerichte | Urteil | FG München, 1 K 551/21 | 30-10-2024

Digitales Einreichen von Belegen

Belege können künftig direkt beim Erstellen der elektronischen Steuererklärung in Mein ELSTER online hinterlegt werden. Das Finanzamt kann diese dann bei Bedarf unkompliziert per Mausklick abrufen. So werden Rückfragen durch die Finanzbehörde vermieden und die Bearbeitung der Steuererklärung erfolgt noch effizienter, transparenter und digitaler. 

Das neue Verfahren zur Referenzierung auf Belege („RABE“) wurde im KONSENS-Verbund entwickelt und ergänzt die bisherigen Optionen, Belege nach Anforderung der Finanzämter elektronisch oder per Post einzureichen. Die neue Funktion bietet zukünftig die Möglichkeit, Belege direkt beim Erstellen der Einkommensteuererklärung in ELSTER zu hinterlegen und diese bestimmten Eingabefeldern zuzuordnen. Die Beschäftigten der Finanzbehörden können diese Belege dann bei der Bearbeitung der Steuererklärung elektronisch abrufen. 

Das Finanzamt kann die Nachweise so direkt ohne zeitliche Unterbrechung und ohne zusätzlichen Aufwand für Steuerbürgerinnen und Steuerbürger oder deren steuerlichen Berater einsehen. Diese werden über den Belegabruf durch das Finanzamt digital informiert.

Quelle:Sonstige | Pressemitteilung | Pressemitteilung Nr. 318 des Bayerischen Staatsministeriums der Finanzen | 23-10-2024

Elektronische Kasse: Mitteilungspflichten

Durch das Gesetz zum Schutz vor Manipulationen an digitalen Grundaufzeichnungen sind elektronische Aufzeichnungssysteme durch eine zertifizierte technische Sicherheitseinrichtung (TSE) zu schützen (§ 146a AO). Die betroffenen Systeme werden in der Kassensicherungsverordnung (KassenSichV) abschließend aufgeführt. Danach gilt der Grundsatz, dass Kassensysteme seit dem 1.1.2020 entsprechend zu schützen sind. Zusätzlich sind seit dem 1.1.2024 Taxameter und Wegstreckenzähler entsprechend zu schützen. Das BMF weist darauf hin, dass für Taxameter und Wegstreckenzähler nach dem BMF-Schreiben vom 13.10.2023 eine Nichtbeanstandungsgrenze bis zum 31.12.2025 gilt.

Belegausgabepflicht nach § 146a Abs. 2 AO: Unabhängig davon gilt die Belegausgabepflicht grundsätzlich für alle elektronischen Aufzeichnungssysteme im Sinne des § 146a Absatz 1 Satz 1 AO. Der Beleg kann elektronisch oder in Papierform zur Verfügung gestellt werden.

Beginn der Mitteilungspflicht nach § 146a Absatz 4 AO: Durch das BMF-Schreiben vom 6. November 2019 wurde die Mitteilungsverpflichtung über den Einsatz oder die Außerbetriebnahme eines elektronischen Aufzeichnungssystems (insbesondere Kassensysteme, Taxameter und Wegstreckenzähler) im Sinne des § 146a Absatz 1 AO nach § 146a Absatz 4 AO bis zum Einsatz einer elektronischen Übermittlungsmöglichkeit ausgesetzt.

Wichtig! Die elektronische Übermittlungsmöglichkeit wird nunmehr über das Programm „Mein ELSTER“ und die ERiC-Schnittstelle ab dem 1. Januar 2025 zur Verfügung gestellt. Die Mitteilung für Kassen-(Systeme) im Sinne des § 1 Absatz 1 Satz 1 KassenSichV, die vor dem 1. Juli 2025 angeschafft wurden, ist bis zum 31. Juli 2025 zu erstatten.

Quelle:BMF-Schreiben | Veröffentlichung | IV D 2 – S 0316-a/19/10011 :009 DOK 2024/0511821 | 27-06-2024

Neue Richtsatzsammlung veröffentlicht

Das BMF hat die neueste Richtsatzsammlung veröffentlicht, die auf die Daten des Jahres 2023 basiert (LINK zur Richtsatzsammlung für das Kalenderjahr 2023). Sie ist ein Hilfsmittel für die Finanzverwaltung, um Umsätze und Gewinne der Gewerbetreibenden zu verproben und gegebenenfalls bei Fehlen anderer Unterlagen zu schätzen. Wichtig! Die Rohgewinnsätze, Rohgewinnaufschlagsätze sowie Halb- und Reingewinne, die in der Richtsatzsammlung aufgeführt sind, dienen dazu, individuelle Sachverhalte zu verallgemeinern.

Konsequenz: Bei einer pauschalierenden Betrachtungsweise – wie es bei der Richtsatzsammlung der Fall ist – können naturgemäß nicht alle denkbaren Auswirkungen berücksichtigt werden. Das heißt, dass im jeweiligen Einzelfall zu prüfen ist, ob und inwieweit bei der Anwendung der Richtsätze Anpassungen vorzunehmen sind. Hierbei hilft auch die Wiedergabe von Bandbreiten im Rahmen der Richtsatzsammlung. Das heißt, dass bei der Anwendung der Richtsätze die individuellen Verhältnisse der einzelnen Betriebe zu berücksichtigen sind. In wirtschaftlichen Krisenzeiten, können sich sowohl negative als auch positive Auswirkungen auf die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit von Betrieben ergeben. Wichtig ist daher, in besonderem Maße auf eine individuelle Betrachtung zu achten.

Die Richtsätze gelten zwar nicht für alle, aber doch für eine Vielzahl von Branchen. Liegt ein Unternehmer deutlich außerhalb der Richtsätze, muss er mit einer Kontrolle durch das Finanzamt rechnen. Es sollte bereits im Vorfeld (am besten bei der Erstellung der Bilanz oder Einnahmen-Überschuss-Rechnung) geprüft werden, ob die Betriebsergebnisse innerhalb der Richtsätze liegen. Liegen sie außerhalb oder am unteren Rand, sollten die Gründe dafür festgestellt werden.

Was die einzelnen Spalten bedeuten
Die angegebenen Zahlen geben die Spannbreite wieder und die darunter aufgeführte Zahl den Durchschnittswert:

  • Rohgewinnaufschlag ist der prozentuale Aufschlag auf den Wareneinsatz. Wenn z. B. Ware bzw. Material im Wert von 1.000 € eingesetzt wird und ein Rohgewinnaufschlag von 50% besteht, beträgt der Aufschlag (1.000 € x 50%=) 500 €.
  • Unter Rohgewinn ist der Prozentsatz ausgewiesen, mit dem der Rohgewinn aus dem Bruttowert herausgerechnet wird. Wenn z. B. eine Leistung für 3.000 € (ohne Umsatzsteuer) erbracht wird und der Rohgewinnsatz 68% beträgt, liegt der Wareneinsatz bei 3.000 € – (3.000 € x 68%) = 960 €.
  • Der Rohgewinn ist bei Handelsbetrieben mit Rohgewinn I und bei Handwerks- und gemischten Betrieben mit Rohgewinn II bezeichnet. Beim Rohgewinn II werden neben dem Waren- und Materialeinsatz auch die Fertigungslöhne einbezogen.
  • Halbreingewinn ist der Rohgewinn abzüglich der Betriebsausgaben mit Ausnahme der Gehälter, Löhne und Aufwendungen für die eigenen oder gemieteten Räume sowie der Gewerbesteuer.
  • Reingewinn ist der Halbreingewinn abzüglich der noch nicht abgezogenen Betriebsausgaben.

Wichtig! Bei einer formell ordnungsgemäßen Buchführung darf eine Gewinn- oder Umsatzschätzung nach ständiger Rechtsprechung in der Regel nicht allein darauf gestützt werden, dass die erklärten Gewinne oder Umsätze von der Richtsatzsammlung abweichen. Werden für einen Gewerbebetrieb, für den Buchführungspflicht besteht, keine Bücher geführt, oder ist die Buchführung nicht ordnungsgemäß, so ist der Gewinn unter Berücksichtigung der Verhältnisse des Einzelfalls (ggf. unter Anwendung von Richtsätzen) zu schätzen. Ein Anspruch darauf, nach Richtsätzen besteuert zu werden, besteht allerdings nicht.

Die Richtsätze finden auch auf Steuerpflichtige Anwendung, die ihren Gewinn mithilfe einer Einnahmen-Überschuss-Rechnung ermitteln. Hierzu sind die erforderlichen Anpassungen vorzunehmen (ggf. Umrechnung der Einnahmen und Ausgaben von Ist- auf Sollbeträge, Neutralisierung der Umsatzsteuer, Zuordnung außerordentlicher bzw. periodenfremder Aufwendungen und Erträge zum Jahr der wirtschaftlichen Zugehörigkeit). Gegebenenfalls müssen im Rahmen der Richtsatzschätzung zusätzlich Bestandsveränderungen (z. B. Warenbestände, Forderungen und Verbindlichkeiten) ermittelt bzw. geschätzt und berücksichtigt werden.

Quelle:BMF-Schreiben | Veröffentlichung | IV D 3 – S 1544/19/10001 :011 DOK 2024/0821252 | 16-09-2024

Neu: Wirtschafts-Identifikationsnummern

Bei jedem wirtschaftlich Tätigen (§ 139a Absatz 3 AO) wird die Wirtschafts-Identifikationsnummer für jede einzelne seiner wirtschaftlichen Tätigkeiten, jeden seiner Betriebe sowie für jede seiner Betriebstätten um ein fünfstelliges Unterscheidungsmerkmal ergänzt, so dass die Tätigkeiten, Betriebe und Betriebstätten des wirtschaftlich Tätigen im Besteuerungsverfahren eindeutig identifiziert werden können.

Die Wirtschafts-Identifikationsnummer besteht aus den Buchstaben 'DE' und 9 Ziffern und entspricht damit in ihrer Form der USt-Identifikationsnummer. Der ersten wirtschaftlichen Tätigkeit des wirtschaftlich Tätigen, seinem ersten Betrieb oder seiner ersten Betriebstätte wird vom Bundeszentralamt für Steuern hierbei das Unterscheidungsmerkmal 00001 zugeordnet. Jeder weiteren wirtschaftlichen Tätigkeit, jedem weiteren Betrieb sowie jeder weiteren Betriebstätte des wirtschaftlich Tätigen ordnet das Bundeszentralamt für Steuern auf Anforderung der zuständigen Finanzbehörde fortlaufend ein eigenes Unterscheidungsmerkmal zu. Das Bundeszentralamt für Steuern speichert zu den einzelnen wirtschaftlichen Tätigkeiten, den einzelnen Betrieben sowie den einzelnen Betriebstätten des wirtschaftlich Tätigen die im Gesetz abschließend aufgeführten Daten.

Abhängig davon, ob es sich um eine wirtschaftlich tätige natürliche Person, eine juristische Person oder eine Personenvereinigung handelt, ergibt sich ein unterschiedlicher Umfang an zu speichernden Daten. 

Durch die Speicherung von verbundenen Unternehmen, die zu einem wirtschaftlich Tätigen gehörenden, wird es den Finanzbehörden erleichtert, Unternehmensverbünde nachzuvollziehen und daraus die zutreffenden steuerlichen Konsequenzen abzuleiten. Mit dem Personengesellschafts-Modernisierungsgesetz wurde außerdem die Möglichkeit geschaffen, dass sich rechtsfähige Personengesellschaften in das neue Gesellschaftsregister eintragen lassen können.

Hinweis: Die Wirtschafts-Identifikationsnummern werden ab dem 30.09.2024 verschickt.

Quelle:AO | Gesetzliche Regelung | § 139c Abs. 3 – 5 | 25-07-2024

Steuerbescheid: Korrektur nach Außenprüfung

Die Art und Weise, in der ein Steuerpflichtiger, der seinen Gewinn durch Einnahmen-Überschuss-Rechnung ermittelt, seine Aufzeichnungen geführt hat, ist eine Tatsache, die (wenn sie dem Finanzamt nachträglich bekannt werden) zur Korrektur eines bestandskräftigen Einkommensteuerbescheids führen kann.

Praxis-Beispiel:
Der Kläger war als Einzelhändler tätig und ermittelte seinen Gewinn im Wege der Einnahmen-Überschuss-Rechnung. Das Finanzamt veranlagte ihn zunächst ohne Vorbehalt der Nachprüfung. Bei einer späteren Außenprüfung beanstandete das Finanzamt die Aufzeichnungen des Klägers als formell mangelhaft und führte eine Hinzuschätzung durch. Das Finanzamt änderte die bestandskräftigen Einkommensteuerbescheide. Dies sei auch verfahrensrechtlich zulässig, da im Rahmen der Außenprüfung nachträglich steuererhöhende Tatsachen bekannt geworden seien (§ 173 Abs. 1 Nr. 1 AO).

Der BFH hat dies bestätigt, weil § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO eine Änderung bestandskräftiger Steuerbescheide nicht nur dann zulasse, wenn sicher feststeht, dass der Steuerpflichtige Betriebseinnahmen nicht aufgezeichnet hat. Auch die Art und Weise, in der der Steuerpflichtige seine Aufzeichnungen geführt hat, sei eine Tatsache. Dies gelte für Aufzeichnungen über den Wareneingang ebenso wie für sonstige Aufzeichnungen oder die übrige Belegsammlung eines Steuerpflichtigen, der seinen Gewinn durch Einnahmen-Überschuss-Rechnung ermittle, die keine Verpflichtung zur förmlichen Aufzeichnung der Betriebseinnahmen und Betriebsausgaben vorsehe.

Darüber, ob eine Änderung der bestandskräftigen Steuerbescheide zulässig war, konnte der BFH allerdings mangels hinreichender Feststellungen nicht abschließend entscheiden. Die Tatsache, ob und wie der Steuerpflichtige seine Bareinnahmen aufgezeichnet habe, ist rechtserheblich, wenn das Finanzamt bereits im Zeitpunkt der Veranlagung zur Schätzung befugt gewesen wäre und deswegen eine höhere Steuer festgesetzt hätte. Da eine Schätzungsbefugnis des Finanzamts in bestimmten Fällen auch bei (lediglich) formellen Mängeln der Aufzeichnungen über Bareinnahmen besteht, muss das Finanzgericht im zweiten Rechtsgang prüfen, ob die Unterlagen des Klägers Mängel aufwiesen, die zur Hinzuschätzung von Betriebseinnahmen führen.

Quelle:BFH | Urteil | III R 14/22 | 05-05-2024