Vorsteuerabzug aus Verpflegungskosten

Aus den Verpflegungspauschalen kann der Unternehmer keinen Vorsteuerabzug beanspruchen. Es besteht jedoch die Möglichkeit, den Vorsteuerabzug aus den Verpflegungsaufwendungen geltend zu machen, die während der Geschäftsreise tatsächlich entstanden sind.

Voraussetzung: Es muss eine ordnungsgemäße Rechnung vorliegen, in der die Umsatzsteuer gesondert ausgewiesen ist. Außerdem muss der Unternehmer selbst als Leistungsempfänger ausgewiesen sein. Bei einer Personengesellschaft kann nur die Personengesellschaft, nicht aber der Gesellschafter die Vorsteuer abziehen. Deshalb ist Voraussetzung, dass die Personengesellschaft in der Rechnung als Leistungsempfänger bezeichnet ist.

Wichtig: Bei Kleinbetragsrechnungen bis 250 € (brutto) ist die Bezeichnung des Unternehmers nicht erforderlich. Wenn der Unternehmer aufgeführt wird, sollten die Angaben jedoch stimmen.

Praxis-Beispiel:
Ein Unternehmer unternimmt eine 2-tägige Geschäftsreise von Köln nach München. Für die eigene Verpflegung hat der Unternehmer 166,60 € (140 € + 26,60 € Umsatzsteuer) ausgegeben. Die Verpflegungskosten kann er durch verschiedene Kleinbetragsrechnungen nachweisen, die er bar gezahlt hat. Er hat in München für 122 € übernachtet. Das Frühstück ist gesondert ausgewiesen und im Übernachtungspreis mit 15 € enthalten. Die Hotelkosten hat der Unternehmer mit der EC-Karte von seinem Betriebskonto gezahlt. Der Unternehmer kann die folgenden Beträge als Betriebsausgaben geltend machen:

Übernachtungskosten (122 € – 15 € – 7 € USt =) 100,00 €
Verpflegungspauschale von 14 € x 2 = 28,00 €
Insgesamt 128,00 €

Die Vorsteuer darf der Unternehmer aus den tatsächlichen Verpflegungs- und Übernachtungskosten in Anspruch nehmen. Er ermittelt die Vorsteuer wie folgt:

aus der Übernachtungsrechnung ohne Frühstück 7,00 €
aus dem Hotelfrühstück (15 € x 19/119 =)  2,39 €
aus den übrigen tatsächlichen Verpflegungskosten 26,60 €
Vorsteuer insgesamt 35,99 €

Die tatsächlichen Verpflegungskosten sind als „Sonstige eingeschränkt abziehbare Betriebsausgaben (nicht abziehbarer Anteil)“ zu buchen.

Quelle:Umsatzsteuer-Anwendungserlasse | Gesetzliche Regelung | Abschnitt 15.6. Abs. 1 | 27-06-2024

Dinnershow: Höhe der Umsatzsteuer

Eine Dinner-Show ist ein Leistungsbündel aus Unterhaltung und kulinarischer Versorgung der Gäste. Nach der BFH-Rechtsprechung handelt es sich um eine einheitliche, komplexe Leistung, die als Gesamtleistung nicht dem ermäßigten Steuersatz unterliegt. Diese Leistung unterliegt dem Grunde nach insgesamt dem Regelsteuersatz, weil die Menü-Begleitung nicht dem ermäßigten, sondern dem Regelsteuersatz unterliegt. Aber! Infolge des Corona-Steuerhilfegesetzes galt vom 1.7.2020 bis zum 31.12.2023 der ermäßigte Steuersatz auch für die Menü-Begleitung, sodass die komplexe Leistung nunmehr dem ermäßigten Steuersatz unterliegt.

Praxis-Beispiel:
Die Klägerin ist der Auffassung, dass es sich bei der "Dinner-Show", die aus den Bestandteilen "Varieté-Aufführung" und "Menü-Begleitung" besteht, um eine einheitliche, komplexe Leistung handelt. Getränke wurden gesondert in Rechnung gestellt. Da infolge des Corona-Steuerhilfegesetzes für die Menü-Begleitung ebenfalls ein ermäßigter Steuersatz gelte, unterliegt auch die komplexe Gesamtleistung dem ermäßigten Steuersatz. Das Finanzamt hat hingegen den Regelsteuersatz angewendet.

Das Finanzgericht hatte entschieden, dass der ermäßigte Steuersatz im Wege der erweiternden Auslegung insgesamt auf die Leistung "Dinner-Show" anzuwenden ist. Unter Heranziehung des Gleichheitsgrundsatzes liegt eine planwidrige Regelungslücke vor, weil der Steuersatz von 7%

  • sowohl für die Eintrittsberechtigung für Theater, Konzerte und Museen sowie für Theatervorführungen, Konzerte und vergleichbare Darbietungen ausübender Künstler gilt
  • als auch für Restaurant- und Verpflegungsdienstleistungen, mit Ausnahme der Abgabe von Getränken.

Die künstlerischen und artistischen Elemente und das mehrgängige Menü verbinden sich zu einem untrennbaren wirtschaftlichen Vorgang. Eine Aufspaltung ist angesichts der gewünschten Verbindung von Menü und Show ebenso lebensfremd wie die Annahme, das Menü sei eine Nebenleistung zur Show oder die Show Nebenleistung zum Menü. Show und Menü sind aufeinander abgestimmt und greifen in zeitlicher Hinsicht ineinander. Durch die Verflechtung kann die Leistung nur insgesamt in Anspruch genommen werden. Der Besucher will Show und Menü zusammen erleben und genießen. Es geht um die Verbindung beider Elemente.

Ein Ausschluss einer komplexen Leistung von der Anwendung des ermäßigten Steuersatzes stellt zumindest dann einen Wertungswiderspruch zur gesetzlichen Regelung dar, wenn die Restaurant- oder Verpflegungsdienstleistung gleichwertiger Bestandteil der Leistung neben einem weiteren Leistungsbestandteil ist, der seinerseits dem ermäßigten Steuersatz unterliegen würde, wenn dieser den Hauptbestandteil der komplexen Leistung bildete.

Ergebnis: Der BFH hat die Nichtzulassungsbeschwerde des Finanzamts zurückgewiesen, sodass einheitlich der ermäßigte Steuersatz anzuwenden ist.

Quelle:BFH | Beschluss | XI B 3/23 | 28-05-2024

Zuordnung zum umsatzsteuerlichen Unternehmen

Beabsichtigt ein Unternehmer, einen einheitlichen Gegenstand sowohl für unternehmerische als auch für unternehmensfremde Tätigkeiten zu verwenden, hat er ein Zuordnungswahlrecht. Zu den unternehmerischen Tätigkeiten gehören auch steuerfreie Umsätze (z. B. steuerfreie Vermietungsumsätze). Konsequenz ist, dass ein Unternehmer, der einen Gegenstand teilweise zu unternehmerischen und teilweise zu nichtunternehmerischen Zwecken nutzt, den Gegenstand entweder

  • insgesamt seinem umsatzsteuerlichen Unternehmen oder
  • Insgesamt seinem nichtunternehmerischen (privaten) Bereich oder
  • anteilig entsprechend seinem unternehmerischen Nutzungsanteil dem umsatzsteuerlichen Unternehmen zuordnen kann.

Die vollständige oder teilweise Zuordnung des Gegenstands zum Unternehmen erfordert aus diesem Grund eine durch Beweisanzeichen gestützte Zuordnungsentscheidung des Unternehmers. 

Der Unternehmer hat kein Wahlrecht bei Gegenständen, die er ausschließlich (90 % und mehr) für unternehmerische oder nichtunternehmerische Zwecke nutzt. Schafft er einen Gegenstand an, den er teilweise unternehmerisch und teilweise nichtunternehmerisch (z. B. zu eigenen Wohnzwecken) nutzt, darf er diesen insgesamt seinem Unternehmen zuordnen. Voraussetzung ist, dass er den Gegenstand zumindest zu 10% für unternehmerische Zwecke nutzt.

Praxis-Tipp:
Unternehmen können einen Gegenstand insgesamt ihrem umsatzsteuerlichen Unternehmen zuordnen, auch wenn der Vorsteuerabzug für den privat genutzten Teil nicht möglich ist. Diese Zuordnung bringt keine Nachteile mit sich. Vorteil der Zuordnung: Bei einer Nutzungsänderung besteht später die Möglichkeit, innerhalb des Korrekturzeitraums bisher nicht beanspruchte Vorsteuerbeträge nachträglich geltend zu machen. Ohne ausdrückliche Zuordnung entfällt diese Möglichkeit.

Besonderheiten bei der Zuordnung eines Firmenwagens, der auch privat genutzt wird: Ein Pkw kann umsatzsteuerlich dem Unternehmen zugeordnet werden, wenn er zu mindestens 10% unternehmerisch genutzt wird. Maßgebend ist das Verhältnis der unternehmerisch gefahrenen Kilometer zu den Jahreskilometern des Fahrzeugs. Umsatzsteuerlich spielt es keine Rolle, ob der Pkw bei der Einkommensteuer zum Betriebsvermögen oder zum Privatvermögen gehört. Die umsatzsteuerliche Zuordnung zum Unternehmen richtet sich nicht nach den einkommensteuerlichen Merkmalen. Das bedeutet, dass ein Fahrzeug, das der Unternehmer mindestens zu 10% unternehmerisch nutzt, auch dann umsatzsteuerlich dem Unternehmen zugeordnet werden kann, wenn es bei der Einkommensteuer als Privatvermögen behandelt wird.

Praxis-Beispiel:
Ein Unternehmer schafft am 5.2. für 35.700 € (einschließlich 5.700 € Umsatzsteuer) einen Pkw an. Der Unternehmer nutzt den Pkw zu 40% für betriebliche/unternehmerische Zwecke. Der Pkw ist kein notwendiges Betriebsvermögen. Der Unternehmer verzichtet darauf, den Firmenwagen als gewillkürtes Betriebsvermögen auszuweisen. Als Betriebsausgaben macht er entweder die Kilometerpauschale (0,30 € je gefahrenen Kilometer) oder die anteiligen tatsächlichen Kosten für betriebliche Fahrten geltend. Bei der Umsatzsteuer ordnet der Unternehmer den Pkw ebenfalls seinem Privatvermögen zu. Der Vorsteuerabzug scheidet aus. Er darf aber auch in diesem Fall die Vorsteuer aus Kosten geltend machen, die einer unternehmerischen Fahrt unmittelbar zugeordnet werden können, z. B. aus Reparaturkosten aufgrund eines Unfalls bei einer betrieblichen Fahrt.

Alternative 1: Beim selben Sachverhalt wie zuvor ordnet der Unternehmer den Pkw zu 100% seinem umsatzsteuerlichen Unternehmen zu. Er macht die Vorsteuer aus den Anschaffungskosten und den laufenden Kosten zu 100% geltend. Die private Nutzung des Pkw unterliegt der Umsatzsteuer, ebenso der spätere Verkauf des Fahrzeugs.

Alternative 2: Beim selben Sachverhalt wie zuvor ordnet der Unternehmer den Pkw zu 40% seinem umsatzsteuerlichen Unternehmen zu. Er macht die Vorsteuer aus den Anschaffungskosten und den laufenden Kosten zu 40% geltend. Die private Nutzung des Pkw unterliegt nicht der Umsatzsteuer.

Quelle:BMF-Schreiben | Veröffentlichung | III C 2 – S 7300/19/10002 :001 | 16-05-2024

Umsatzsteuerfreie Entnahme eines Gebrauchtfahrzeugs

Wird ein Gebrauchtfahrzeug von einer Privatperson gekauft, darf der Verkäufer keine Umsatzsteuer ausweisen. Ein Vorsteuerabzug ist dann ausgeschlossen. Wird das Gebrauchtfahrzeug von einem Händler gekauft, der bei Verkauf die Differenzbesteuerung anwendet, scheidet der Vorsteuerabzug ebenfalls aus. Der Händler, der die Differenzbesteuerung anwendet, darf die Umsatzsteuer nicht offen ausweisen. Selbst wenn er unzulässigerweise die Umsatzsteuer ausweisen sollte, darf der Käufer die ausgewiesene Umsatzsteuer nicht als Vorsteuer geltend machen.

Auch bei einer Einlage aus dem Privatvermögen kommt ein Vorsteuerabzug nicht in Betracht. Wird das Fahrzeug, bei dem der Vorsteuerabzug nicht möglich war, später verkauft, unterliegt der Verkauf dennoch der Umsatzsteuer. Es besteht allerdings die Möglichkeit, den Pkw, der ohne Vorsteuerabzug erworben bzw. ins Betriebsvermögen eingelegt wurde, privat zu entnehmen und anschließend privat außerhalb des Mehrwertsteuersystems zu veräußern. Für die Entnahme und auch für die anschließende private Veräußerung fällt keine Umsatzsteuer an. Zwischen Entnahme und Veräußerung muss kein größerer Zeitabstand liegen. Die private Veräußerung darf sich unmittelbar an die Entnahme anschließen.

Praxis-Beispiel:
Ein Unternehmer will seinen gebraucht gekauften Firmen-Pkw, den er ohne Vorsteuerabzug erworben hat, veräußern. Der Buchwert beträgt 1 €. Der Zeitwert (Teilwert) des Pkw ist in der Regel der Betrag, den er beim Verkauf erzielen kann. Um die Umsatzsteuer zu vermeiden, die er bei einem Verkauf aus dem Betriebsvermögen zahlen müsste,

  • entnimmt er den Pkw zunächst ins Privatvermögen und
  • veräußert ihn dann privat für 4.200 €.

Die Entnahme ist ohne Umsatzsteuer mit dem Teilwert von 4.200 € zu buchen.

Wichtig! Der Unternehmer muss unbedingt darauf achten, dass die Privatentnahme und die anschließende private Veräußerung ausreichend dokumentiert werden. Der Unternehmer sollte daher für seinen Käufer eine Rechnung ausstellen, aus der hervorgeht, dass er den Pkw als Privatperson veräußert. Umsatzsteuer darf er dann keine ausweisen. Die Zahlung des Kaufpreises sollte außerdem nicht über das betriebliche Konto abgewickelt werden. Zweckmäßig ist außerdem, wenn die Entnahme bereits vor dem Verkauf im Rahmen der laufenden Buchführung und nicht erst beim Jahresabschluss gebucht wird.

Quelle:BFH | Urteil | V R 61/96, EuGH vom 8.3.2001 | 30-01-2002

E-Rechnungen: Verwendung ab 2025

Mit dem Wachstumschancengesetz wurde die Verpflichtung, eine E-Rechnung im Business-to-Business-Bereich (B2B) auszustellen, im Bundesrat verabschiedet. Danach muss jedes Unternehmen im B2B-Bereich ab dem 1.1.2025 in der Lage sein, E-Rechnungen zu erhalten und zu verarbeiten. Damit entfällt der Vorrang von Papierrechnungen, weil jedes Unternehmen im B2B-Bereich E-Rechnungen versenden kann. Unternehmen mit einem Vorjahresumsatz von mehr als 800.000 € sind ab dem 1.1.2027 zum Versand von E-Rechnungen verpflichtet. Ab dem 1.1.2028 müssen dann alle Unternehmen im B2B-Bereich E-Rechnungen versenden. Steuerfreie Lieferungen und Leistungen sowie Kleinbetragsrechnungen bis 250 € und Fahrausweise sind von dieser Verpflichtung ausgenommen.

Die zwingende Verwendung von E-Rechnungen ist Voraussetzung für die geplante Verpflichtung zur transaktionsbezogenen Meldung im Business-to-Business-Bereich. Nur noch eine Rechnung, die in einem strukturierten elektronischen Format ausgestellt, übermittelt und empfangen wird und eine elektronische Verarbeitung ermöglicht (nach den Vorgaben der Richtlinie 2014/55/EU), wird als elektronische Rechnung gelten. Rechnungen, die in einem anderen elektronischen Format oder auf Papier übermittelt werden, fallen unter den neuen Begriff der "sonstigen Rechnung".

Für Kleinbetragsrechnungen und für Fahrausweise können weiterhin alle Arten von Rechnungen verwendet werden. Die Übergangsregelungen wurden nochmals erweitert. Zu einem zwischen dem 1.1.2025 und 31.12.2026 ausgeführten Umsatz kann befristet bis zum 31.12.2026 statt einer E-Rechnung auch eine sonstige Rechnung auf Papier oder in einem anderen elektronischen Format (mit Zustimmung des Empfängers) ausgestellt werden.

Quelle:UStG | Gesetzliche Regelung | § 14 Abs. 1 Satz 2 bis 8, Abs. 2 und 3 UStG, § 27 Abs. 38 UStG, §§ 33, 34 UStDV (Wachstumschancengesetz) | 11-04-2024

Umsatzsteuer: Wahl der Ist-Besteuerung

Unternehmer müssen bei der Umsatzsteuer zwischen Soll- und Ist-Besteuerung unterscheiden.

  • Soll-Besteuerung = Versteuerung der Umsätze nach vereinbarten Entgelten
    Nachteil ist, dass der Unternehmer die Umsatzsteuer an das Finanzamt abführen muss, sobald er diese in Rechnung gestellt hat, auch wenn der Kunde noch nicht gezahlt hat.
  • Ist-Besteuerung = Versteuerung nach vereinnahmten Entgelten
    Vorteil ist, dass der Unternehmer die Umsatzsteuer erst dann an sein Finanzamt zahlt, nachdem seine Rechnungen bezahlt wurden. Er braucht also die Umsatzsteuer nicht vorzufinanzieren.

Das Finanzamt kann einem Unternehmer auf Antrag gestatten, seine Umsätze nach vereinnahmten Entgelten zu versteuern, 

  • wenn sein Gesamtumsatz im vorangegangenen Kalenderjahr nicht mehr als 600.000 € betragen hat oder
  • wenn er von der Verpflichtung, Bücher zu führen und auf Grund jährlicher Bestandsaufnahmen regelmäßig Abschlüsse zu machen, befreit ist (§ 148 AO) oder
  • wenn er Umsätze aus einer Tätigkeit als Angehöriger eines freien Berufs ausführt und seinen Gewinn nicht durch Bilanzierung ermittelt.

Zum umsatzsteuerlichen Unternehmen gehören nicht nur selbständig ausgeübte Tätigkeiten, sondern auch die Vermietung an umsatzsteuerpflichtige Unternehmen, wenn der Vermieter seine Einnahmen freiwillig der Umsatzsteuer unterwirft.

Freiberufler, die ihren Gewinn mit einer Einnahmen-Überschuss-Rechnung ermitteln, dürfen immer (unabhängig von der Höhe ihres Umsatzes) die Ist-Besteuerung wählen. Unternehmer, die gemäß § 148 AO von der Bilanzierung befreit sind, dürfen ebenfalls die Ist-Besteuerung wählen. In allen anderen Fällen kommt es darauf an, wie hoch der Gesamtumsatz im Vorjahr gewesen ist.

Praxis-Beispiel (Ist-Besteuerung bei Bilanzierung):
Die Kunden eines Unternehmers zahlen regelmäßig innerhalb von 1 bis 3 Monaten nach Erhalt der Rechnungen. Obwohl der Unternehmer bilanziert, hat er die Ist-Besteuerung gewählt. Er stellt eine Rechnung über 3.000 € zuzüglich 570 € Umsatzsteuer aus. Bei der Ist-Besteuerung, ist die Umsatzsteuer im Zeitpunkt der Rechnungsstellung noch nicht fällig. Nicht bilanzierende Freiberufler dürfen immer die Ist-Besteuerung beanspruchen.

Die Ist-Besteuerung ist nicht zulässig, wenn der Unternehmer aufgrund seiner Umsätze buchführungspflichtig ist oder freiwillig Bücher führt. Bilanzierungspflicht und die freiwillige Bilanzierung sind nach der BFH-Rechtsprechung gleich zu behandeln. Das heißt, dass Freiberufler, die bilanzieren, ihre Umsätze nach dem Soll-Prinzip versteuern müssen.

Laut Wachstumschancengesetz darf ab 2024 der Vorjahresumsatz den Grenzwert von 800.000 € nicht überschreiten. Hat der Unternehmer im Vorjahr mit seiner unternehmerischen Tätigkeit begonnen, muss er den tatsächlichen Umsatz in einen Jahresumsatz hochrechnen. Bei der Umsatzsteuer ist ein Unternehmer mit allen Tätigkeiten, die er ausübt, nur einmal Unternehmer. Anders als bei der Einkommensteuer kann das umsatzsteuerliche Unternehmen aus mehreren Betrieben bestehen. Bei der Ermittlung des Gesamtumsatzes sind daher die Umsätze aller Betriebe zusammenzurechnen. Eine Zusammenrechnung erfolgt nicht mit den Betrieben, die die gesetzlichen Voraussetzungen für die Ist-Besteuerung erfüllen.

Genehmigung der Ist-Besteuerung durch das Finanzamt: Der Unternehmer muss sich die Ist-Besteuerung vom Finanzamt genehmigen lassen. Die Genehmigung ist immer erforderlich, auch wenn der Unternehmer ausschließlich freiberufliche Einkünfte erzielt. Der Antrag an das Finanzamt ist weder an eine bestimmte Form und noch an eine Frist gebunden. Der Unternehmer kann seinen Antrag auch durch schlüssiges Verhalten stellen, indem er seine Umsätze – erkennbar für das Finanzamt – nach vereinnahmten Entgelten in der Steuererklärung ausweist.

Quelle:UStG | Gesetzesänderung | § 20 UStG i.d.F. des Wachstumschancengesetzes | 27-03-2024

Umsatzsteuer: Lieferung herrenloser Tiere

Die Lieferung von herrenlosen Tieren, die aus dem Ausland nach Deutschland gebracht worden sind, kann bei einem gemeinnützigen Verein dem ermäßigten Steuersatz von 7% unterliegen, wenn die herrenlosen Tiere und die von gewerblichen Tierhändlern gehandelten Tiere, die dem Regelsteuersatz unterliegen, nicht gleichartig sind und daher kein Wettbewerbskonflikt besteht.

Praxis-Beispiel:
Kläger ist ein als gemeinnützig anerkannter Tierschutzverein. Streitig ist, ob seine als "Vermittlung" bezeichnete Lieferung herrenloser Tiere aus dem Ausland nach Deutschland der Umsatzsteuer unterliegt und welcher Steuersatz ggf. anzuwenden ist. Herrenlose Tiere sind nach der Definition des Deutschen Tierschutzbunds wildgeborene Tiere oder Haustiere, die ausgesetzt oder vom Halter zurückgelassen worden sind und in niemandes Eigentum stehen. 

Der BFH hat ausgeführt, dass die Zwecke des Tierschutzvereins nur durch einen Geschäftsbetrieb erreicht werden konnten, sodass es sich hier um einen Zweckbetrieb handelt (§ 65 Nr. 2 AO). Vor allem die Vereinnahmung einer Schutzgebühr ist unerlässlich, um die in Not geratenen Tiere in gute Hände zu vermitteln (verkaufen). Sie gewährleistet einerseits einen Kostenbeitrag für die entstandenen Ausgaben des Klägers, um die herrenlosen Tiere für eine inländische Vermittlung bereitzuhalten, und dient andererseits dazu, bei der Vermittlung ein Minimum an Verlässlichkeit und Ernsthaftigkeit des Erwerbers zu gewährleisten, was dem Tierwohl dient. Dies wird dadurch bestätigt, dass Tierschutzvereine und Tierheime allgemein Schutzgebühren erheben.

Fazit: Ein Zweckbetrieb dient bereits dann vorrangig der Erzielung von Einnahmen, wenn es sich um den einzigen Tätigkeitsgegenstand des jeweiligen Zweckbetriebs handelt. Somit ist der ermäßigte Steuersatz gemäß § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a UStG auf alle Zweckbetriebe anwendbar. Der ermäßigte Steuersatz darf allerdings nur insoweit angewendet werden, als er zu keiner oder einer nur geringen Gefahr einer Wettbewerbsverzerrung führt. Das heißt, er darf nicht in größerem Umfang in Wettbewerb treten, als es bei Erfüllung der steuerbegünstigten Zwecke unvermeidbar ist. Das ist hier der Fall, weil zwischen herrenlosen Tieren einerseits und von Tierhändlern gehandelten Tieren andererseits aufgrund der vorhandenen tatsächlichen Unterschiede kein Wettbewerb besteht.

Quelle:BFH | Beschluss | XI R 4/20 | 17-10-2023

Differenzbesteuerung: Inzahlungnahme von Gebrauchtfahrzeugen

Im Kfz-Handel werden beim Verkauf von neuen Fahrzeugen häufig Gebrauchtfahrzeuge in Zahlung genommen. Steuerlich liegt ein Tausch mit Baraufgabe vor, wenn ein Kfz-Händler beim Verkauf eines Kfz ein Gebrauchtfahrzeug in Zahlung nimmt und der Käufer in Höhe des Differenzbetrags eine Zuzahlung leistet. Zum Entgelt des Händlers gehört neben der Zuzahlung auch der subjektive (und nicht der gemeine) Wert des Fahrzeugs, das er in Zahlung genommen hat. Das heißt, dass der Ansatz eines "fremdüblichen" Marktpreises nicht zulässig ist. Der subjektive Wert ergibt sich aus dem individuell vereinbarten Verkaufspreis zwischen dem Kraftfahrzeughändler und dem Käufer abzüglich der Zuzahlung, die der Käufer zu leisten hat. Denn das ist der Wert, den der Händler bereit ist, für den Gebrauchtwagen zu zahlen.

Da bei einem Gebrauchtfahrzeug auf den subjektiven Wert und nicht auf einen evtl. davon abweichenden gemeinen Wert abzustellen ist, kann bei der Inzahlungnahme grundsätzlich kein verdeckter Preisnachlass mit steuerlicher Wirkung eintreten. Seit dem 1.1.2022 gilt diese neue Regelung.

Im Rahmen der Differenzbesteuerung ist als Einkaufspreis der subjektive Wert des gebrauchten Gegenstands anzusetzen. Dies ist der Wert, der bei der Ermittlung des Entgelts für den Kauf des neuen Gegenstands tatsächlich zugrunde gelegt wird. Bei der Inzahlungnahme von Gebrauchtfahrzeugen in der Kraftfahrzeugwirtschaft ist nach Abschnitt 10.5 Abs. 4 UStAE zu verfahren. Wenn also ein Händler ein Fahrzeug verkauft, ist als Bemessungsgrundlage für die Umsatzsteuer der Betrag anzusetzen, um den der Verkaufspreis den Einkaufspreis übersteigt. Die Umsatzsteuer, die in dem Unterschiedsbetrag enthalten ist, muss herausgerechnet werden. Nebenkosten, die der Händler nach dem Erwerb des Gegenstands aufgewendet hat, gehören nicht zum Einkaufspreis und mindern daher nicht die Bemessungsgrundlage. Das gilt z. B. für Reparaturkosten, die nicht im Einkaufspreis enthalten sind.

Praxis-Beispiel:
Ein Kfz-Händler verkauft seinem Privatkunden ein neues Fahrzeug für 30.000 € zzgl. 5.700 € Umsatzsteuer. Der Kfz-Händler nimmt den gebrauchten Pkw seines Kunden für 5.000 € in Zahlung. Der Kunde darf als Privatperson keine Umsatzsteuer ausweisen, sodass die Abrechnung wie folgt aussieht:

Lieferung eines neuen Pkw für netto 30.000 €
zuzüglich 19% Umsatzsteuer 5.700 €
Kaufpreis brutto 35.700 €
abzüglich Inzahlungnahme des gebrauchten Pkw für  5.000 €
noch zu zahlen sind 30.700 €
Quelle:Umsatzsteuer-Anwendungserlasse | Gesetzliche Regelung | 10.5 Abs. 4 | 07-03-2024

Umsatzsteuer-Ausweis bei Endverbrauchern

Wer die Mehrwertsteuer in einer Rechnung ausweist, schuldet sie gemäß Art. 203 MwStSystRL. Im Gegensatz dazu unterscheidet die deutsche Regelung in § 14c UStG zwischen verschiedenen Fallkonstellationen. Auf dieser Grundlage hat der BFH mit Urteil vom 13.12.2018 (V R 4/18) entschieden, dass jemand die Umsatzsteuer auch dann schuldet, wenn er eine unzutreffende Rechnung an einen Nichtunternehmer ausstellt. Demgegenüber hat der EuGH mit Urteil vom 8.12.2022 (C-378/21) entschieden, dass ein Steuerpflichtiger, der eine Dienstleistung erbracht und in seiner Rechnung einen Mehrwertsteuerbetrag ausgewiesen hat, der auf der Grundlage eines falschen Steuersatzes berechnet wurde, den zu Unrecht in Rechnung gestellten Teil der Mehrwertsteuer nicht schuldet. Voraussetzung ist, dass keine Gefährdung des Steueraufkommens vorliegt, weil diese Dienstleistung ausschließlich an Endverbraucher erbracht wurde, die nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt sind. Art. 203 der MwStSystRL ist in einem solchen Fall nicht anwendbar. 

Wenn ein Unternehmer eine Leistung (Lieferung oder sonstige Leistung) tatsächlich ausgeführt und hierüber eine Rechnung mit einem unrichtigen Steuerausweis an einen Endverbraucher erstellt hat, entsteht keine Steuer nach § 14c Abs. 1 UStG. Endverbraucher in diesem Sinne sind Nichtunternehmer und Unternehmer, wenn sie Leistungen für ihren privaten Bereich oder für eine nichtwirtschaftliche Tätigkeit beziehen. Dies gilt entsprechend auch für einen unberechtigten Steuerausweis durch Kleinunternehmer. Maßgebend ist somit das EuGH-Urteil. Das BFH-Urteil ist überholt und nicht über den entschiedenen Einzelfall hinaus anzuwenden. 

Soweit nach den Grundsätzen des EuGH-Urteils C-378/21 aufgrund einer Rechnungserteilung an Endverbraucher keine Steuer nach § 14c UStG entstanden ist, bedarf es aus umsatzsteuerlicher Sicht auch keiner Berichtigung des entsprechenden Steuerbetrages.

Quelle:BMF-Schreiben | Veröffentlichung | III C 2 – S 7282/19/10001 :002 | 26-02-2024

Vorsteuerabzug bei Betriebsveranstaltungen: ja oder nein?

Grundsätzlich gilt, dass Sachzuwendungen des Arbeitgebers an den Arbeitnehmer steuerbar sind und somit der Umsatzsteuer unterliegen. Die Zuwendungen sind allerdings nicht steuerbar, wenn sie überwiegend durch das betriebliche Interesse des Arbeitgebers veranlasst sind. Das gilt auch dann, wenn betrieblich veranlasste Maßnahmen auch dem privaten Bedarf des Arbeitnehmers nutzen, diese aber durch die angestrebten betrieblichen Zwecke überlagert werden.

Nach Abschnitt 1.8. Abs. 2 UStAE unterliegen Aufmerksamkeiten des Arbeitgebers, die im gesellschaftlichen Verkehr üblicherweise ausgetauscht werden und zu keiner ins Gewicht fallenden Bereicherung des Arbeitnehmers führen, nicht der Umsatzsteuer. Zu den Aufmerksamkeiten rechnen danach gelegentliche Sachzuwendungen bis zu einem Wert von 60 €, z. B. Blumen, Genussmittel, ein Buch oder ein Tonträger, die dem Arbeitnehmer oder seinen Angehörigen aus Anlass eines besonderen persönlichen Ereignisses zugewendet werden. Gleiches gilt für Getränke und Genussmittel, die der Arbeitgeber den Arbeitnehmern zum Verzehr im Betrieb unentgeltlich überlässt. Hierzu gehören auch Zuwendungen im Rahmen von Betriebsveranstaltungen, soweit sie sich im üblichen Rahmen bewegen. Ob die der Zuwendungen üblich sind, ist zurzeit bis zu einer Höhe von 110 € einschließlich Umsatzsteuer je Arbeitnehmer und Betriebsveranstaltung nicht zu prüfen.

Konsequenz: Bei Zuwendungen im Rahmen von Betriebsveranstaltungen, die sich nicht im üblichen Rahmen bewegen, handelt es sich um nicht steuerbare Leistungen, auch wenn sie überwiegend durch das betriebliche Interesse des Arbeitgebers veranlasst sind. Betrieblich veranlasste Maßnahmen, die auch dem privaten Bedarf der Arbeitnehmer dienen, werden aber durch die angestrebten betrieblichen Zwecke überlagert, sodass es sich um steuerbare Leistungen handelt, die den Vorsteuerabzug ausschießen. Beim Unternehmer selbst ist jedoch auf das gesamte Unternehmen abzustellen. Leistungen, die er für seinen Betrieb in Anspruch nimmt, sind deshalb anders zu beurteilen, sodass bei ihm der Vorsteuerabzug möglich ist.

Praxis-Beispiel:
Ein Unternehmer führt einen eintägigen Betriebsausflug durch. An diesem Betriebsausflug nimmt der Unternehmer teil und seine 4 Arbeitnehmer, zu denen auch seine Ehefrau gehört. Insgesamt sind Aufwendungen von 618 € entstanden, die sich wie folgt zusammensetzen:

Fahrtkosten 196,00 €
Verpflegung und Getränke 328,00 €
andere Nebenkosten 94,00 €
insgesamt 618,00 €

geteilt durch 5 Teilnehmer: 123,60 €

Die Ehefrau des Unternehmers ist Arbeitnehmerin, sodass auf jeden der 4 Arbeitnehmer somit ein Betrag von 123,60 € entfällt. Davon sind (110 € × 4 =) 440 € lohnsteuerfrei. Die Differenz von (13,60 € × 4 =) 54,40 € ist als steuerpflichtiger Arbeitslohn zu versteuern, wobei es sinnvoll sein kann, die pauschale Besteuerung zu wählen. Da der Betrag pro Arbeitnehmer über 110 € liegt, entfällt insoweit der Vorsteuerabzug. Allerding ist der Vorsteuerbetrag abziehbar, der auf den Unternehmer selbst entfällt.

Quelle:Umsatzsteuer-Anwendungserlasse | Veröffentlichung | Abschnitt 1.8. Abs. 2 | 29-02-2024