Umsatzsteuer: Nutzung eines Firmenwagens durch den Arbeitnehmer

Überlässt der Arbeitgeber seinem Arbeitnehmer einen Firmenwagen, den er auch für Privatfahrten und Fahrten zur Arbeitsstätte verwenden kann, liegt insoweit ein umsatzsteuerlicher Leistungsaustausch vor. Die Gegenleistung des Arbeitnehmers für die Fahrzeugüberlassung besteht in der anteiligen Arbeitsleistung, die er seinem Arbeitgeber gegenüber erbringt. Somit liegt ein tausch-ähnlicher Umsatz vor. Bemessungsgrundlage ist der Wert der Arbeitsleistung, der nicht durch Barlohn abgegolten ist. Es handelt sich um eine entgeltliche sonstige Leistung, bei der die anteiligen Gesamtkosten des Fahrzeugs, das dem Arbeitnehmer überlassen wurde, zugrunde zu legen sind (= Schätzung). Es dürfen keine Kosten herausgerechnet werden, bei denen ein Vorsteuerabzug nicht möglich war. Es handelt sich vielmehr um einen Nettowert, auf den die Umsatzsteuer mit 19% hinzugerechnet werden muss. 

Umsatzbesteuerung auf der Grundlage der 1%-Regelung
Aus Vereinfachungsgründen lässt es die Finanzverwaltung zu, dass der Arbeitgeber den pauschalen lohnsteuerlichen Wert auch bei der Umsatzsteuer zugrunde legt. Diesen Wert behandelt er als Bruttowert, aus dem er die Umsatzsteuer herausrechnet. Auch für die Familienheimfahrten des Arbeitnehmers fällt Umsatzsteuer an, die aus Vereinfachungsgründen bei der Umsatzsteuer mit 0,002% des Listenpreises je Entfernungskilometer für jede Fahrt herausgerechnet werden kann. Das gilt selbst dann, wenn kein lohnsteuerlicher Wert nach § 8 Abs. 2 Satz 5 EStG anzusetzen ist.

Praxis-Beispiel:
Ein Arbeitgeber hat seinem Arbeitnehmer, der einen doppelten Haushalt führt, einen Firmenwagen mit einem Bruttolistenpreis von 50.000 € überlassen. Das Fahrzeug nutzt er im gesamten Jahr für Privatfahrten und für Fahrten zur 10 km entfernten ersten Tätigkeitsstätte. Die Umsatzsteuer für die Firmenwagenüberlassung ermittelt der Arbeitgeber wie folgt aus den lohnsteuerlichen Werten:

Privatnutzung: 50.000 € × 1% × 12 Monate = 6.000,00 €
Für Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte:
50.000 € × 0,03% × 10 km × 12 Monate =
1.800,00 €
Der Bruttowert der sonstigen Leistung an den Arbeitnehmer beträgt 7.800,00 €
darin enthaltene Umsatzsteuer (19/119 von 7.800 € =) 1.245,38 €

Umsatzbesteuerung auf der Grundlage der Fahrtenbuchregelung
Wenn der Arbeitnehmer ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch führt, das bei der Lohnabrechnung berücksichtigt wird, dann müssen die so ermittelten Nutzungsverhältnisse auch bei der Umsatzsteuer zugrunde gelegt werden. Die Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte sowie die Familienheimfahrten aus Anlass einer doppelten Haushaltsführung werden umsatzsteuerlich den Privatfahrten des Arbeitnehmers hinzugerechnet. Aus den Gesamtkosten dürfen keine Kosten ausgeschieden werden, bei denen ein Vorsteuerabzug nicht möglich ist.

Praxis-Beispiel:
Ein Unternehmer hat seinem Arbeitnehmer einen Firmenwagen überlassen. Der Arbeitnehmer führt ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch. Danach weist er eine Jahresfahrleistung von 20.000 km aus (100%). An 180 Tagen im Jahr hat er das Fahrzeug für Fahrten zur 10 km entfernten ersten Tätigkeitsstätte benutzt. Das sind 180 Tage × 20 km = 3.600 km (18%). Die Privatfahrten des Arbeitnehmers belaufen sich auf insgesamt 3.400 km (17%). Die gesamten Kraftfahrzeugkosten (Nettoaufwendungen einschließlich Abschreibung) betragen 9.000 €. Davon unterliegen (18% + 17% =) 35% der Umsatzsteuer. Für die umsatzsteuerliche Bemessungsgrundlage ist somit von einem Betrag von 9.000 € × 35% = 3.150 € auszugehen. Als entgeltliche Leistung an den Arbeitnehmer sind 3.150 € zu erfassen. Die Umsatzsteuer beträgt 19% von 3.150 € = 598,50 €. Als Arbeitslohn (Sachbezug) beim Arbeitnehmer ist der Bruttobetrag von (3.150 € + 598,50 € =) 3.748,50 € zu erfassen, für den Lohnsteuer und Sozialversicherungsbeiträge anfallen.

Besonderheiten bei der Ermittlung der Abschreibung
Zur Bemessungsgrundlage gehört, wenn keine pauschalen Werte zugrunde gelegt werden, auch die Abschreibung des Fahrzeugs. Nach dem BMF-Schreiben vom 13.4.2004, IV B 7 – S 7300 – 26/04, sind die Anschaffungskosten über den Korrekturzeitraum des § 15a UStG zu verteilen (bei einem Pkw also über 5 Jahre). Nach Ablauf von 5 Jahren sind die gesamten Anschaffungskosten in die Bemessungsgrundlage eingeflossen und anschließend bei der Bemessung der Umsatzsteuer nicht mehr zu berücksichtigen.

Quelle:BMF-Schreiben | Veröffentlichung | IV B 7 – S 7300 – 26/04 | 12-04-2004

Land- und forstwirtschaftliche Dienstleistungen

Die Finanzverwaltung befasst sich mit dem Entgelt für Ersatzaufforstung sowie mit den über die gesetzlichen Anforderungen hinausgehenden Bedingungen für eine tiergerechte und nachhaltige Fleischerzeugung.

Durchschnittssatzbesteuerung bei land- und forstwirtschaftlichen Betrieben
Die Finanzverwaltung bezieht sich in ihrem Schreiben zunächst auf die BFH-Rechtsprechung. Der BFH hat mit Urteil vom 29.8.2024 (V R 15/23), entschieden, dass Leistungen eines Tierzuchtbetriebs, der gegen Entgelt über gesetzliche Anforderungen hinausgehende Standards für eine tiergerechte und nachhaltige Fleischerzeugung einhält, der Durchschnittssatzbesteuerung nach § 24 Abs. 1 UStG unterliegen. Der BFH stellt klar, dass es für die Anwendung dieser Vorschrift nicht ausnahmslos auf eine unmittelbare land- oder forstwirtschaftliche Verwendung der Leistung durch den Empfänger ankommt. Maßgeblich ist, dass die Leistung allein der Beeinflussung der Produktionsweise des leistenden Unternehmers dient. Eine eigenständige Verwendung durch den Empfänger ist in diesem Fall nicht erforderlich.

Außerdem entschied der BFH mit Urteil vom 19.12.2024 (V R 18/22), dass die Aufforstungsleistung, die ein Forstwirt auf eigenen Flächen gegen Entgelt erbringt und die der Leistungsempfänger vergütet, damit er gegenüber einer Behörde eine Ersatzaufforstung nachweisen kann, nicht der Durchschnittssatzbesteuerung unterliegt.

Die Finanzverwaltung hat den Umsatzsteuer-Anwendungserlass (UStAE) entsprechend angepasst (Abschnitt 24.3). Die Grundsätze des BMF-Schreibens sind auf alle offenen Fälle anzuwenden. Allerdings wird es für die bis zum 30.9.2025 ausgeführten Umsätze – auch für Zwecke des Vorsteuerabzugs – nicht beanstandet, wenn der Leistende und der Leistungsempfänger übereinstimmend die Leistung den allgemeinen Regelungen des Umsatzsteuergesetzes unterwerfen. Doch ansonsten schuldet der Tierzuchtbetrieb den ausgewiesenen Mehrbetrag nach § 14c Abs. 1 UStG. Wird die Nichtbeanstandungsregelung nicht in Anspruch genommen, ist beim Leistungsempfänger ein bereits in Anspruch genommener Vorsteuerabzug in Höhe des unzutreffend ausgewiesenen Mehrbetrags zu berichtigen.

Quelle:BMF-Schreiben | Veröffentlichung | III C 2 – S 7410/00029/042/052 | 29-09-2025

Plastischer Chirurg: Wann keine Umsatzsteuer anfällt

Nach ständiger Rechtsprechung des BFH sind ärztliche Tätigkeiten dann umsatzsteuerfrei, wenn diese Tätigkeiten der Vorbeugung, Diagnose und Behandlung von Patienten dienen und die Behandlung – soweit möglich – dazu dient, Krankheiten oder Gesundheitsstörungen zu heilen. Wenn aber bei ärztlichen Leistungen der Schutz der Gesundheit nicht das Hauptziel ist, kann die Umsatzsteuerbefreiung auf diese Leistung nicht angewendet werden.

Deshalb sind ästhetisch-plastische Leistungen umsatzsteuerpflichtig, soweit kein therapeutisches Ziel im Vordergrund steht. Indiz hierfür kann sein, dass die Kosten regelmäßig nicht durch Krankenversicherungen übernommen werden. Danach steht fest, dass eine anästhesistische Leistung nur dann gem. § 4 Nr. 14 UStG umsatzsteuerfrei ist, wenn sie im Rahmen einer Behandlung erbracht wird, bei der das Hauptziel der Schutz der Gesundheit ist. Dies trifft auf anästhesistische Leistungen bei medizinisch nicht indizierten Schönheitsoperationen nicht zu. Eine Umsatzsteuer-befreiung kommt deshalb z. B. auch nicht für nicht medizinisch indizierte „Ohranlegeoperationen“ in Betracht.

Quelle:UStG | Gesetzliche Regelung | § 4 Nr. 14 Buchst. a | 01-10-2025

Vorsteuer: Sacheinlage in GmbH-Vorgesellschaft

Bei Sachgründung einer Ein-Mann-GmbH durch Einlage eines PKW, der während des Bestehens der Vor-GmbH geliefert wird, steht nach dem Neutralitätsgrundsatz der Vorsteuerabzug aus dem Erwerb des PKW der Gesellschaft zu. Voraussetzung ist, dass der Gründungsgesellschafter selbst nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt ist. Das gilt auch wenn die Rechnung an den Gründungsgesellschafter adressiert ist. Insofern hat umsatzsteuerlich eine personenübergreifende Zurechnung in der Unternehmensgründungsphase zu erfolgen.

Praxis-Beispiel:
Die alleinige Gesellschafterin einer GmbH, die zuvor nicht unternehmerisch tätig war, hatte den Vorsteuerabzug für den Erwerb eines im Rahmen der Sachgründung einer GmbH eingelegten Kraftfahrzeugs beantragt. Im Gesellschaftsvertrag war geregelt, dass sie die Einlage leisten wird, indem sie auf das Stammkapital eine Sacheinlage durch Übereignung des in ihrem Eigentum stehenden Pkw erbringe. Diesen hatte sie zuvor zu einem Kaufpreis von 29.571 € netto zuzüglich 5.618 € Umsatzsteuer erworben. Die Rechnung war namentlich an die Gesellschafterin adressiert. Die GmbH machte den Vorsteuerabzug geltend, was das Finanzamt ablehnte.

Das Finanzgericht hat entschieden, dass in diesem Fall der Gesellschaft nach dem Neutralitätsgrundsatz der Vorsteuerabzug aus dem Erwerb des PKW zusteht, sofern der Gründungsgesellschafter selbst nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt ist. Insofern hat umsatzsteuerlich eine personenübergreifende Zurechnung in der Unternehmensgründungsphase zu erfolgen. Das gilt selbst dann, wenn die Rechnung an den Gründungsgesellschafter adressiert ist.

Hinweis: Das Finanzgericht hat die Revision zugelassen (Az. des BFH: XI R 13/25). Es bleibt abzuwarten, wie der BFH diesem Sachverhalt beurteilen wird. In vergleichbaren Fällen sollte Einspruch eingelegt und eine Aussetzung des Verfahrens bis zur Entscheidung des BFH beantragt werden.

Quelle:Finanzgerichte | Urteil | FG Niedersachsen, 5 K 111/24 | 02-04-2025

PKW: Entnahme aus dem Betriebsvermögen

Wird ein Firmenwagen aus dem Betriebsvermögen privat entnommen, ist zunächst danach zu unterscheiden, ob durch die Entnahme insgesamt ein Buchgewinn oder ein Buchverlust entsteht. Das hängt davon ab, ob der Buchwert höher oder niedriger ist als der Teilwert, der bei der Entnhme angesetzt werden muss. 

Praxis-Beispiel:
Im Betriebsvermögen eines Unternehmers befindet sich ein Pkw mit einem Buchwert von 1 €, den er vor einigen Jahren von einer Privatperson ohne Vorsteuerabzug gekauft hat. Der Unternehmer beabsichtigt, einen neuen Firmenwagen zu erwerben und den alten Pkw zu verkaufen. Eine Privatperson hat dem Unternehmer angeboten, den alten Pkw für 3.000 € zu kaufen. Beim Verkauf des alten Firmenwagens fällt Umsatzsteuer an. Das lässt sich aber vermeiden, wenn der Unternehmer das Fahrzeug vor dem Verkauf zum Teilwert aus dem Betriebsvermögen entnimmt. D.h., der Unternehmer entnimmt den Pkw ohne Umsatzsteuer aus seinem Betriebsvermögen und verkauft ihn anschließend privat außerhalb seines Unternehmens.

Der Unternehmer entnimmt also den Firmen-Pkw aus dem Betriebsvermögen in sein Privatvermögen. Der Buchwert eines Wirtschaftsguts, das aus dem Anlagevermögen ausscheidet, ist als Aufwand zu buchen (hier also mit 1 €). Die Entnahme muss mit dem Teilwert als Einnahme erfasst werden. Der Pkw hat im Zeitpunkt der Entnahme einen Wert von 3.000 €. Da der Unternehmer bei der Anschaffung keine Vorsteuer abziehen konnte, unterliegt die Entnahme nicht der Umsatzsteuer.

Unterschied zwischen Verkauf und Entnahme mit anschließendem Verkauf
Die Entnahme eines Pkws unterliegt nicht der Umsatzsteuer, wenn für den Pkw, der dem umsatzsteuerlichen Unternehmen zugeordnet ist, keine Vorsteuer geltend gemacht wurde, weil

  • der Pkw von einer Privatperson erworben wurde oder
  • von einem Kleinunternehmer erworben wurde oder
  • das Fahrzeug aus dem Privatvermögen eingelegt wurde.

Der Verkauf eines Firmen-Pkws, der ohne Vorsteuerabzug erworben wurde, muss jedoch der Umsatzsteuer unterworfen werden. Dieses unerwünschte Ergebnis lässt sich vermeiden, indem der Firmen-Pkw zunächst umsatzsteuerfrei entnommen wird, um ihn anschließend privat außerhalb des Umsatzsteuersystems zu verkaufen. Nach dem Urteil des Bundesfinanzhofs kann die Veräußerung unmittelbar nach der Entnahme erfolgen. Für die private Veräußerung fällt dann keine Umsatzsteuer an.

Dokumentation ist empfehlenswert: Zu der Frage, wie groß die Zeitspanne zwischen Entnahme und Verkauf sein muss, gibt es keine Rechtsprechung. Bei der vorhergehenden Privatentnahme muss deutlich gemacht und auch deutlich zum Ausdruck gebracht werden, dass der Verkauf privat erfolgt. Das bedeutet, dass

  • kein Firmenpapier (Briefbögen mit Firmenbriefkopf) verwenden werden darf,
  • im Kaufvertrag ausdrücklich darauf hingewiesen wird, dass es sich um einen privaten Verkauf handelt,
  • im Falle einer Überweisung ein privates Bankkonto und nicht das Firmenkonto angegeben wird.

Der Vermerk "steuerfreier Umsatz (Pkw wurde gebraucht von einer Privatperson gekauft)" kann bereits ausreichend sein, um von einer Entnahme mit anschließendem Privatverkauf ausgehen zu können. Zweckmäßig ist es jedoch, über die Entnahme einen schriftlichen Vermerk zu erstellen und die Entnahme zeitnah zu buchen. So sollte z. B. bei einer Entnahme im Januar die Entnahme zusammen mit den anderen Geschäftsvorfällen des Monats Januar gebucht werden.

Praxis-Tipp:
Der Firmen-Pkw kann ohne Umsatzsteuer entnommen und anschließend außerhalb des Mehrwertsteuersystems verkauft werden. Es muss zwischen Entnahme und Veräußerung kein größerer Zeitabstand liegen. Aus dem Urteil des BFH lässt sich ableiten, dass kein Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten anzunehmen ist, wenn Entnahme und privater Verkauf des Pkw am selben Tag erfolgen.

Quelle:EuGH | Urteil | EuGH-Urteil vom 8.3.2001, C-415/98, BFH-Urteil vom 31.1.2002, V R 61/96 | 07-03-2001

Vorsteuervergütung: Rechnungen über Anzahlungen

Das Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) hat einen Antrag auf Vorsteuervergütung insoweit abgelehnt, als diese auf Anzahlungsrechnungen entfielen, die dem Antrag nicht beigefügt worden sind. Allerdings ergaben sich aus den Endrechnungen alle Daten, die in den Abschlagsrechnungen, die vor Ausführung der Leistungen ausgestellt und bezahlt wurden. In den vorgelegten Endrechnungen wurde die auf die Anzahlungsrechnungen entfallende Umsatzsteuer abgezogen.

Praxis-Beispiel:
Die Klägerin mit Sitz und Geschäftsleitung in Österreich, stellte einen Antrag auf Vorsteuervergütung für den Zeitraum Januar bis Dezember 2017 (Vergütungszeitraum), der am 29.06.2018 beim Bundeszentralamt für Steuern einging. Sie begehrte unter anderem die Vergütung von Vorsteuerbeträgen, die in zwei Endrechnungen für Leistungen ausgewiesen waren, die an die Klägerin erbracht wurden. In diesen Endrechnungen wurden jeweils die im Vergütungszeitraum vor Ausführung der Leistungen als Anzahlungen ausgestellten und bezahlten Rechnungen und die hierauf entfallende Umsatzsteuer in Abzug gebracht. Der Antrag der Klägerin auf Vergütung umfasste den Gesamtbetrag der Vorsteuerbeträge aus den Endrechnungen einschließlich der Vorsteuerbeträge aus den Anzahlungsrechnungen. In der Anlage zum Vergütungsantrag wurde nur die enthaltene Einzelaufstellung aus den beiden Endrechnungen aufgeführt. Die Klägerin reichte mit dem Vergütungsantrag lediglich die Endrechnungen, nicht jedoch die Anzahlungsrechnungen beim BZSt ein. Das Finanzamt versagte die Vorsteuervergütung, soweit sie auf die Abschlagsrechnungen entfielen.

Der BFH hat entschieden, dass ein Antrag auf Vorsteuervergütung auch hinsichtlich der auf die Anzahlungsrechnung entfallende Vergütung als vorgelegt gilt, auch wenn der Antrag auf Vorsteuervergütung lediglich Angaben zu der Endrechnung enthält. Das gilt jedenfalls dann, wenn die Endrechnung die in den Anzahlungsrechnungen ausgewiesene Umsatzsteuer in Abzug bringt und die beantragte Vergütung den Gesamtbetrag der Vorsteuerbeträge umfasst.

Quelle:BFH | Urteil | V R 6/23 | 11-12-2024

Wann ein unberechtigter Umsatzsteuerausweis vorliegt

Bei einem Dokument, das trotz der in Bezug genommenen ergänzenden Unterlagen überflüssige und widersprüchliche Angaben enthält, kann beim Empfänger den Anschein erwecken, dass über steuerpflichtige Leistungen abgerechnet wird. Die Gefahr eines unberechtigten Steuerausweises kann dann nicht ausgeschlossen werden, sodass der Aussteller des Dokuments die Umsatzsteuer nach § 14c Abs. 2 UStG schuldet.

Praxis-Beispiel:
Die Klägerin (eine GmbH) führte für pharmazeutische Unternehmen Beobachtungsstudien durch. Diese umfasste die Projektkoordination, das Datenmanagement, die Honorarverwaltung und die Erstellung von Statusberichten. Die Klägerin übersandte ihren Auftraggebern im Rahmen der Honorarverwaltung sogenannte "Abforderungsschreiben" für Honorare, in denen sie jeweils unter Angabe einer fortlaufenden "Abforderungs-Nr.", "Angebots-Nr.", "Bestell-Nr." des jeweiligen Auftraggebers eine Kurzbeschreibung des "Projekts" und eines "Lieferdatums" auswies. Die Umsatzsteuer zur Überweisung der abgeforderten Beträge wurde offen ausgewiesen. Die Klägerin erfasste die von ihren Auftraggebern abgeforderten Geldbeträge als durchlaufende Posten. Im Rahmen einer Außenprüfung gelangte das Finanzamt zu der Auffassung, dass der Steuerausweis in den "Abforderungsschreiben" unberechtigt erfolgt ist und die Klägerin die ausgewiesene Steuer schulde. Das Finanzamt erließ dementsprechende Umsatzsteuer-Änderungsbescheide.

Der BFH stimmte der Entscheidung des Finanzgerichts zu, wonach die "Abforderungsschreiben" die Voraussetzungen für Rechnungen erfüllen, sodass die Klägerin die dort unberechtigt gesondert ausgewiesenen Steuerbeträge nach § 14c Abs. 2 Satz 1 UStG schuldet. Somit kommt Art. 203 MwStSystRL zur Anwendung, wonach die Mehrwertsteuer zu Unrecht in Rechnung gestellt wurde. Somit liegt eine Gefährdung des Steueraufkommens vor, weil der Adressat sein Recht auf Vorsteuerabzug geltend machen kann.

Mit dem überflüssigen Steuerausweis und den damit verbundenen widersprüchlichen Angaben hat die Klägerin das Risiko auf unberechtigten Vorsteuerabzug geschaffen. Bei einem Teil der Empfänger der "Honorarabforderungen" hat sich das Risiko auch realisiert, weil die Klägerin die Fehlvorstellung hervorgerufen hat, dass mit den "Abforderungsschreiben" über steuerpflichtige Leistungen der Ärzte im Rahmen der durchgeführten Studien abgerechnet werde. So entstand die Annahme, dass bereits mit den "Honorarabforderungen" ein Recht auf Vorsteuerabzug ausgeübt werden könne und es nicht erforderlich war, dass die Erteilung der Gutschriften durch die Klägerin abgewartet werden müsse. Ein Teil der Empfänger der "Abforderungsschreiben" hat den Vorsteuerabzug beansprucht, obwohl sie sämtliche ergänzenden Unterlagen kannten, aus denen etwas anderes hätte abgeleitet werden können. Sie haben nicht die Erteilung der Gutschriften an die Ärzte abgewartet, mit denen sie ihr Recht auf Vorsteuerabzug (einzeln für jede Gutschrift) hätten ausüben können.

Fazit: Bei einem Dokument, dass keine Rechnung ist und mit dem nur eine Zahlung angefordert wird, sollte die Umsatzsteuer nie offen ausgewiesen werden. Das gilt insbesondere dann, wenn die Person, die das Dokument ausstellt, nur für die Zahlungsabwicklung zwischengeschaltet ist.

Quelle:BFH | Beschluss | XI R 4/22 | 18-03-2025

Kleinbetragsrechnungen: Besonderheiten

KleinbetragsrechnungenFahrausweise und Rechnungen eines Kleinunternehmers müssen nicht als E-Rechnung verschickt werden, sondern können immer als sonstige Rechnung ausgestellt und übermittelt werden. Verwendet der Rechnungsaussteller in diesen Fällen dennoch eine E-Rechnung, ist dies bei Umsätzen zwischen inländischen Unternehmern ohne Zustimmung des Rechnungsempfängers möglich. Wird für Umsätze, bei denen trotz fehlender Verpflichtung zur Ausstellung (z. B. bei Umsätzen an private Endverbraucher oder bei Umsätzen, die nach § 4 Nr. 8 bis 29 UStG steuerfrei sind) eine Rechnung ausgestellt wird, kann eine E-Rechnung nur bei Zustimmung des Rechnungsempfängers verwendet werden (§ 14 Abs. 1 Satz 5 UStG).

Immer dann, wenn keine Pflicht zur Verwendung einer E-Rechnung besteht, ist die Verwendung einer sonstigen Rechnung in Papierform immer zulässig. Auch in diesen Fällen kann eine E-Rechnung oder eine sonstige Rechnung in einem anderen elektronischen Format verwendet werden, dies bedarf aber der Zustimmung des Rechnungsempfängers. Die Zustimmung bedarf dabei keiner besonderen Form und kann auch konkludent (z. B. durch eine widerspruchslose Annahme) erfolgen. Es muss lediglich Einvernehmen zwischen Rechnungsaussteller und Rechnungsempfänger darüber bestehen, dass die Rechnung elektronisch übermittelt werden soll. Die Zustimmung kann z. B. in Form einer Rahmenvereinbarung (z. B. in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen) erklärt werden. Sie kann auch nachträglich erklärt werden. Es genügt aber auch, dass die Beteiligten diese Verfahrensweise tatsächlich praktizieren und damit stillschweigend billigen.

Ein Unternehmer ist nach § 14 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 UStG bei der Ausführung von Lieferungen oder sonstigen Leistungen an eine juristische Person verpflichtet, eine Rechnung auszustellen, auch wenn und soweit diese nicht Unternehmer ist. Die Rechnung kann auf Papier oder mit Zustimmung des Leistungsempfängers als E-Rechnung oder als sonstige Rechnung in einem anderen elektronischen Format ausgestellt werden. Die Zustimmung bedarf keiner besonderen Form und kann auch konkludent (z. B. durch eine widerspruchslose Annahme) erfolgen. Wird ein Umsatz sowohl für den unternehmerischen als auch für den nichtunternehmerischen Bereich der juristischen Person ausgeführt, geht die Verpflichtung zur Ausstellung einer E-Rechnung vor.

Quelle:BMF-Schreiben | Veröffentlichung | III C 2 – S 7287-a/23/10001 :007 (ENTWURF) | 12-06-2024

Neufahrzeug: Verkauf an Privatkunden in der EU

Verkauft ein Unternehmer ein Neufahrzeug an einen Privatkunden, der in einem anderen EU-Land wohnt, darf er keine Umsatzsteuer berechnen. Es handelt sich um eine umsatzsteuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung, die im anderen EU-Land der Umsatzsteuer zu unterwerfen ist. Neufahrzeuge in diesem Sinne sind z. B. Pkw,

  • die nicht mehr als 6.000 Kilometer zurückgelegt haben oder
  • deren erste Inbetriebnahme im Zeitpunkt der Lieferung nicht mehr als 6 Monate zurückliegt.

Die straßenverkehrsrechtliche Zulassung ist nicht erforderlich. Keine Landfahrzeuge sind dagegen Wohnwagen, Packwagen und andere Anhänger ohne eigenen Motor, die nur von Kraftfahrzeugen mitgeführt werden können, sowie selbstfahrende Arbeitsmaschinen, die nach ihrer Bauart oder ihren besonderen, mit dem Fahrzeug fest verbundenen Einrichtungen nicht zur Beförderung von Personen oder Gütern bestimmt und geeignet sind.

Lieferung an Privatpersonen im EU-Ausland: Veräußert ein inländischer Unternehmer Gegenstände an Privatpersonen, führt er die Lieferung regelmäßig da aus, wo die Lieferung bzw. Versendung beginnt. Das ist in der Regel der Firmensitz des Unternehmers. Bei Lieferungen in ein anderes EU-Land handelt es sich um eine innergemeinschaftliche Lieferung, die steuerfrei ist, wenn der Abnehmer ein Unternehmer mit einer Umsatzsteuer-Identifikationsnummer ist. Ausnahme: Liefert der Unternehmer ein neues Fahrzeug, dann ist der Verkauf in ein anderes EU-Land immer umsatzsteuerfrei, und zwar auch dann, wenn der Kunde keine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer besitzt.

Als erste Inbetriebnahme eines Fahrzeugs ist die erste Nutzung zur Personen- oder Güterbeförderung zu verstehen. Bei Fahrzeugen, die einer Zulassung bedürfen, ist davon auszugehen, dass der Zeitpunkt der Zulassung mit dem Zeitpunkt der ersten Inbetriebnahme identisch ist. 

Die Besteuerung eines neuen Pkw erfolgt immer in dem Land, in dem das Fahrzeug genutzt (zugelassen) wird. Dieses Bestimmungslandprinzip gilt nicht nur für Unternehmer, sondern auch für Privatpersonen. Beim Verkauf und Kauf neuer Pkw werden also auch Privatpersonen verpflichtet, den innergemeinschaftlichen Erwerb zu versteuern. Für die Besteuerung des Pkw-Erwerbs aus einem anderen EU-Land gibt es ein Formular, das zu verwenden ist. Die Meldung hat nach einem amtlich vorgeschriebenen Datensatz zu erfolgen, und zwar für jedes Fahrzeug getrennt. Der Vordruck heißt "Meldung innergemeinschaftlicher Lieferungen neuer Fahrzeuge an Abnehmer ohne Umsatzsteuer-Identifikationsnummer" und ist auf der Internetseite des Bundeszentralamts für Steuern abrufbar. Die Meldung ist elektronisch abzugeben. Das Meldeverfahren soll der Kontrolle dienen. Ohne die Verpflichtung zur Meldung kann die Umsatzbesteuerung im Bestimmungsland nicht sichergestellt werden.

Meldepflicht für Fahrzeuglieferungen: Es ist eine zusammenfassende Meldung abzugeben
Neufahrzeugverkäufe an Abnehmer in einem anderen EU-Land mit Umsatzsteuer-Identifikationsnummer muss der Unternehmer in einer zusammenfassenden Meldung dem Bundeszentralamt für Steuern übermitteln. Neufahrzeugverkäufe an Abnehmer in einem anderen EU-Land ohne Umsatzsteuer-Identifikationsnummer (Privatpersonen) gehören nicht in die zusammenfassende Meldung.

Praxis-Beispiel:
Ein Autohändler in Deutschland verkauft ein Auto an einen Italiener, der kein Unternehmer, sondern eine Privatperson ist. Dieser erwirbt vom deutschen Autohändler für 50.000 € (netto ohne Umsatzsteuer) einen neuen Pkw (Kilometerstand unter 6.000 km). Die erstmalige Inbetriebnahme des Fahrzeugs im Zeitpunkt des Erwerbs liegt nicht mehr als 6 Monate zurück. Bevor der Italiener mit dem Fahrzeug nach Italien fährt, unternimmt er eine Reise durch Europa. Als er die Grenze nach Italien überschreitet, zeigt der Tacho mehr als 6.000 Kilometer an.
Es handelt sich dennoch um den Verkauf eines neuen Fahrzeugs, weil es im Zeitpunkt des Erwerbs die 6.000 km-Grenze nicht überschritten hatte und auch die Inbetriebnahme nicht mehr als 6 Monate seit dem Zeitpunkt des Erwerbs zurücklag. Der deutsche Autohändler muss also nicht kontrollieren, wann und mit welchem Kilometerstand das Fahrzeug im Bestimmungsland eintrifft. Er stellt seine Rechnung ohne Umsatzsteuer aus und meldet den Verkauf an das Bundeszentralamt für Steuern.

Quelle:UStG | Gesetzliche Regelung | § 1b | 14-08-2025

Rechnungen im Zusammenhang mit einem Grundstück

Der Unternehmer ist nach § 14 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 UStG bei Ausführung von steuerpflichtigen Leistungen im Zusammenhang mit einem Grundstück an einen Nichtunternehmer oder Unternehmer für dessen nichtunternehmerischen Bereich verpflichtet, eine Rechnung auszustellen.

Der Begriff der steuerpflichtigen Werklieferungen oder sonstigen Leistungen im Zusammenhang mit einem Grundstück umfasst Bauleistungen und sonstige Leistungen. Zu den Leistungen, bei denen eine Verpflichtung zur Rechnungserteilung besteht, gehören zunächst alle Bauleistungen, bei denen der Leistungsempfänger Steuerschuldner sein kann. Weiter gehören dazu die steuerpflichtigen Werklieferungen oder sonstigen Leistungen, die der Erschließung von Grundstücken oder der Vorbereitung von Bauleistungen dienen.

Quelle:BMF-Schreiben | Veröffentlichung | III C 2 – S 7287-a/23/10001 :007 (ENTWURF) | 14-08-2025