Umsatzsteuer: Keine Befreiung für Kampfsportschulen

Das Finanzgericht des Saarlandes hat entschieden, dass für Umsätze aus dem Betrieb einer privaten Kampfsportschule, die mit Gewinnerzielungsabsicht betrieben wird, keine Umsatzbefreiung infrage kommt.

Praxis-Beispiel:
Das saarländische Wirtschaftsministerium bestätigte der klagenden privaten Kampfsportschule für die  Jahre 2016 und 2017, dass sie berufsbildende Maßnahmen ordnungsgemäß durchführe. Hierin wurde bestätigt, dass sie unter anderem berufliche Fortbildungen anbiete (für Polizei, Sicherheitspersonal, Pflegepersonal, pädagogisches Personal). Die Klägerin machte daher geltend, dass ihre Umsätze nach § 4 Nr. 21 Buchst. a) Doppelbuchst. bb) UStG bzw. nach Art. 132 Abs. 1 Buchst. i MwStSystRL (mit Verweis auf BFH, Urteil v. 28.5.2013, XI R 35/11) steuerfrei seien. Das Finanzamt behandelte die Umsätze der Klägerin jedoch als steuerpflichtig.

Das Finanzgericht entschied trotz der vorliegenden Bescheinigung der zuständigen Landesbehörde, dass es sich bei deren Unterricht nicht um eine unmittelbar dem Schul- und Bildungszweck dienende Leistung im Sinne von § 4 Nr. 21 Buchst. a) UStG handelt. Entscheidend ist insoweit, dass der Kampfsportunterricht nicht der für den Schul- und Hochschulunterricht kennzeichnenden Vermittlung, Vertiefung und Entwicklung von Kenntnissen und Fähigkeiten in Bezug auf ein breites und vielfältiges Spektrum von Stoffen gleichkommt.

Die Steuerbefreiung nach Art. 132 Abs. 1 Buchst. i MwStSystRL greift nicht 

  • ohne Nachweis, in welchem Umfang Umsätze aus Kursen herrühren, deren Kursteilnehmer diese für eine spätere Berufstätigkeit nutzen oder dies anstreben.
  • Schädlich ist auch die Gewinnerzielungsabsicht der Kampfsportschule. Die Steuerfreiheit nach § 4 Nr. 23 UStG (Erziehung von Kindern und Jugendlichen) setzt den Nachweis voraus, dass die Kampfsportschule z. B. tatsächlich bei schwer erziehbaren Jugendlichen eine Aggressionskanalisation sowie Gewaltbeherrschung gelehrt hat.

Hinweis: Nach Auffassung des Finanzgerichts sind die Umsätze der Kampfsportschule nicht steuerfrei, weil sie nicht unmittelbar dem Schul- und Bildungszweck dienenden. Die Leistungen privater Schulen und anderer allgemeinbildender oder berufsbildender Einrichtungen sind nur dann steuerfrei, wenn die zuständige Landesbehörde bescheinigt, dass sie auf einen Beruf oder eine vor einer juristischen Person des öffentlichen Rechts abzulegende Prüfung ordnungsgemäß vorbereiten. Die durch die zuständige Landesbehörde erteilte Bescheinigung bindet als Grundlagenbescheid im Sinne von § 171 Abs. 10 AO das Finanzamt und das Finanzgericht hinsichtlich der Frage, ob die in Rede stehende Einrichtung als solche auf einen Beruf oder eine vor einer juristischen Person des öffentlichen Rechts abzulegende Prüfung ordnungsgemäß vorbereitet. Die Beurteilung der übrigen Voraussetzungen für eine Befreiung nach § 4 Nr. 21 Buchst. a) Doppelbuchst. bb) UStG obliegt aber der Finanzverwaltung bzw. dem Finanzgericht.

Beurteilung der Leistungen
Zwar lagen im Streitfall für die Streitjahre Bescheinigungen der zuständigen Landesbehörde vor, wonach die Klägerin auf einen Beruf vorbereite. Jedoch handelt es sich bei dem von der Klägerin erteilten Unterricht nicht um eine unmittelbar dem Schul- und Bildungszweck dienende Leistung privater Schulen und anderer allgemeinbildender oder berufsbildender Einrichtungen. Für das Finanzgericht war nicht erkennbar, ob und ggf. in welchem Umfang die Klägerin Kurse für schulische Einrichtungen oder Universitäten durchgeführt hat. Unabhängig davon fehlt es bei einer Kampfsportschule an der Vermittlung, Vertiefung und Entwicklung von Kenntnissen und Fähigkeiten in Bezug auf ein breites und vielfältiges Spektrum von Stoffen (vgl. auch Niedersächsisches FG, Urteil v. 20.2.2020, 11 K 170/19). Das Kursangebot ist vielmehr auf die Vermittlung von Spezialkenntnissen ausgelegt. Zwar sind neben dem Schul- und Hochschulunterricht auch die Aus- und Fortbildung sowie die berufliche Umschulung steuerfrei. Jedoch hat im Streitfall die Klägerin nicht dargelegt, in welchem Umfang in den Streitjahren Umsätze aus Kursen herrührten, deren Kursteilnehmer diese für eine spätere Berufstätigkeit nutzten oder dies anstrebten.

Auch waren die von der Klägerin behaupteten beruflichen Fortbildungsmöglichkeiten etwa für Polizei, Sicherheitspersonal, Pflegepersonal etc. nicht nachgewiesen. Nach Art. 133 MwStSystRL können die Mitgliedstaaten die Gewährung der Befreiungen nach Art. 132 Abs. 1 Buchst. i) MwStSystRL für Einrichtungen, die keine Einrichtungen des öffentlichen Rechts sind, im Einzelfall davon abhängig machen, dass die betreffenden Einrichtungen keine systematische Gewinnerzielung anstreben dürfen. Dies ist jedoch im Streitfall nicht ersichtlich.

Nach dem BFH-Urteil vom 28.5.2013, XI R 35/11, könnte eine Kampfsportschule steuerfrei sein. In der Folgeentscheidung zum EuGH, Urteil v. 14.3.2019, C-449/17 (A & G Fahrschul-Akademie) schloss sich der BFH allerdings der geänderten strengeren EuGH-Rechtsauffassung an (BFH Urteil vom 23.05.2019 – V R 7/191210 und BFH Urteil vom 16.12.2021 – V R 31/21).

Wann Leistungen steuerfrei sind
Die Steuerfreiheit (§ 4 Nr. 22 Buchst. a) UStG) gilt nur für juristische Personen des öffentlichen Rechts, Verwaltungs- und Wirtschaftsakademien, Volkshochschulen oder Einrichtungen, die gemeinnützigen Zwecken oder dem Zweck eines Berufsverbandes dienen. Dies ist bei der privaten Kampfsportschule in Form einer GbR nicht gegeben. Hinsichtlich der Befreiung des § 4 Nr. 23 Buchst. a) UStG fehlt der Nachweis, dass sie tatsächlich bei schwer erziehbaren Jugendlichen Aggressionskanalisation sowie Gewaltbeherrschung gelehrt hat.

Quelle:Finanzgerichte | Urteil | FG Saarland, 2 K 1180/20 | 23-10-2024

Umsatzsteuer: Keine Befreiung eines privaten Krankenhauses

Der Bundesfinanzhof hat entschieden, dass die von einem privaten Krankenhaus erbrachten Krankenhausleistungen nicht gemäß Artikel 132 Absatz 1 Buchstabe b MwStSystRL von der Umsatzsteuer befreit sind. Grund dafür ist, dass die Leistungen nicht unter Bedingungen erbracht wurden, die sozial mit denen öffentlicher Krankenhäuser vergleichbar sind. Das private Krankenhaus erfüllt nicht die wirtschaftlichen und sozialen Voraussetzungen, die für eine Steuerbefreiung erforderlich sind, obwohl es andere betriebliche Standards wie fachliche und räumliche Eignung sowie ISO-Zertifizierung erfüllte.

Das Gericht betonte insbesondere, dass die wirtschaftlichen Bedingungen unzureichend waren. Die deutlich höheren Patientenkosten, ein erhöhter Basiswert pro Behandlung und das Fehlen öffentlicher Investitionszuschüsse rechtfertigten keine Steuerbefreiung. Außerdem, obwohl ein Teil der Kosten von privaten Versicherungen übernommen wurde, trug dies nicht ausreichend zur sozialen Vergleichbarkeit bei. Übermäßige Einrichtungen und höhere Preise, die über die sozialen Mindeststandards hinausgehen, minderten die Vergleichbarkeit sozialer Bedingungen mit öffentlichen Krankenhäusern.

Fazit: Das Urteil bestätigt die bisherige Rechtsprechung, wonach die Steuerbefreiung den Zugang zu medizinischer Versorgung erschwinglich halten soll, sodass die finanzielle Belastung für die Patienten nicht zu hoch ausfallen darf. Die Revision der Klägerin wurde daher abgewiesen.

Quelle:BFH | Urteil | XI R 36/23 | 07-07-2025

Landwirtschaft: Steuerentlastung beim Agrardiesel

Zur Sicherstellung der Wettbewerbsfähigkeit der Landwirtschaft in Deutschland wird die Steuerentlastung auf Kraftstoff für Betriebe der Land- und Forstwirtschaft („Agrardiesel“) ab dem 1.1.2026 vollständig wiedereingeführt. Diese Gesetzesänderung des Energiesteuergesetzes (§ 57) ist im Artikel 6 des Gesetzes zur Aufhebung der Freizone Cuxhaven geregelt.

Zur Vermeidung einer Bevorzugung fossiler Gasöle, wird die Steuerentlastung für Betriebe der Land- und Forstwirtschaft auch auf die dem Gasöl gleichgestellten Energieerzeugnisse (z. B. HVO – Hydrierte Pflanzenöle) erweitert.

Artikel 7 enthält die Änderung der Energiesteuer-Durchführungsverordnung (§ 103). Die Verfahrensregelungen der Energiesteuer-Durchführungsverordnung wurden redaktionell überarbeitet und in der bisherigen Systematik wieder eingeführt.

Quelle:Sonstige | Gesetzesänderung | Gesetz zur Aufhebung der Freizone Cuxhaven, Drucksache 473/25- 40 | 13-11-2025

Kleinunternehmer: Vorsteuerabzug vor und nach einem Wechsel

Beim Vorsteuerabzug aus einer Leistung vor dem Übergang des Unternehmers zur Regelbesteuerung bzw. zur Kleinunternehmerregelung ist Folgendes zu beachten:

Übergang von der Steuerbefreiung zur allgemeinen Besteuerung
Hat ein Unternehmer, der von der Steuerbefreiung nach der Kleinunternehmerregelung zur allgemeinen Besteuerung übergeht, bereits vor dem Übergang 

  • Leistungen bezogen, die er erst nach dem Übergang zur Ausführung von dann zum Vorsteuerabzug berechtigenden Umsätzen zu verwenden beabsichtigt,
  • ist der Vorsteuerabzug dennoch für Zeiträume vor dem Übergang zur Regelbesteuerung nach § 15 Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 oder 3 UStG ausgeschlossen. 

Dies gilt auch, wenn der Übergang – z. B. wegen des Überschreitens der Grenzen in § 19 Abs. 1 UStG – bereits wahrscheinlich, aber noch nicht tatsächlich erfolgt ist. Dies betrifft auch den Vorsteuerabzug aus Voraus- und Anzahlungsrechnungen. Der tatsächliche Übergang zur Regelbesteuerung stellt dann eine Änderung der Verhältnisse dar, weshalb für die entsprechenden Vorsteuerbeträge nur unter den Voraussetzungen des § 15a UStG und unter Beachtung der Bagatellgrenzen des § 44 UStDV eine Vorsteuerberichtigung zu Gunsten des Unternehmers möglich ist. 

Übergang von der allgemeinen Besteuerung zur Steuerbefreiung
Der Übergang von der Regel- zur Kleinunternehmerbesteuerung stellt eine Änderung der Verhältnisse dar, weshalb ein zuvor vorgenommener Vorsteuerabzug nach dem Übergang unter den Voraussetzungen des § 15a UStG und unter Beachtung der Bagatellgrenzen des § 44 UStDV zu Lasten des Unternehmers zu berichtigen ist. Eine Berichtigung des Vorsteuerabzugs entfällt, wenn die auf die Anschaffungs- oder Herstellungskosten eines Wirtschaftsguts entfallende Vorsteuer 1.000 € nicht übersteigt.

Übergangsregelung: Die Grundsätze des BMF-Schreibens sind auf alle offenen Fälle anzuwenden. Es wird jedoch nicht beanstandet, wenn sich ein Unternehmer in einer bis zum 10.11.2025 abgegebenen Umsatzsteuererklärung auf die bis zum 10.11.2025 gültige Fassung von Abschnitt 15.3 Abs. 2 UStAE beruft. In diesen Fällen sind ggf. in einer Umsatzsteuererklärung für ein späteres Kalenderjahr die Vorsteuern entsprechend zu berücksichtigen.

Quelle:BMF-Schreiben | Veröffentlichung | III C 2 – S 7300/00080/004/019 | 09-11-2025

Umsatzsteuerfreie Vorträge und Kurse

Vorträge, Kurse und andere Veranstaltungen wissenschaftlicher oder belehrender Art sind nach § 4 Nr. 22 Buchstabe a UStG von der Umsatzsteuer befreit. Das gilt, wenn sie von juristischen Personen des öffentlichen Rechts, von Verwaltungs- und Wirtschaftsakademien, von Volkshochschulen oder von Einrichtungen, die gemeinnützigen Zwecken oder dem Zweck eines Berufsverbandes dienen, durchgeführt werden und die Einnahmen überwiegend zur Deckung der Kosten verwendet werden.

Eine Veranstaltung ist somit begünstigt, wenn die Kriterien der folgenden drei Bereiche insgesamt erfüllt sind. Es spielt allerdings keine Rolle, wenn die einzelnen Kriterien nicht gleichermaßen ausgeprägt sind.

1. Kriterium: Inhalt der Veranstaltung 

  • Das Thema ist bildungsrelevant (z. B. Sprachen, Politik, Gesellschaft, Gesundheit, Kultur). 
  • Die Inhalte könnten auch in schulischen, akademischen oder beruflichen Kontexten vermittelt werden.
  • Der Veranstaltung liegt ein pädagogisch-didaktisches Konzept zugrunde. Dazu gehören:
    • Planung der Lerninhalte: Es gibt eine strukturierte Veranstaltungsplanung mit definierten Inhalten,
    • Bestimmung der Lernziele: Die Veranstaltung verfolgt erkennbare und klar definierte Lernziele insbesondere entlang der Vorgaben der Bildungsgesetze des Bundes und der Länder und den dazugehörigen Regelungen,
    • Berücksichtigung der Zielgruppe: z. B. bei heterogenem Vorwissen der Teilnehmenden evtl. binnendifferenzierte Lerneinheiten,
    • Festlegung der Rahmenbedingungen: z. B. rechtliche, räumliche, zeitliche Vorgaben, und
    • Auswahl geeigneter Methoden und Medien: z. B. die Wahl der den Lernzielen dienlichen Sozial- und Veranstaltungsform.

2. Kriterium: Zielsetzung der Veranstaltung 

  • Der Schwerpunkt der Veranstaltung liegt auf einer Wissens- und Kompetenzvermittlung, z. B. bei einem Sprachkurs, und initiiert hierbei einen Lernprozess.
  • Die Veranstaltung bietet nicht lediglich eine Freizeitgestaltung an. Ein organisatorischer Rahmen für das Ausüben einer Freizeitaktivität, wie z. B. animierte Tanzabende, eine bloße Produktherstellung (u.a. das Töpfern einer Vase, die Fertigung eines Adventskranzes) sowie das bloße Ausüben einer Tätigkeit (u.a. Kochen, Kalligraphieren) reicht nicht aus.
  • Bei einer Veranstaltung darf nicht lediglich die Möglichkeit im Vordergrund stehen, gemeinsam mit anderem Sport zu treiben.
  • Sporttraining, Sportkurse und Sportlehrgänge können aber als sportliche Veranstaltungen – wie auch kulturelle Veranstaltungen, z. B. gemeinsames Singen und Musizieren unter den Voraussetzungen des § 4 Nr. 22 Buchstabe b UStG steuerfrei sein. 

3. Kriterium: Objektive Eignung der Lehrkraft

Die Lehrkraft muss über fachliche und pädagogische Qualifikationen verfügen. Diese können durch ein Studium, eine Ausbildung, einen Berufsabschluss sowie durch nachweisbar langjährige Erfahrung, persönliches Engagement oder spezifische Lebenserfahrungen erworben worden sein. Veranstaltungen, die nach Bildungsfreistellungsgesetzen oder ähnlichen Gesetzen der Länder anerkannt bzw. nach dem Fernunterrichtsschutzgesetz zugelassen sind, sind Veranstaltungen wissenschaftlicher oder belehrender Art nach § 4 Nr. 22 Buchstabe a UStG und damit steuerfrei.

Quelle:BMF-Schreiben | Veröffentlichung | III C 3 – S 7180/00032/001/065 | 23-10-2025

Umsatzsteuer: Nutzung eines Firmenwagens durch den Arbeitnehmer

Überlässt der Arbeitgeber seinem Arbeitnehmer einen Firmenwagen, den er auch für Privatfahrten und Fahrten zur Arbeitsstätte verwenden kann, liegt insoweit ein umsatzsteuerlicher Leistungsaustausch vor. Die Gegenleistung des Arbeitnehmers für die Fahrzeugüberlassung besteht in der anteiligen Arbeitsleistung, die er seinem Arbeitgeber gegenüber erbringt. Somit liegt ein tausch-ähnlicher Umsatz vor. Bemessungsgrundlage ist der Wert der Arbeitsleistung, der nicht durch Barlohn abgegolten ist. Es handelt sich um eine entgeltliche sonstige Leistung, bei der die anteiligen Gesamtkosten des Fahrzeugs, das dem Arbeitnehmer überlassen wurde, zugrunde zu legen sind (= Schätzung). Es dürfen keine Kosten herausgerechnet werden, bei denen ein Vorsteuerabzug nicht möglich war. Es handelt sich vielmehr um einen Nettowert, auf den die Umsatzsteuer mit 19% hinzugerechnet werden muss. 

Umsatzbesteuerung auf der Grundlage der 1%-Regelung
Aus Vereinfachungsgründen lässt es die Finanzverwaltung zu, dass der Arbeitgeber den pauschalen lohnsteuerlichen Wert auch bei der Umsatzsteuer zugrunde legt. Diesen Wert behandelt er als Bruttowert, aus dem er die Umsatzsteuer herausrechnet. Auch für die Familienheimfahrten des Arbeitnehmers fällt Umsatzsteuer an, die aus Vereinfachungsgründen bei der Umsatzsteuer mit 0,002% des Listenpreises je Entfernungskilometer für jede Fahrt herausgerechnet werden kann. Das gilt selbst dann, wenn kein lohnsteuerlicher Wert nach § 8 Abs. 2 Satz 5 EStG anzusetzen ist.

Praxis-Beispiel:
Ein Arbeitgeber hat seinem Arbeitnehmer, der einen doppelten Haushalt führt, einen Firmenwagen mit einem Bruttolistenpreis von 50.000 € überlassen. Das Fahrzeug nutzt er im gesamten Jahr für Privatfahrten und für Fahrten zur 10 km entfernten ersten Tätigkeitsstätte. Die Umsatzsteuer für die Firmenwagenüberlassung ermittelt der Arbeitgeber wie folgt aus den lohnsteuerlichen Werten:

Privatnutzung: 50.000 € × 1% × 12 Monate = 6.000,00 €
Für Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte:
50.000 € × 0,03% × 10 km × 12 Monate =
1.800,00 €
Der Bruttowert der sonstigen Leistung an den Arbeitnehmer beträgt 7.800,00 €
darin enthaltene Umsatzsteuer (19/119 von 7.800 € =) 1.245,38 €

Umsatzbesteuerung auf der Grundlage der Fahrtenbuchregelung
Wenn der Arbeitnehmer ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch führt, das bei der Lohnabrechnung berücksichtigt wird, dann müssen die so ermittelten Nutzungsverhältnisse auch bei der Umsatzsteuer zugrunde gelegt werden. Die Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte sowie die Familienheimfahrten aus Anlass einer doppelten Haushaltsführung werden umsatzsteuerlich den Privatfahrten des Arbeitnehmers hinzugerechnet. Aus den Gesamtkosten dürfen keine Kosten ausgeschieden werden, bei denen ein Vorsteuerabzug nicht möglich ist.

Praxis-Beispiel:
Ein Unternehmer hat seinem Arbeitnehmer einen Firmenwagen überlassen. Der Arbeitnehmer führt ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch. Danach weist er eine Jahresfahrleistung von 20.000 km aus (100%). An 180 Tagen im Jahr hat er das Fahrzeug für Fahrten zur 10 km entfernten ersten Tätigkeitsstätte benutzt. Das sind 180 Tage × 20 km = 3.600 km (18%). Die Privatfahrten des Arbeitnehmers belaufen sich auf insgesamt 3.400 km (17%). Die gesamten Kraftfahrzeugkosten (Nettoaufwendungen einschließlich Abschreibung) betragen 9.000 €. Davon unterliegen (18% + 17% =) 35% der Umsatzsteuer. Für die umsatzsteuerliche Bemessungsgrundlage ist somit von einem Betrag von 9.000 € × 35% = 3.150 € auszugehen. Als entgeltliche Leistung an den Arbeitnehmer sind 3.150 € zu erfassen. Die Umsatzsteuer beträgt 19% von 3.150 € = 598,50 €. Als Arbeitslohn (Sachbezug) beim Arbeitnehmer ist der Bruttobetrag von (3.150 € + 598,50 € =) 3.748,50 € zu erfassen, für den Lohnsteuer und Sozialversicherungsbeiträge anfallen.

Besonderheiten bei der Ermittlung der Abschreibung
Zur Bemessungsgrundlage gehört, wenn keine pauschalen Werte zugrunde gelegt werden, auch die Abschreibung des Fahrzeugs. Nach dem BMF-Schreiben vom 13.4.2004, IV B 7 – S 7300 – 26/04, sind die Anschaffungskosten über den Korrekturzeitraum des § 15a UStG zu verteilen (bei einem Pkw also über 5 Jahre). Nach Ablauf von 5 Jahren sind die gesamten Anschaffungskosten in die Bemessungsgrundlage eingeflossen und anschließend bei der Bemessung der Umsatzsteuer nicht mehr zu berücksichtigen.

Quelle:BMF-Schreiben | Veröffentlichung | IV B 7 – S 7300 – 26/04 | 12-04-2004

Land- und forstwirtschaftliche Dienstleistungen

Die Finanzverwaltung befasst sich mit dem Entgelt für Ersatzaufforstung sowie mit den über die gesetzlichen Anforderungen hinausgehenden Bedingungen für eine tiergerechte und nachhaltige Fleischerzeugung.

Durchschnittssatzbesteuerung bei land- und forstwirtschaftlichen Betrieben
Die Finanzverwaltung bezieht sich in ihrem Schreiben zunächst auf die BFH-Rechtsprechung. Der BFH hat mit Urteil vom 29.8.2024 (V R 15/23), entschieden, dass Leistungen eines Tierzuchtbetriebs, der gegen Entgelt über gesetzliche Anforderungen hinausgehende Standards für eine tiergerechte und nachhaltige Fleischerzeugung einhält, der Durchschnittssatzbesteuerung nach § 24 Abs. 1 UStG unterliegen. Der BFH stellt klar, dass es für die Anwendung dieser Vorschrift nicht ausnahmslos auf eine unmittelbare land- oder forstwirtschaftliche Verwendung der Leistung durch den Empfänger ankommt. Maßgeblich ist, dass die Leistung allein der Beeinflussung der Produktionsweise des leistenden Unternehmers dient. Eine eigenständige Verwendung durch den Empfänger ist in diesem Fall nicht erforderlich.

Außerdem entschied der BFH mit Urteil vom 19.12.2024 (V R 18/22), dass die Aufforstungsleistung, die ein Forstwirt auf eigenen Flächen gegen Entgelt erbringt und die der Leistungsempfänger vergütet, damit er gegenüber einer Behörde eine Ersatzaufforstung nachweisen kann, nicht der Durchschnittssatzbesteuerung unterliegt.

Die Finanzverwaltung hat den Umsatzsteuer-Anwendungserlass (UStAE) entsprechend angepasst (Abschnitt 24.3). Die Grundsätze des BMF-Schreibens sind auf alle offenen Fälle anzuwenden. Allerdings wird es für die bis zum 30.9.2025 ausgeführten Umsätze – auch für Zwecke des Vorsteuerabzugs – nicht beanstandet, wenn der Leistende und der Leistungsempfänger übereinstimmend die Leistung den allgemeinen Regelungen des Umsatzsteuergesetzes unterwerfen. Doch ansonsten schuldet der Tierzuchtbetrieb den ausgewiesenen Mehrbetrag nach § 14c Abs. 1 UStG. Wird die Nichtbeanstandungsregelung nicht in Anspruch genommen, ist beim Leistungsempfänger ein bereits in Anspruch genommener Vorsteuerabzug in Höhe des unzutreffend ausgewiesenen Mehrbetrags zu berichtigen.

Quelle:BMF-Schreiben | Veröffentlichung | III C 2 – S 7410/00029/042/052 | 29-09-2025

Plastischer Chirurg: Wann keine Umsatzsteuer anfällt

Nach ständiger Rechtsprechung des BFH sind ärztliche Tätigkeiten dann umsatzsteuerfrei, wenn diese Tätigkeiten der Vorbeugung, Diagnose und Behandlung von Patienten dienen und die Behandlung – soweit möglich – dazu dient, Krankheiten oder Gesundheitsstörungen zu heilen. Wenn aber bei ärztlichen Leistungen der Schutz der Gesundheit nicht das Hauptziel ist, kann die Umsatzsteuerbefreiung auf diese Leistung nicht angewendet werden.

Deshalb sind ästhetisch-plastische Leistungen umsatzsteuerpflichtig, soweit kein therapeutisches Ziel im Vordergrund steht. Indiz hierfür kann sein, dass die Kosten regelmäßig nicht durch Krankenversicherungen übernommen werden. Danach steht fest, dass eine anästhesistische Leistung nur dann gem. § 4 Nr. 14 UStG umsatzsteuerfrei ist, wenn sie im Rahmen einer Behandlung erbracht wird, bei der das Hauptziel der Schutz der Gesundheit ist. Dies trifft auf anästhesistische Leistungen bei medizinisch nicht indizierten Schönheitsoperationen nicht zu. Eine Umsatzsteuer-befreiung kommt deshalb z. B. auch nicht für nicht medizinisch indizierte „Ohranlegeoperationen“ in Betracht.

Quelle:UStG | Gesetzliche Regelung | § 4 Nr. 14 Buchst. a | 01-10-2025

Vorsteuer: Sacheinlage in GmbH-Vorgesellschaft

Bei Sachgründung einer Ein-Mann-GmbH durch Einlage eines PKW, der während des Bestehens der Vor-GmbH geliefert wird, steht nach dem Neutralitätsgrundsatz der Vorsteuerabzug aus dem Erwerb des PKW der Gesellschaft zu. Voraussetzung ist, dass der Gründungsgesellschafter selbst nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt ist. Das gilt auch wenn die Rechnung an den Gründungsgesellschafter adressiert ist. Insofern hat umsatzsteuerlich eine personenübergreifende Zurechnung in der Unternehmensgründungsphase zu erfolgen.

Praxis-Beispiel:
Die alleinige Gesellschafterin einer GmbH, die zuvor nicht unternehmerisch tätig war, hatte den Vorsteuerabzug für den Erwerb eines im Rahmen der Sachgründung einer GmbH eingelegten Kraftfahrzeugs beantragt. Im Gesellschaftsvertrag war geregelt, dass sie die Einlage leisten wird, indem sie auf das Stammkapital eine Sacheinlage durch Übereignung des in ihrem Eigentum stehenden Pkw erbringe. Diesen hatte sie zuvor zu einem Kaufpreis von 29.571 € netto zuzüglich 5.618 € Umsatzsteuer erworben. Die Rechnung war namentlich an die Gesellschafterin adressiert. Die GmbH machte den Vorsteuerabzug geltend, was das Finanzamt ablehnte.

Das Finanzgericht hat entschieden, dass in diesem Fall der Gesellschaft nach dem Neutralitätsgrundsatz der Vorsteuerabzug aus dem Erwerb des PKW zusteht, sofern der Gründungsgesellschafter selbst nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt ist. Insofern hat umsatzsteuerlich eine personenübergreifende Zurechnung in der Unternehmensgründungsphase zu erfolgen. Das gilt selbst dann, wenn die Rechnung an den Gründungsgesellschafter adressiert ist.

Hinweis: Das Finanzgericht hat die Revision zugelassen (Az. des BFH: XI R 13/25). Es bleibt abzuwarten, wie der BFH diesem Sachverhalt beurteilen wird. In vergleichbaren Fällen sollte Einspruch eingelegt und eine Aussetzung des Verfahrens bis zur Entscheidung des BFH beantragt werden.

Quelle:Finanzgerichte | Urteil | FG Niedersachsen, 5 K 111/24 | 02-04-2025

PKW: Entnahme aus dem Betriebsvermögen

Wird ein Firmenwagen aus dem Betriebsvermögen privat entnommen, ist zunächst danach zu unterscheiden, ob durch die Entnahme insgesamt ein Buchgewinn oder ein Buchverlust entsteht. Das hängt davon ab, ob der Buchwert höher oder niedriger ist als der Teilwert, der bei der Entnhme angesetzt werden muss. 

Praxis-Beispiel:
Im Betriebsvermögen eines Unternehmers befindet sich ein Pkw mit einem Buchwert von 1 €, den er vor einigen Jahren von einer Privatperson ohne Vorsteuerabzug gekauft hat. Der Unternehmer beabsichtigt, einen neuen Firmenwagen zu erwerben und den alten Pkw zu verkaufen. Eine Privatperson hat dem Unternehmer angeboten, den alten Pkw für 3.000 € zu kaufen. Beim Verkauf des alten Firmenwagens fällt Umsatzsteuer an. Das lässt sich aber vermeiden, wenn der Unternehmer das Fahrzeug vor dem Verkauf zum Teilwert aus dem Betriebsvermögen entnimmt. D.h., der Unternehmer entnimmt den Pkw ohne Umsatzsteuer aus seinem Betriebsvermögen und verkauft ihn anschließend privat außerhalb seines Unternehmens.

Der Unternehmer entnimmt also den Firmen-Pkw aus dem Betriebsvermögen in sein Privatvermögen. Der Buchwert eines Wirtschaftsguts, das aus dem Anlagevermögen ausscheidet, ist als Aufwand zu buchen (hier also mit 1 €). Die Entnahme muss mit dem Teilwert als Einnahme erfasst werden. Der Pkw hat im Zeitpunkt der Entnahme einen Wert von 3.000 €. Da der Unternehmer bei der Anschaffung keine Vorsteuer abziehen konnte, unterliegt die Entnahme nicht der Umsatzsteuer.

Unterschied zwischen Verkauf und Entnahme mit anschließendem Verkauf
Die Entnahme eines Pkws unterliegt nicht der Umsatzsteuer, wenn für den Pkw, der dem umsatzsteuerlichen Unternehmen zugeordnet ist, keine Vorsteuer geltend gemacht wurde, weil

  • der Pkw von einer Privatperson erworben wurde oder
  • von einem Kleinunternehmer erworben wurde oder
  • das Fahrzeug aus dem Privatvermögen eingelegt wurde.

Der Verkauf eines Firmen-Pkws, der ohne Vorsteuerabzug erworben wurde, muss jedoch der Umsatzsteuer unterworfen werden. Dieses unerwünschte Ergebnis lässt sich vermeiden, indem der Firmen-Pkw zunächst umsatzsteuerfrei entnommen wird, um ihn anschließend privat außerhalb des Umsatzsteuersystems zu verkaufen. Nach dem Urteil des Bundesfinanzhofs kann die Veräußerung unmittelbar nach der Entnahme erfolgen. Für die private Veräußerung fällt dann keine Umsatzsteuer an.

Dokumentation ist empfehlenswert: Zu der Frage, wie groß die Zeitspanne zwischen Entnahme und Verkauf sein muss, gibt es keine Rechtsprechung. Bei der vorhergehenden Privatentnahme muss deutlich gemacht und auch deutlich zum Ausdruck gebracht werden, dass der Verkauf privat erfolgt. Das bedeutet, dass

  • kein Firmenpapier (Briefbögen mit Firmenbriefkopf) verwenden werden darf,
  • im Kaufvertrag ausdrücklich darauf hingewiesen wird, dass es sich um einen privaten Verkauf handelt,
  • im Falle einer Überweisung ein privates Bankkonto und nicht das Firmenkonto angegeben wird.

Der Vermerk "steuerfreier Umsatz (Pkw wurde gebraucht von einer Privatperson gekauft)" kann bereits ausreichend sein, um von einer Entnahme mit anschließendem Privatverkauf ausgehen zu können. Zweckmäßig ist es jedoch, über die Entnahme einen schriftlichen Vermerk zu erstellen und die Entnahme zeitnah zu buchen. So sollte z. B. bei einer Entnahme im Januar die Entnahme zusammen mit den anderen Geschäftsvorfällen des Monats Januar gebucht werden.

Praxis-Tipp:
Der Firmen-Pkw kann ohne Umsatzsteuer entnommen und anschließend außerhalb des Mehrwertsteuersystems verkauft werden. Es muss zwischen Entnahme und Veräußerung kein größerer Zeitabstand liegen. Aus dem Urteil des BFH lässt sich ableiten, dass kein Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten anzunehmen ist, wenn Entnahme und privater Verkauf des Pkw am selben Tag erfolgen.

Quelle:EuGH | Urteil | EuGH-Urteil vom 8.3.2001, C-415/98, BFH-Urteil vom 31.1.2002, V R 61/96 | 07-03-2001