Mitunternehmerschaft von Zahnärzten

Ein Mitunternehmer, der als Zahnarzt zugelassen ist, übt bei einem Zusammenschluss von Berufsträgern seinen freien Beruf selbst aus, wenn er vor allem und weit überwiegend organisatorische und administrative Leistungen für den Praxisbetrieb der Mitunternehmerschaft erbringt, aber dennoch zumindest noch geringfügige zahnärztliche Tätigkeiten ausübt.

Praxis-Beispiel:
Eine Partnerschaftsgesellschaft betreibt eine Zahnarztpraxis. Einem ihrer Seniorpartner oblag die kaufmännische Führung und die Organisation der ärztlichen Tätigkeit des Praxisbetriebs (z.B. Vertretung gegenüber Behörden und Kammern, Personalangelegenheiten, Instandhaltung der zahnärztlichen Gerätschaften). Er war weder "am Stuhl" behandelnd tätig noch in die praktische zahnärztliche Arbeit der Mitsozien und der angestellten Zahnärzte eingebunden, sondern beriet im Streitjahr fünf Patienten konsiliarisch und generierte hieraus einen geringfügigen Umsatz. Finanzamt und Finanzgericht stuften die Einkünfte der gesamten Gesellschaft als gewerblich ein.

Dem folgte der BFH nicht. Alle Mitunternehmer erzielten Einkünfte aus freiberuflicher Tätigkeit. Die freiberufliche Tätigkeit ist durch die unmittelbare, persönliche und individuelle Arbeitsleistung des Berufsträgers geprägt. Daher reicht die bloße Zugehörigkeit eines Gesellschafters zu einem freiberuflichen Katalogberuf nicht aus. Vielmehr muss positiv festgestellt werden können, dass jeder Gesellschafter die Hauptmerkmale des freien Berufs, nämlich die persönliche Berufsqualifikation und das untrennbar damit verbundene aktive Entfalten dieser Qualifikation auf dem Markt, in seiner Person verwirklicht hat. 

Die persönliche Ausübung der freiberuflichen Tätigkeit im vorgenannten Sinne setzt allerdings nicht voraus, dass jeder Gesellschafter in allen Unternehmensbereichen leitend und eigenverantwortlich tätig ist und an jedem Auftrag mitarbeitet. Die eigene freiberufliche Betätigung eines Mitunternehmers kann auch in Form der Mit- und Zusammenarbeit stattfinden. Einen Mindestumfang für die nach außen gerichtete qualifizierte Tätigkeit sieht das Gesetz nicht vor. Eine freiberufliche zahnärztliche Tätigkeit liegt daher auch vor. Der Berufsträger entfaltet hier Tätigkeiten, die zum Berufsbild des Zahnarztes gehören, denn die kaufmännische Führung und Organisation der Personengesellschaft ist die Grundlage für die Ausübung der am Markt erbrachten berufstypischen zahnärztlichen Leistungen und damit auch Ausdruck seiner freiberuflichen Mit- und Zusammenarbeit sowie seiner persönlichen Teilnahme an der praktischen Arbeit.

Quelle:BFH | Urteil | VIII R 4/22 | 03-02-2025

Abgrenzung zwischen Anlage- und Umlaufvermögen

Die Zuordnung zum Anlage- oder Umlaufvermögen orientiert sich maßgeblich an der Zweckbestimmung des Wirtschaftsguts im Betrieb. Sie hängt einerseits subjektiv vom Willen des Steuerpflichtigen ab und muss sich andererseits an objektiven Merkmalen nachvollziehen lassen, zum Beispiel der Art des Wirtschaftsguts sowie der Art und Dauer der betrieblichen Verwendung.

Zum Anlagevermögen gehören alle Wirtschaftsgüter, die dazu bestimmt sind, dem Betrieb dauerhaft zu dienen, zum Beispiel auch im Wege einer nicht allein zur Absatzförderung dienenden Vermietung. Die Absicht, ein Wirtschaftsgut vor Ablauf seiner technischen Nutzungsdauer zu veräußern, führt nicht zwingend zu Umlaufvermögen.

Im entschiedenen Fall hatte das Finanzgericht Düsseldorf Container dem Umlaufvermögen zugeordnet, obwohl diese zunächst vom Unternehmen vermietet und erst nach 5 Jahren veräußert werden sollten. Der BFH sieht dies anders. Laut BFH gehören die Container der Klägerin nicht zum Umlaufvermögen. Der Bundesfinanzhof hat das Urteil des Finanzgerichts aufgehoben und die Sache zur weiteren Behandlung zurückverwiesen, wobei die Frage, ob das zivilrechtliche und wirtschaftliche Eigentum an den Containern tatsächlich übergegangen ist, näher untersucht werden muss.

Quelle:BFH | Urteil | III R 35/22 | 20-03-2025

Häusliches Arbeitszimmer: Zuordnung zum Betriebsvermögen

Bei einer Tätigkeit, die zuhause ausgeübt wird, gibt es zwei grundlegend verschiedene Kategorien:

  1. Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer, die uneingeschränkt als Betriebsausgaben abgezogen werden können, wenn das Arbeitszimmer der Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung ist. Anstelle der tatsächlichen Aufwendungen kann ein pauschaler Betrag von 1.260 € (Jahrespauschale) geltend gemacht werden.
  2. Ist das häusliche Arbeitszimmer nicht der Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung oder ist kein häusliches Arbeitszimmer vorhanden, kann eine Homeoffice-Pauschale von 6 € für jeden Kalendertag (höchstens 1.260 € im Jahr) abgezogen werden, wenn
    • die Tätigkeit überwiegend in der häuslichen Wohnung ausgeübt wird und keine außerhalb der häuslichen Wohnung liegende erste Tätigkeitsstätte aufgesucht wird (1. Variante), oder
    • dem Steuerpflichtigen für die betriebliche oder berufliche Tätigkeit dauerhaft kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht, sodass er seine betriebliche oder berufliche Tätigkeit in der häuslichen Wohnung ausübt (2. Variante).

Zuordnung zum Betriebsvermögen: Ein betrieblich genutzter Gebäudeteil, wie z. B. ein häusliches Arbeitszimmer, das Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung ist und sich im Eigentum eines Unternehmers/Freiberuflers befindet, kann ein eigenständiges Wirtschaftsgut sein, das zum Betriebsvermögen gehört. Gibt ein Unternehmer bzw. Freiberufler seine Tätigkeit auf, scheidet das Arbeitszimmer aus dem Betriebsvermögen aus. Die Entnahme erfolgt zum Marktwert. Vergleichswert ist immer der Buchwert, sodass nicht nur Wertsteigerungen zu stillen Reserven führen, sondern auch die Abschreibungen, die der Unternehmer bzw. Freiberufler Jahr für Jahr in Anspruch genommen hat. Bei einer Entnahme werden somit die Abschreibungen de facto wieder rückgängig gemacht. Eine Gewinnkorrektur im Hinblick auf einen evtl. nicht abzugsfähigen Teil der Abschreibung kommt nicht in Betracht (BFH-Urteil vom 16.6.2020, VIII R 15/17).

Praxis-Beispiel:
Der Steuerpflichtige gab zum 31.12.2021 seine selbständige nebenberufliche Tätigkeit als beratender Ingenieur auf. Zum notwendigen Betriebsvermögen des Steuerpflichtigen gehörte bis zu diesem Zeitpunkt ein häusliches Arbeitszimmer. Da das Arbeitszimmer nicht den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Tätigkeit des Steuerpflichtigen gebildet hatte, konnte er jährlich lediglich 1.250 € der Aufwendungen für das Arbeitszimmer einschließlich der Abschreibung als Betriebsausgaben abziehen. Während der Steuerpflichtige in seiner Einkommensteuererklärung einen Aufgabeverlust ermittelte, setzte das Finanzamt einen Veräußerungsgewinn an. Der Steuerpflichtige wandte sich gegen die buchwertmindernde Berücksichtigung der Abschreibung des Arbeitszimmers, weil diese sich beim Betriebsausgabenabzug nicht ausgewirkt habe. Dass der Betriebsausgabenabzug des Steuerpflichtigen während der Ausübung der freiberuflichen Tätigkeit hinsichtlich des häuslichen Arbeitszimmers der Höhe nach beschränkt gewesen ist, führt nicht dazu, dass die nicht abziehbare Abschreibung bei der Berechnung des Aufgabegewinns mindernd zu berücksichtigen ist. 

Fazit: Es ist regelmäßig vorteilhafter, wenn das häusliche Arbeitszimmer nicht als Betriebsvermögen behandelt werden muss. Das häusliche Arbeitszimmer gehört in folgenden Fällen nicht zum Betriebsvermögen:

  • Der Ehegatte eines Unternehmers/Freiberuflers ist Eigentümer des bebauten Grundstücks (die Ehegatten können dann über das Arbeitszimmer einen Mietvertrag abschließen).
  • Sind beide Ehegatten Eigentümer, gehört nur der Anteil des Unternehmer-Ehegatten zum Betriebsvermögen, nicht aber der Eigentumsanteil, der dem anderen Ehegatten gehört.
  • Beträgt der anteilige Gebäude- und Grundstückswert nicht mehr als 1/5 des gemeinen Werts (Marktwerts) und nicht mehr als 20.500 €, kann der Unternehmer eine Zuordnung zum Betriebsvermögen unterlassen (Bagatellgrenzen gemäß § 8 EStDV).
  • Wenn keine ausreichende Trennung des Arbeitszimmers von den übrigen Wohnräumen bestand bzw. besteht, liegt kein häusliches Arbeitszimmer vor, sodass eine Zuordnung zum Betriebsvermögen unterbleiben muss. 

Tipp: Auch wenn kein steuerlich anzuerkennendes häusliches Arbeitszimmer vorliegt, kann eine Homeoffice-Pauschale von 6 € für jeden Kalendertag (höchstens 1.260 € im Jahr) abgezogen werden. Insbesondere bei stark steigenden Immobilienpreisen, empfiehlt es sich, eine Zuordnung zum Betriebsvermögen zu vermeiden.

Quelle:EStG | Gesetzliche Regelung | § 4 Abs 5 Nr. 6 | 13-03-2025

Änderung der Gewinnermittlungsart

Ein Steuerpflichtiger, der seinen Gewinn durch Betriebsvermögensvergleich ermittelt hat, ist zumindest für diesen Gewinnermittlungszeitraum an seine Wahl gebunden. Das gilt auch, wenn eine Außenprüfung stattfand, die zu einer Änderung des Steuerbescheids führte. Der Steuerpflichtige kann nicht zur Einnahmen-Überschuss-Rechnung zurückkehren, es sei denn, es wird eine Änderung der wirtschaftlichen Verhältnisse und ein vernünftiger wirtschaftlicher Grund für den Wechsel nachgewiesen.

Praxis-Beispiel:
Der Steuerpflichtige hatte seine Wahl zwischen Einnahmen-Überschuss-Rechnung und Bilanzierung getroffen, indem er eine Eröffnungsbilanz aufstellte, seine Buchführung einrichtete und einen Jahresabschluss erstellt hat. In 2019 fand eine Außenprüfung statt. Infolgedessen änderte das Finanzamt den Bescheid über die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen und stellte einen Gewinn in Höhe von 33.472,70 € fest. Den Gewerbesteuermessbescheid änderte das FA nach § 35b Abs. 1 Satz 1 des Gewerbesteuergesetzes und setzte einen Gewerbesteuermessbetrag in Höhe von 311 € fest. Der Kläger legte dagegen Einspruch ein und reichte zur Begründung eine geänderte Gewinnermittlung in Form einer Einnahmen-Überschuss-Rechnung nebst Übergangsgewinnermittlung vor. Hieraus ergab sich ein Gewinn aus Gewerbebetrieb von 21.809,24 €. Das Finanzgericht hatte die Änderung der Gewinnermittlungsart zugelassen, sodass die zusätzliche Steuerbelastung kompensiert werden konnte.

Das Finanzamt war mit dieser Entscheidung nicht einverstanden und hat Revision eingelegt. Der BFH gab der Revision des Finanzamts statt. Der Steuerpflichtige hatte seine Wahl für die Bilanzierung getroffen, indem er eine Eröffnungsbilanz aufstellte, eine Buchführung einrichtete und einen Jahresabschluss erstellte. Diese Wahl ist bindend und kann nicht auf der Grundlage von § 177 Abs. 1 AO geändert werden, da diese Vorschrift keine eigenständige Rechtfertigung für eine solche Änderung bietet. Außerdem gibt es keine verfassungsrechtlichen Gründe, die eine Änderung der Gewinnermittlungsmethode rechtfertigen würden. Das Gleichheitsprinzip und das Rechtsstaatsprinzip werden nicht verletzt, indem der Steuerpflichtige an seine ursprüngliche Wahl gebunden bleibt.

Quelle:BFH | Urteil | X R 1/23 | 13-02-2025

Erste Betriebsstätte oder erste Tätigkeitsstätte?

Das Finanzgericht hat sich mit der Frage befasst, ob und inwieweit der Begriff der "ersten Tätigkeitsstätte" und die damit im Zusammenhang stehenden Regelungen (§ 9 Abs. 4 Satz 2 ff. EStG) für die Auslegung des Begriffs der ersten Betriebsstätte in § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6 EStG gelten. 

Praxis-Beispiel:
Der Steuerpflichtige war als selbständiger IT-Berater tätig. Er war über längere Zeit bei einem Kunden tätig. Seinen Arbeitsplatz beim Kunden betrachtete er nicht als seine Betriebsstätte. Das Finanzamt hingegen nahm an, dass er dort eine weitere Betriebsstätte begründet hat. Dadurch wurden seine Reisekosten und Verpflegungsmehraufwendungen nur teilweise abziehbar, weil das Finanzamt die Entfernungspauschale und die Regeln für eine doppelte Haushaltsführung angewendet hat.

Das Finanzgericht entschied, dass die Definition der "Betriebsstätte" nicht durch die Regelungen zur "ersten Tätigkeitsstätte" beeinflusst wird. Die Begriffe "erste Tätigkeitsstätte" und "erste Betriebsstätte" seien unterschiedlich auszulegen. Im Kern geht es um die Frage, ob die Definition der "ersten Tätigkeitsstätte" auch auf die Auslegung des Begriffs "Betriebsstätte" im Sinne von § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6 EStG anwendbar ist.

Das Finanzgericht wies die Argumente des Steuerpflichtigen zurück, der geltend machte, dass sein Arbeitsplatz beim Kunden nur vorübergehend war und dass sein häusliches Arbeitszimmer am Wohnort als seine Betriebsstätte betrachtet werden müsse. Das Gericht betonte, dass der Steuerpflichtige in den relevanten Jahren regelmäßig und dauerhaft am Ort seines Auftraggebers arbeitete, was ausreiche, um diesen Standort als seine Betriebsstätte anzusehen. Die Kosten für Fahrten zwischen Wohnung und Betriebsstätte sowie die Verpflegungsmehraufwendungen wurden daher auf die gesetzlich festgelegten Beträge begrenzt.

Revision wurde eingelegt (Az. des BFH: VIII R 15/24). Das bedeutet, dass der BFH nunmehr klären muss, welche Bedeutung der Begriff der "ersten Tätigkeitsstätte" und die damit in Zusammenhang stehenden Regelungen (§ 9 Abs. 4 Satz 2 ff. EStG) für die Auslegung des Begriffs der Betriebsstätte (in § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6 EStG) hat.

Fazit: In vergleichbaren Fällen, in denen das Finanzamt Reisekosten und Verpflegungsmehraufwendungen nur teilweise anerkennt, weil es die Entfernungspauschale und die Regeln für eine doppelte Haushaltsführung anwendet, sollte Einspruch eingelegt und eine Aussetzung des Einspruch-Verfahrens beantragt werden.

Quelle:Finanzgerichte | Entscheidung | FG Rheinland-Pfalz, 1 K 1219/21 | 18-06-2024

Pauschbeträge 2025 für unentgeltliche Wertabgaben 

Das Bundesfinanzministerium hat für unentgeltliche Wertabgaben 2025 (= Sachentnahmen) neue Pauschbeträge festgesetzt. Vorteil dieser pauschalen Sätze ist, dass der Unternehmer die Höhe der Sachentnahmen nicht selbst mühsam ermitteln muss. Diese Regelung dient der Vereinfachung und lässt keine Zu- und Abschläge zur Anpassung an die individuellen Verhältnisse (z. B. persönliche Ess- oder Trinkgewohnheiten, Krankheit oder Urlaub) zu.

Für Kinder bis zur Vollendung des 2. Lebensjahrs wird kein Verbrauch angesetzt. Vom vollendeten 2. Lebensjahr bis zum vollendeten 12. Lebensjahr ist die Hälfte des vollen Werts anzusetzen. 

Ohne Einzelaufzeichnungen ist der Unternehmer ebenso an diese Werte gebunden wie das Finanzamt. Bei den Werten in der nachstehenden Tabelle handelt es sich um Jahreswerte (Nettobeträge ohne Umsatzsteuer). Die Umsatzsteuer wird jeweils mit 19% bzw. 7% dazugerechnet. Die Pauschbeträge 2025 für unentgeltliche Wertabgaben gibt es nur für die in der Tabelle genannten und für artverwandte Branchen.

  ermäßigter Steuersatz voller
Steuersatz 
 insgesamt
Bäckerei  1.633 € 209 € 1.842 €
Fleischerei 1.453 € 555 € 2.008 €
Gast- und Speisewirtschaft
a. mit Abgabe von kalten Speisen
b. mit Abgabe von kalten und warmen Speisen

1.423 €
2.292 €

1.034 €
1.753 €

2.457 €
4.045 €

Getränkeeinzelhandel 120 € 270 € 390 €
Café und Konditorei 1.573 € 585 € 2.158 €
Milch, Milcherzeugnisse, Fettwaren und Eier (Einzelhandel)  704 € 0 € 704 €
Nahrungs- und Genussmittel, Einzelhandel 1.363 € 360 € 1.723 €
Obst, Gemüse, Südfrüchte und Kartoffeln (Einzelhandel) 375 € 165 € 540 €
Quelle:BMF-Schreiben | Veröffentlichung | IV D 3 – S 1547/00006/006/024 DOK COO.7005.100.2.11112106 | 20-01-2025

Aufzeichnungspflicht: Entnahme von Non-Food-Artikeln

Der BFH hatte mit Urteil vom 16.9.2024 (Az. III R 28/22) entschieden, dass das Finanzamt nicht berechtigt war, Schätzungen für die Entnahme von Non-Food-Artikeln durch einen Supermarktinhaber vorzunehmen. Der Supermarktinhaber hatte die von der Finanzverwaltung festgelegten Pauschalbeträge für Entnahmen, die vom BMF offiziell veröffentlicht wurden, zugrunde gelegt. Diese Pauschalbeträge sollten die administrativen Lasten verringern, weshalb der Steuerpflichtige keine detaillierten Aufzeichnungen über die Entnahmen geführt hat. Der Steuerpflichtige habe daher zu Recht die vom BMF angebotene administrative Erleichterung in Anspruch genommen. Die bisherige BMF-Regelung umfasst auch die Entnahme von Non-Food-Artikeln, solange diese Artikel zum üblichen Sortiment der betreffenden Branche gehörten. Daher war das Finanzamt nicht berechtigt, zusätzliche Schätzungen für die Entnahme von Non-Food-Artikeln vorzunehmen.

Das ändert sich nunmehr ab dem 1.1.2025 durch das BMF-Schreiben vom 21.1.2025, in dem die Pauschbeträge 2025 für unentgeltliche Wertabgaben veröffentlicht wurden. Hier wird nunmehr festgelegt, dass die „pauschalen Werte im jeweiligen Gewerbezweig das allgemein übliche Warensortiment für Nahrungsmittel und Getränke“ berücksichtigen. Unentgeltliche Wertabgaben, die weder Nahrungsmittel noch Getränke (z. B. Tabakwaren, Kleidung, Elektrogeräte, Sonderposten) sind, müssen einzeln aufgezeichnet werden.

Fazit: Inhaber von Lebensmittelgeschäften bzw. Supermärkten müssen ab 2025 unentgeltliche Wertabgaben, die weder Nahrungsmittel noch Getränke sind, einzeln aufzeichnen, wenn sie Zuschätzungen durch das Finanzamt vermeiden wollen.

Quelle:BMF-Schreiben | Veröffentlichung | IV D 3 – S 1547/00006/006/024 | 20-01-2025

Photovoltaikanlage: Abzug nachträglicher Betriebsausgaben

Das Finanzgericht Münster hat entschieden, dass die negativen Einkünfte aus dem Betrieb einer Photovoltaikanlage als Betriebsausgaben anerkannt werden müssen, trotz der seit 2022 geltenden Steuerbefreiung für solche Anlagen. 

Praxis-Beispiel:
Der Kläger hatte im Jahr 2022 Kosten für die Erstellung von Gewinnermittlungen und Umsatzsteuererklärungen für die Jahre 2016 bis 2021 sowie Umsatzsteuerzahlungen für die Jahre 2016 bis 2020 getragen. Diese Kosten wurden von der Finanzbehörde nicht als abzugsfähige Betriebsausgaben anerkannt, da die Einkünfte aus der Photovoltaikanlage ab 2022 steuerfrei sind.

Das Finanzgericht hat entschieden, dass Kosten abziehbar sind, die nicht in einem unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang mit den steuerfreien Einkünften des Jahres 2022 stehen, sondern mit den steuerpflichtigen Einkünften der Vorjahre. Daher greift das Abzugsverbot (§ 3c Abs. 1 EstG) nicht. Da die Kosten im Zusammenhang mit den Verpflichtungen stehen, die sich aus den steuerpflichtigen Einkünften der Vorjahre ergeben, ist eine periodische Bewertung erforderlich, um festzustellen, ob ein unmittelbarer wirtschaftlicher Zusammenhang besteht.

Das Finanzgericht wies auch die Auslegung der Finanzbehörde zurück, dass die zeitliche Zuordnungsregel im BMF-Schreiben vom 17.7.2023 ein generelles Abzugsverbot implizieren würde. Das Finanzgericht kam zu dem Schluss, dass die Gesetzgebung kein ausdrückliches Verbot für den Abzug solcher Kosten enthält und dass eine solche Auslegung eine gesetzgeberische Korrektur erfordert hätte. Entscheidend ist der wirtschaftliche Zusammenhang von Kosten und Einnahmen über verschiedene Zeiträume hinweg.

Hinweis: Das Finanzgericht hat die Revision zugelassen, da die Rechtssache aufgrund der Vielzahl der betroffenen Steuerpflichtigen grundsätzliche Bedeutung hat und die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung im Hinblick auf die Entscheidung des Finanzgerichts Nürnberg vom 19.09.2024 (4 K 1440/23) eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs erfordert.

Fazit: In vergleichbaren Fällen sollte Einspruch eingelegt und die Aussetzung des Einspruchsverfahrens beantragt werden.

Quelle:Finanzgerichte | Urteil | FG Münster, 7 K 105/24 E | 05-11-2024

Verdeckte Gewinnausschüttung nur bei tatsächlicher Nutzung

Allein die tatsächliche Möglichkeit des Gesellschafters einer Kapitalgesellschaft, ein betriebliches Wirtschaftsgut der Kapitalgesellschaft (hier: eine Wohnimmobilie) privat nutzen zu können (hier: zu eigenen Wohnzwecken), führt für sich genommen beim Gesellschafter noch nicht zu einer verdeckten Gewinnausschüttung. Eine verdeckte Gewinnausschüttung kann allerdings anzunehmen sein, wenn die Gesellschaft ihrem Gesellschafter ein betriebliches Wirtschaftsgut unentgeltlich oder verbilligt auch zur privaten Nutzung überlassen hat (= Zuwendung).

Praxis-Beispiel:
Die Kläger sind Eheleute, die zusammen veranlagt werden. Bis 2007 lebten sie mit ihren Kindern in Spanien. Die Immobilie bestand aus drei Teilen. Ein Teil stand im Eigentum des Klägers. Die beiden anderen Teile gehörten jeweils zwei spanischen Kapitalgesellschaften in der Rechtsform der Sociedad de responsabilidad limitada (S.L.). An diesen Gesellschaften waren die Kläger jeweils zur Hälfte beteiligt. Die Kläger zahlten an die beiden Kapitalgesellschaften jeweils eine Miete in Höhe von monatlich 1.000 €. Im Jahr 2007 verlegten die Kläger ihren Wohnsitz nach Deutschland und stellten die Mietzahlungen ein. In welchem Umfang und aus welchen Gründen die Kläger die Immobilie danach selbst nutzten, ist zwischen den Beteiligten streitig.

Die Kläger haben gelegentliche Besuche von wenigen Tagen eingeräumt (circa zwei Mal pro Quartal), die dazu gedient hätten, die seit ihrem Umzug nach Deutschland zum Verkauf stehende Immobilie für Besichtigungen vorzubereiten und den Zustand zu überwachen. Dafür haben die Kläger im Wesentlichen einen Maklervertrag aus dem Jahr 2008, zwei E-Mails des Maklerunternehmens aus 2008 und 2013 sowie drei Flugtickets über Aufenthalte vom 29.7. bis 1.8.2009, vom 8.3. bis 11.3.2010 und vom 27.5. bis 29.5.2013 vorgelegt. Im Jahr 2013 veräußerten die Kläger die Immobilie. Soweit sie im Eigentum der spanischen Kapitalgesellschaften stand, veräußerten die Kläger die Gesellschaftsanteile.

Da das Besteuerungsrecht nach dem Doppelbesteuerungsabkommen mit Spanien Deutschland zusteht, rechnete das Finanzamt in den Einkommensteuerbescheiden der Kläger eine verdeckte Gewinnausschüttung in Höhe einer marktüblichen Miete von jeweils 42.000 € (3.500 € x 12 Monate) hinzu. Auf den dagegen erhobenen Einspruch des Klägers wies das Finanzamt den Einspruch des Klägers als unbegründet zurück. Das Finanzgericht hat der Klage des Klägers teilweise stattgegeben. Das Finanzamt habe zwar zu Recht eine verdeckte Gewinnausschüttung in der veranlagten Höhe angesetzt, sie jedoch zu Unrecht dem gesonderten Tarif unterworfen.

Der BFH hat entschieden, dass die Revision des Klägers begründet ist. Sie führt zur Zurückverweisung der Sache an das Finanzgericht zur anderweitigen Verhandlung. Das Finanzgericht ist zu Unrecht davon ausgegangen, dass allein die tatsächliche Möglichkeit, die im Eigentum der spanischen Kapitalgesellschaften stehende Immobilie jederzeit auch privat nutzen zu können, für die Annahme einer verdeckten Gewinnausschüttung reicht. Auf der Grundlage der tatsächlichen Feststellungen, die das Finanzgericht bisher getroffenen hat, kann der BFH nicht abschließend beurteilen, ob eine verdeckte Gewinnausschüttung tatsächlich vorliegt und wie sie gegebenenfalls zu bewerten wäre.

Rechtsfehlerhaft ist das Finanzgericht davon ausgegangen, dass allein die Möglichkeit, die im Eigentum der spanischen Kapitalgesellschaften stehende Immobilie jederzeit privat nutzen zu können, für die Annahme einer verdeckten Gewinnausschüttung ausreicht. Diese Annahme scheidet mangels anderweitiger tatsächlicher Feststellungen aus. 

Fazit: Die Rechtsprechung des BFH knüpft an einen tatsächlichen Nutzungsvorteil an. Andernfalls müssten Kapitalgesellschaften vorsorglich Nutzungsverbote gegenüber ihren Gesellschaftern aussprechen, um eine verdeckte Gewinnausschüttung zu vermeiden. Einem Nutzungsverbot eines Gesellschafter-Geschäftsführers gegen sich selbst käme allerdings nur ein geringer Beweiswert zu.

Quelle:BFH | Urteil | VIII R 4/21 | 30-09-2024

Empfang von E-Rechnungen – unsere Lösung

Mit Wirkung ab dem 01.01.2025 wird der Begriff elektronische Rechnung (kurz: E-Rechnung) neu definiert. Während der Begriff vorher als Oberbegriff für alle Rechnungen galt, die auf elektronischen Weg versendet wurden, ist darunter zukünftig ein normierter Datensatz gemeint.

Es kommt dann nicht mehr darauf an, was auf dem Belegbild sichtbar ist, sondern auf dem teilweise unsichtbaren Datenbereich der Rechnung.

Was ändert sich für Sie konkret:

Jeder Unternehmer ist dann im ersten Schritt verpflichtet, E-Rechnungen empfangen zu können. Das ist nicht schwer. Dazu bedarf nur einer E-Mail-Adresse.

Leider existieren aber unter den zulässigen Formaten auch solche, die Sie dann trotzdem nicht lesen können (XRechnung). Hier existiert nur ein kryptischer Datensatz. Wenn Sie die Rechnung ansehen wollen, sind Sie auf Hilfsprogramme angewiesen.

Sie sind zudem verpflchtet, diese Datei aufzubewahren. Mit einem Ausdruck auf Papier ist das nicht gewährleistet. Bitte beachten Sie auch die Aufbewahrungsfristen und den Schutz vor Datenverlust.

Unsere Lösung:

Wir arbeiten bereits seit Jahren mit unterschiedlichen Softwaresystemen, die bereits heute E-Rechnungen empfangen können,  den Inhalt von E-Rechnungen sichtbar machen und eine rechtssichere Archivierung ermöglichen.

Darunter befinden sich sowohl kostenlose Varianten als auch komfortablere Lösungen, die jedoch nicht unentgeltlich genutzt werden können.

Sprechen Sie uns gerne an. Wir werden gemeinsam die für Sie passende Lösung finden.

 

Wichtig:

Sollten Sie bereits eine E-Rechnung erhalten haben, dann übermitteln Sie uns bitte diese Datei (Portal-Upload, E-Mail, etc.).
Ein Screenshot oder ein Ausruck (auch mit anschließendem Scan) gilt nicht mehr als Rechnung, da der enthaltene Datensatz verloren geht.

Quelle: | 22-11-2024