Gebäudeabschreibung über eine kürzere Nutzungsdauer

Der BFH hatte am 28.7.2021 (IX R 25/19) entschieden, dass Gebäude entgegen § 7 EStG über eine kürzere tatsächliche Nutzungsdauer abgeschrieben werden können. Dabei können sich Steuerpflichtige zur Geltendmachung der kürzeren Nutzungsdauer jeder Darlegungsmethode bedienen, die im Einzelfall als erforderlicher Nachweis geeignet erscheint, soweit daraus Rückschlüsse auf die maßgeblichen Faktoren (z. B. technischer Verschleiß, wirtschaftliche Entwertung, rechtliche Nutzungsbeschränkungen) möglich sind.

Die Finanzverwaltung hatte darauf mit einem Schreiben vom 22.2.2023 zu den Grundsätzen der Rechtsprechung Stellung bezogen und das oben erwähnte BFH-Urteil mit einem Nichtanwendungserlass belegt. In der Verwaltungsanweisung hatte das BMF u.a. ausgeführt, dass der Nachweis einer kürzeren tatsächlichen Nutzungsdauer im Sinne des § 7 Abs. 4 Satz 2 EStG durch Vorlage eines Gutachtens eines öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen für die Bewertung von bebauten und unbebauten Grundstücken oder von Personen, die von einer nach DIN EN ISO/IEC 17024 akkreditierten Stelle als Sachverständige oder Gutachter für die Wertermittlung von Grundstücken nach entsprechender Norm zertifiziert worden sind, zu erbringen ist.

Das BMF hat dieses restriktive Schreiben zur Abschreibung von Gebäuden nach der kürzeren tatsächlichen Nutzungsdauer nunmehr aufgehoben.

Fazit: Dadurch, dass die Finanzverwaltung ihr Schreiben vom 22.2.2023 aufgehoben hat, erklärt sie die Grundsätze des BFH-Urteils vom 28.7.2021 (IX R 25/19) für allgemein anwendbar. Konsequenz ist, dass man sich  jeder geeigneten Darlegungsmethode bedienen kann um eine kürzere tatsächliche Nutzungsdauer des Gebäudes nachzuweisen.

Quelle:BMF-Schreiben | Veröffentlichung | IV C 3 – S 2196/00040/006/008 | 30-11-2025

Aufteilung eines Gesamtkaufpreises

Der BFH hatte über die Aufteilung eines Gesamtkaufpreises für ein denkmalgeschütztes Gebäude in Boden- und Gebäudewerte zum Zweck der Abschreibung zu entscheiden. Es war zweifelhaft, ob das allgemeine oder das vereinfachte Ertragswertverfahren für die Wertermittlung angewendet werden sollte. Der Bundesfinanzhof folgte dem Finanzgericht und dem Gutachten eines Sachverständigen. Der BFH entschied, dass dieses Verfahren geeignet ist, die Anschaffungskosten aufzuteilen. Die Aufteilung der Anschaffungskosten von Gebäude sowie Grund und Boden ist somit korrekt angewendet worden.

Die Argumente des Klägers, dass das Gebäude eine „unendliche Nutzungsdauer“ habe und der Bodenwert somit mit 0 € angesetzt werden müsse, wurden zurückgewiesen. Der BFH bestätigte, dass selbst denkmalgeschützte Gebäude einer begrenzten wirtschaftlichen Nutzungsdauer unterliegen und der Bodenwert unabhängig zu berechnen ist. Zudem stellte der BFH fest, dass bei der Abschreibung die tatsächliche Nutzungsdauer des Gebäudes, wie von einem Sachverständigen auf 30 Jahre geschätzt, die richtige Bemessungsgrundlage darstellt. Infolgedessen wurde der anfänglich angewandte Abschreibungssatz korrigiert und auf 3,3 % statt 2,5 % festgesetzt.

Fazit: Zusammenfassend bestätigte der BFH im Wesentlichen die Auffassung des Finanzgerichts und gab den Steuerpflichtigen nur teilweise Recht, indem er einen höheren Abschreibungssatz von 3,3% anwendete.

Quelle:BFH | Urteil | IX R 26/24 | 06-10-2025

Darlehen mit nahestehenden Personen

Bei Darlehensverhältnissen zwischen nahestehenden Personen sind Besonderheiten zu beachten. Wird Kapitalvermögen auf die Kinder übertragen, führt das dazu, dass – wenn die Übertragung steuerlich anerkannt wird – die Einkünfte aus der Kapitalanlage dem Kind zuzurechnen sind.

Hat das Kind keine weiteren steuerpflichtigen Einnahmen, bleiben bei diesem im Veranlagungszeitraum 2025 Einnahmen i.H.v. 13.132 € (Grundfreibetrag 12.096 € + Sparer-Pauschbetrag 1.000 € + Sonderausgaben-Pauschbetrag 36 €) steuerfrei. Voraussetzung ist, dass die Eltern bei Einrichtung der Depotkonten zugunsten ihrer Kinder unmissverständlich zum Ausdruck bringen, dass sie ihren Kindern unwiderruflich Vermögen zuwenden wollen. Dieser Wille muss für die Bank deutlich erkennbar sein. In den Kontoeröffnungsblättern müssen die Kinder als Vertragspartner und Kontoinhaber genannt und besondere, anderslautende Gläubigerabreden dürfen nicht getroffen sein. Die Bestellung eines Ergänzungspflegers ist bei einer reinen Schenkung nicht erforderlich. Insoweit liegt kein schädliches In-Sich-Geschäft der Eltern als Schenker und Vertreter der Beschenkten (Kinder) vor. Denn die Regelung greift nicht ein, wenn das Rechtsgeschäft dem Minderjährigen lediglich Vorteile bringt. Hiervon ist bei einer Geldschenkung (oder Übertragung von Schuldverschreibungen u.Ä., Wertpapieren, die nur Gläubiger-, aber keine Gesellschaftsrechte einräumen) stets auszugehen.

Die Zurechnung des Kapitalvermögens und der Einkünfte setzt weiterhin voraus, dass die Eltern dieses – getrennt von ihrem eigenen Vermögen – fortan wie Kindesvermögen verwalten. Hieran fehlt es, wenn nach einigen Jahren ein Teil des Gelds zur gemeinsamen Lebensführung verwendet wird.

Wichtig ist auch, dass der Beschenkte mit seinem Vermögen Marktchancen ausnutzen kann. Das ist nicht der Fall, wenn ein Gesellschafter einem Angehörigen ein zinsloses Darlehen zur Verfügung stellt (Abbuchung auf dem Kapitalkonto), welches anschließend als Darlehen an die Gesellschaft fällig wird.

Zufluss der Einnahmen
Wann die Einnahme aus Kapitalvermögen zugeflossen ist, regelt § 11 EStG. Der Zufluss (i. d. R. durch tatsächliche Zahlung oder Verrechnung) ist dann anzunehmen, wenn der Empfänger die wirtschaftliche Verfügungsmacht über die Einnahme erhält. Erfolgt die Zahlung der Kapitaleinnahmen durch Gutschrift, sind diese zugeflossen, wenn sie (in den Büchern des Zahlungsverpflichteten) dem Konto des Empfängers gutgeschrieben werden. Trotz Gutschrift liegt kein Zufluss vor, wenn der Schuldner nicht liquide ist. Auch bei Gutschrift auf einem Sperrkonto liegt steuerlich ein Zufluss der Erträge vor.

Einzelfälle zum Zufluss von Kapitaleinnahmen

  • Abgezinste Wertpapiere
    Bei Einlösung/Veräußerung des Wertpapiers fließt der Kapitalertrag i.H.d. Unterschiedsbetrags zwischen Ausgabepreis und Einlösungsbetrag/Veräußerungspreis zu.
  • Banküberweisung
    Mit Gutschrift auf dem Konto des Empfängers ist regelmäßig der Zufluss anzunehmen, da der Empfänger dann über den Betrag verfügen kann.
  • Bausparguthaben
    Zinsen sind auch dann jährlich zugeflossen, wenn sie nicht ausgezahlt werden, sondern dem Bausparguthaben zugeschlagen werden. Werden Bonuszinsen aus einem Bausparvertrag nur buchmäßig auf einem Bonuskonto ausgewiesen, liegt noch kein Zufluss vor.
  • Dividendenscheine
    Dividenden fließen dem Anteilseigner bei Einlösung der Dividendenscheine zu.
  • Gewinnausschüttungen
    Grundsätzlich fließen Gewinnausschüttungen mit Gutschrift zu. Ausnahmen: Dem Alleingesellschafter ist die Ausschüttung bereits zum Zeitpunkt des Ausschüttungsbeschlusses zuzurechnen, wenn später eine Auszahlung/Gutschrift erfolgt.
    Bei beherrschenden Gesellschaftern ist ein Zufluss bereits bei Gutschrift auf einem Verrechnungskonto der Gesellschaft bzw. bei Fälligkeit und Leistungsfähigkeit der Gesellschaft anzunehmen.
  • Novation: Im Fall der Novation (= Erneuerung) wird die bisherige Schuld in ein neues Schuldverhältnis umgewandelt. Hierdurch kann ebenfalls ein Zufluss bewirkt werden.

Praxis-Beispiel (Zufluss durch Novation)
Einem stillen Gesellschafter wird der Gewinnanteil i.H.v. 5.000 € nicht ausgezahlt, sondern vereinbarungsgemäß auf seinem Vermögenseinlagekonto gutgeschrieben. Die erhöhte Einlage ist nunmehr die stille Beteiligung. Dem stillen Gesellschafter ist mit Buchung auf dem Einlagekonto durch Novation der Gewinnanteil in Höhe von 5.000 € zugeflossen.

Unterlagen zur Ermittlung der Einnahmen
Kapitaleinnahmen werden regelmäßig durch Spareinlagen, Wertpapiere oder Termingeschäfte erzielt, welche auf Konten oder in Depots bei inländischen bzw. ausländischen Banken, Kreditinstituten und Finanzunternehmen verwaltet werden. In diesen Fällen ergeben sich die Kapitaleinnahmen und die hiermit zusammenhängenden Steuern und Veräußerungskosten aus den Unterlagen der Banken.

Dies sind insbesondere

  • Steuerbescheinigungen (nur bei inländischen Instituten)
  • Zins-/Dividendengutschriften
  • Kauf-/Verkaufsabrechnungen von Wertpapieren,
  • Abrechnungen über Termingeschäfte u. Ä.,
  • Erträgnisaufstellungen und
  • ggf. Depotauszüge.

Im Zusammenhang mit der Umstellung der Investmentbesteuerung zum 1.1.2018 erhielten die Anleger weitere für die Besteuerung wichtige Unterlagen. Auch bei Geschäftsbeziehungen zu ausländischen Instituten ergeben sich die Kapitaleinnahmen – mit Ausnahme der Steuerbescheinigungen und der besonderen Bescheinigungen zur Investmentsteuerreform –  aus den o.g. Unterlagen.
 
Praxis-Tipp:
Steuerbescheinigung mit Eintragungshilfen: Die Steuerbescheinigungen inländischer Kreditinstitute enthalten in der Regel Hinweise auf die auszufüllenden Zeilen in der Anlage KAP.
Für Kapitaleinnahmen aus Quellen, welche nicht durch die Bank verwaltet werden (z. B. Zinsen aus privaten Darlehen, Gewinnausschüttungen einer GmbH, Einnahmen aus stillen Gesellschaften oder Steuererstattungszinsen), ergeben sich Art und Höhe der Einnahmen aus entsprechend anderen Unterlagen (z. B. Abrechnungen oder Steuerbescheinigungen). Steuerbescheinigungen sollten unbedingt aufbewahrt werden und auf Anforderung dem Finanzamt vorgelegt werden.

Quelle:EStG | Gesetzliche Regelung | § 32d Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a | 20-11-2025

Doppelte Haushaltsführung: Kein Abzug der Miete des anderen Ehegatten

Kosten für eine Zweitwohnung, die von einem Ehegatten angemietet und bezahlt wird, können vom anderen Ehegatten nicht als „Werbungskosten“ im Rahmen einer doppelten Haushaltsführung abgezogen werden. Der Bundesfinanzhof hat entschieden, dass nur der Ehegatte die Kosten als Werbungskosten geltend machen kann, der sie tatsächlich getragen hat und vertraglich dazu verpflichtet war. Da die Mietzahlungen von dem Ehemann geleistet wurden, der allein den Mietvertrag abgeschlossen hatte, konnte die Ehefrau diese nicht als ihre eigenen „Werbungskosten“ geltend machen.

Praxis-Beispiel:
Der Kläger hat eine Zweitwohnung gemietet und die Kosten dieser Zweitwohnung getragen, die als Werbungskosten für den anderen Ehegatten im Rahmen einer doppelten Haushaltsführung abziehbar wären. Das Finanzamt und hat die Berücksichtigung als Werbungskosten abgelehnt. Das Finanzgericht ließ den Werbungskostenabzug zu. Hiergegen legte das Finanzamt Revision beim BFH ein.

Der Bundesfinanzhof (BFH) entschied, dass solche Kosten nur von der Person als Werbungskosten geltend gemacht werden können, die sie tatsächlich getragen und sich vertraglich dazu verpflichtet hat. Da die Mietzahlungen aber vom Ehemann geleistet wurden, der allein den Mietvertrag abgeschlossen hatte, konnte die Ehefrau diese nicht als ihre eigenen „Werbungskosten“ geltend machen.

Damit hat er das Prinzip bestätigt, dass nur persönliche Aufwendungen abziehbar sind. Auch innerhalb einer Ehe können Ehegatten ihre Kosten nicht gegenseitig geltend machen, es sei denn, es liegt eine spezifische Konstruktion wie ein verkürzter Zahlungs- oder Vertragsweg vor, was in diesem Fall aber nicht zutraf. Die Tatsache, dass die Ehegatten zusammen veranlagt wurden, änderte nichts an der Notwendigkeit, die Kosten getrennt zu betrachten.

Der BFH hob daher das Urteil des Finanzgerichts auf, das eine zusätzliche Berücksichtigung der Unterkunftskosten zugelassen hatte. Lediglich die unstrittigen weiteren Kosten für die doppelte Haushaltsführung (wie Fahrtkosten) wurden anerkannt, während der Anspruch auf die Mietkosten vollständig abgelehnt wurde.

Quelle:BFH | Urteil | VI R 16/23 | 08-09-2025

Überlassung an die Eltern: Keine Nutzung zu eigenen Wohnzwecken

Der Gewinn aus dem Verkauf einer Immobilie ist steuerpflichtig, wenn er innerhalb von 10 Jahren nach dem Erwerb erfolgt. Bei selbstgenutztem Wohneigentum ist der Veräußerungsgewinn allerdings steuerfrei, wenn die Immobilie

  • im Zeitraum zwischen Anschaffung oder Fertigstellung und Veräußerung ausschließlich zu eigenen Wohnzwecken oder
  • im Jahr der Veräußerung und in den beiden vorangegangenen Jahren zu eigenen Wohnzwecken genutzt wurde (§ 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 3 EStG). 

Der BFH hat mehrfach entschieden, dass die Überlassung einer Wohnung an die Eltern nicht als Nutzung zu eigenen Wohnzwecken des Gebäudeeigentümers (Steuerpflichtigen) anzusehen ist. Das bedeutet, dass die Überlassung einer Wohnung oder eines Hauses an die Eltern nicht als Nutzung für eigene Wohnzwecke angesehen werden kann, sodass der Gewinn aus dem Verkauf einer Immobilie steuerpflichtig ist, wenn er innerhalb von 10 Jahren nach dem Erwerb erfolgt.

Quelle:BFH | Beschluss | IX B 71/25 | 22-10-2025

Kindergeldanspruch: Elternteil lebt im Ausland

Ein Elternteil, der mit seinem Kind in Deutschland lebt und keine ausländischen Familienleistungen erhält hat Anspruch auf das volle deutsche Kindergeld hat, einschließlich eines Kinderbonus in Höhe von 150 €.

Praxis-Beispiel:
Die Klägerin hat in ihrem Antrag auf Kindergeld angegeben, dass der Kindsvater Soldat in der britischen Armee sei, und keinerlei britische Leistungen für das Kind bezogen habe. Hierzu legte die Klägerin ein Schreiben der britischen Kindergeldstelle (= Child Benefit Office) vom 21.07.2015 vor, nach dem dort kein Kindergeldantrag („claim“) in ihrem Namen vorlag. Die Klägerin hat in ihrem Antrag auf Kindergeld den vollen Betrag des deutschen Kindergeldes beantragt, was die Kindergeldkasse ablehnte.

Das Finanzgericht Köln hat entschieden, dass die Klägerin, die mit ihrer Tochter in Deutschland lebt und keine ausländischen Familienleistungen erhält, Anspruch auf das volle deutsche Kindergeld hat, einschließlich eines Kinderbonus in Höhe von 150 €. Die Argumentation des Finanzgerichts basiert auf der europäischen Gesetzgebung, die besagt, dass ein Mitgliedstaat (in diesem Fall Deutschland) verpflichtet ist, die nach seinen Rechtsvorschriften vorgesehenen Leistungen zu zahlen, wenn die zuständige Behörde eines anderen Mitgliedstaates (in diesem Fall Großbritannien) nicht rechtzeitig erklärt, dass ein Anspruch auf ausländische Familienleistungen besteht. Da Großbritannien keine klare Erklärung über das Bestehen eines Leistungsanspruchs nach britischem Recht abgegeben hat, entschied das Gericht, dass die Berechnung nur eines Differenzbetrags rechtswidrig ist.

Das Finanzgericht wies außerdem darauf hin, dass der Koordinierungsmechanismus zwischen den Staaten, wie in der europäischen Gesetzgebung vorgeschrieben, in diesem Fall nicht effektiv funktioniert habe. Trotz mehrfachen Ersuchens der deutschen Behörde gab es von der britischen Seite keine konkrete Stellungnahme zu einem möglichen Anspruch des Vaters auf britische Familienleistungen. Dieses Versäumnis darf nicht zum Nachteil der Klägerin ausgelegt werden. Daher war die deutsche Familienkasse in diesem Fall verpflichtet, das volle Kindergeld zu zahlen und etwaige Differenzbeträge später von Großbritannien zurückzufordern, falls dort ein Anspruch auf Familienleistungen festgestellt werden sollte. 

Der Fall wird zur weiteren Prüfung vor den Bundesfinanzhof gebracht, um eine einheitliche Rechtsprechung zu gewährleisten. Zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung wurde die Revision zugelassen (Az. des BFH III R 28/25).

Quelle:Finanzgerichte | Urteil | 14 K 950/22 | 22-05-2025

Vervielfältiger ab 1.1.2026: lebenslängliche Nutzung

Das BMF hat gemäß § 14 Absatz 1 Satz 4 BewG die Vervielfältiger zur Berechnung des Kapitalwerts lebenslänglicher Nutzungen oder Leistungen für Bewertungsstichtage ab 1. Januar 2026 bekanntgegeben. Diese wurden nach der Sterbetafel 2022/2024 des Statistischen Bundesamtes unter Berücksichtigung von Zwischenzinsen und Zinseszinsen mit 5,5% errechnet. Der Vervielfältiger der Tabelle ist der Mittelwert zwischen dem Vervielfältiger für jährlich vorschüssige und jährlich nachschüssige Zahlungsweise.

Anwendung: Diese Vervielfältiger zur Berechnung des Kapitalwerts sind für Bewertungsstichtage ab dem 1.1.2026 anzuwenden. Die vollständige Tabelle ist auf der Webseite des BMF einzusehen: Vervielfältiger für Bewertungsstichtage ab 1. Januar 2026

Quelle:BMF-Schreiben | Veröffentlichung | IV D 4 – S 3104/00002/013/003 | 20-10-2025

Freiwillige Pflegezusatzversicherung: Keine Sonderausgaben

Nach der Rechtslage ab 2010 sind Beiträge zur Basis-Krankenversicherung, die zur Erlangung eines sozialhilfegleichen Versorgungsniveaus erforderlich ist, und zur gesetzlichen Pflegeversicherung in voller Höhe als Sonderausgaben abziehbar.

Aufwendungen für einen darüberhinausgehenden Kranken- oder Pflegeversicherungsschutz und sonstige Vorsorgeaufwendungen mit Ausnahme von Altersvorsorgebeiträgen (also z. B. Arbeitslosen-, Unfall-, Erwerbsunfähigkeits-, Haftpflicht- und Risikoversicherungen) sind nur im Rahmen eines gemeinsamen Höchstbetrags steuerlich berücksichtigungsfähig, der allerdings regelmäßig bereits durch die Beiträge zur Basisabsicherung ausgeschöpft wird.

Praxis-Beispiel:
Die Kläger hatten jeweils eine freiwillige private Pflegezusatzversicherung abgeschlossen, mit der sie die finanziellen Lücken der gesetzlichen Pflegeversicherung schließen wollten, die sich im Falle dauernder Pflegebedürftigkeit vor allem bei höheren Pflegegraden ergäben. Die Beiträge blieben im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung aufgrund der anderweitigen Ausschöpfung des Höchstbetrags ohne steuerliche Auswirkung. Hiergegen wandten sich die Kläger und machten geltend: So, wie der Sozialhilfeträger die Heimpflegekosten des Sozialhilfeempfängers übernehme, müssten auch die Beiträge für ihre Zusatzversicherungen, die lediglich das sozialhilfegleiche Versorgungsniveau im Bereich der Pflege gewährleisteten, zur Wahrung der Steuerfreiheit des Existenzminimums einkommensteuerrechtlich berücksichtigt werden.

Der BFH hat die gesetzliche Beschränkung des Sonderausgabenabzugs für verfassungsgemäß erachtet und von einer Vorlage an das Bundesverfassungsgericht abgesehen. Der BFH begründet dies unter anderem damit, dass der Gesetzgeber die gesetzlichen Pflegeversicherungen bewusst und in verfassungsrechtlich zulässiger Weise lediglich als Teilabsicherung des Risikos der Pflegebedürftigkeit ausgestaltet hat. Kosten, die nicht durch die gesetzliche Pflegeversicherung abgedeckt sind, sind daher in erster Linie durch Eigenanteile der pflegebedürftigen Personen aus ihren Einkommen oder ihrem Vermögen aufzubringen.

Konsequenz ist, dass für den Gesetzgeber keine verfassungsrechtliche Pflicht besteht, Leistungen steuerlich zu fördern und insoweit mitzufinanzieren, als sie über das Teilleistungssystem hinausgehen. Das Prinzip der Steuerfreiheit des Existenzminimums erfordert lediglich, dass der Staat die Beiträge für Pflegeversicherungen steuerlich freistellen muss, die der Gesetzgeber als verpflichtende Vorsorge ansieht und die nicht über das sozialhilferechtliche Niveau hinausgehen. Freiwillige private Pflegezusatzversicherungen erfüllen diese Voraussetzung nicht.

Quelle:BFH | Urteil | X R 10/20 | 23-07-2025

Kein Abzug von Aufwendungen für Ozempic bei Adipositas

Die Aufwendungen des Klägers für Ozempic zur Behandlung von Adipositas können nicht als außergewöhnliche Belastungen berücksichtigt werden. Ozempic ist in Deutschland nicht zur Behandlung von Adipositas zugelassen, sondern nur für Typ-2-Diabetes. Bei Verwendung zur Behandlung von Adipositas liegt somit ein sogenannter Off-Label-Use des Medikaments vor. 

Praxis-Beispiel:
Das Finanzgericht hat die Klage abgewiesen, in der der Kläger die Anerkennung der Ausgaben für Ozempic als außergewöhnliche Belastungen geltend machen wollte. Der Kläger, dem das Medikament zur Behandlung von Adipositas und Bluthochdruck verschrieben wurde, konnte diese Ausgaben nicht absetzen, da das Medikament in Deutschland nicht zur Behandlung von Adipositas zugelassen ist. Diese Anwendung gegen Adipositas wird als "Off-Label-Use" eingestuft, für den zusätzliche Nachweise, wie ein amtsärztliches Gutachten, erforderlich sind, um die medizinische Notwendigkeit zu belegen. Solche Nachweise lagen nicht vor.

Ozempic gilt nicht als wissenschaftlich anerkanntes Medikament zur Behandlung von Adipositas. Insofern handelt es sich um Ausgaben für ein sogenanntes „Lifestyle-Medikament“, die die Nahrungsaufnahme und den Stoffwechsel direkt beeinflussen. Lifestyle-Medikamente können grundsätzlich nicht als außergewöhnliche Belastungen geltend gemacht werden, da sie als Ausgaben des allgemeinen Lebensunterhalts gemäß § 33 Abs. 2 Satz 3 EStG betrachtet werden.

Fazit: Das Finanzgericht hat die Klage abgewiesen, da der Kläger nicht unter Typ-2-Diabetes litt, sondern ihm das Medikament zur Behandlung von Adipositas und Bluthochdruck verschrieben worden ist. Die fehlende medizinische Notwendigkeit, die nicht erfüllten Nachweisanforderungen sowie die mangelnde Anerkennung des Medikaments zur Behandlung von Adipositas führen dazu, dass die Ausgaben für Ozempic nicht als außergewöhnliche Belastungen berücksichtigt werden können.

Quelle:Finanzgerichte | Urteil | FG Sachsen-Anhalt, 1 K 776/24 | 17-06-2025

Keine Sonderabschreibung bei Abriss und Neubau eines Einfamilienhauses

Die Sonderabschreibung für Mietwohnungsneubau nach § 7b EStG ist nicht zu gewähren, wenn ein Einfamilienhaus abgerissen und durch einen Neubau ersetzt wird. Die Steuerförderung setzt vielmehr voraus, dass durch die Baumaßnahme bisher nicht vorhandene Wohnungen geschaffen werden. Dies erfordert eine Vermehrung des vorhandenen Wohnungsbestands.

Praxis-Beispiel: 
Der Klägerin gehörte ein vermietetes Einfamilienhaus. Nachdem sie sich zum Abriss des sanierungsbedürftigen, aber noch funktionsfähigen Hauses entschlossen hatte, stellte sie im Jahr 2019 einen Bauantrag für ein neues Einfamilienhaus. Im Juni 2020 ließ sie das alte Haus abreißen. Ab Juli 2020 wurde der Neubau errichtet, den die Klägerin ebenfalls vermietete. Das Finanzamt berücksichtigte die reguläre Abschreibung, lehnte jedoch die beantragte Sonderabschreibung nach § 7b EStG ab. Die Klage blieb erfolglos.

Der BFH wies die Revision zurück und bestätigte die Sichtweise des Finanzamts. Der Zweck der Sonderabschreibung nach § 7b EStG liegt darin, Anreize für die zeitnahe Schaffung zusätzlichen Wohnraums zu bieten und damit die Wohnraumknappheit zu bekämpfen. Das ergibt sich aus der Entstehungsgeschichte des Gesetzes, das Teil der sogenannten Wohnraumoffensive der damaligen Bundesregierung war. Der Abriss und anschließende Neubau einer Immobilie ohne Schaffung eines zusätzlichen Bestands an Wohnungen erfüllt dieses Ziel nicht.

Etwas anderes kann nur gelten, wenn der Neubau in keinem zeitlichen und sachlichen Zusammenhang mit dem vorherigen Abriss steht. Ein solcher Ausnahmefall lag hier nicht vor. Denn die Klägerin hatte von Anfang an geplant, das abgerissene Einfamilienhaus durch ein neues zu ersetzen, und die Bauarbeiten folgten zeitlich unmittelbar aufeinander.

Quelle:BFH | Urteil | IX R 24/24 | 11-08-2025